Die Landtagswahl Sachsen Anhalt am 6. Juni


Karikatur von Guido Kühn, www.guidos-welt.de. Wir bedanken uns für die Erlaubnis zum unentgeltlichen Abdruck.

Sachsen-Anhalt steht 30 Jahre nach der „politischen Wende“ vor einem erneuten Umbruch. Es gilt, u.a. den Strukturwandel in den Braunkohlegebieten zu gestalten.

Seit dem Anschluss hält kaum noch etwas die jüngere Generation in Sachsen-Anhalt. 1990 lebten hier fast drei Millionen Menschen . Seitdem sinkt die Bevölkerungszahl kontinuierlich – und eine Trendumkehr ist nicht zu erkennen.

Viele Regionen, in Ost und West, haben dasselbe Problem: Junge Menschen und Unternehmen wanderten ab und gleichzeitig wächst in den Regionen die Unzufriedenheit und die politische Polarisierung. Deutschland hat ein zunehmendes wirtschaftliches und soziales Süd-Nord-Gefälle.

In Sachsen-Anhalt gibt es nur wenige wirtschaftliche Leuchttürme: Leuna, das Industriegebiet Bitterfeld-Wolfen, wo unter anderem der deutsche Chemieriese Bayer das Kopfschmerzmittel Aspirin produziert. In Dessau-Roßlau werden Impfstoffe produziert – und außer der Kohle gibt es nicht mehr viel. Mit dem Anschluss wurde hier wirtschaftlich viel Porzellan zerschlagen. Traditionsbetriebe wurden von der Treuhandanstalt abgewickelt.

Der Wahlkampf war ein Inhaltsloser. Es wurde an das Heimatgefühl appelliert oder man will „Nazis stoppen“. Haseloff wird zum Bollwerk gegen die AFD verklärt.

„Reiner Haseloff steht für die demokratische Mitte“, es werde mit ihm weder in Richtung rechts gemeinsame Sache gemacht, noch nach links. Das war in den zurückliegenden Jahren aber nicht immer so: Im Sommer 2017 hatte die AfD-Fraktion eine Enquete-Kommission beantragt, um mutmaßliche Verbindungen von Parteien, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu „Linksextremisten“ zu untersuchen. SPD, Grüne und Linke lehnten den Antrag als Versuch ab, Andersdenkende auszuspähen und zu diskreditieren. Die CDU stimmte allerdings zu, angeblich um der AfD ihr Minderheitenrecht zu ermöglichen. Wenig später trachtete die AfD danach, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Auch dieser sollte Parteien, Gewerkschaften und Vereine unter die Lupe nehmen. Wieder ging es um Verbindungen zu „linksextremistischen“ Organisationen. Auch diesmal konnte sich die CDU nicht durchringen, den Antrag abzulehnen..

Landtagswahlen: CDU gewinnt in Sachsen-Anhalt

Die AfD wurde zweitstärkste Partei; Linke und SPD verlieren, die Grünen enttäuschen, die Liberalen ziehen wieder ins Parlament ein

Der Zweikampf zwischen CDU und AfD war das große Medienthema vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, manche Umfragen nährten Spekulationen über ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Tatsächlich ist damit das rechte Lager gestärkt worden. Denn was die AfD verloren hat, hat die deutlich rechtslastige CDU in Sachsen-Anhalt (siehe oben) doppelt dazu gewonnen.

Drittstärkste Partei ist die Linke, die damit die Quittung für ihre zunehmend reformistische Politik bekommt. Viertstärkste Partei ist die SPD, die sich zwar vor den Wahlen immer als „Partei der kleinen Leute“ aufplustert, dann aber – endlich wieder mit Ministerämtern beglückt, alles macht, was das Kapital diktiert. Die FDP konnte sich vor den Grünen platzieren

Über die ehrliche Wahl


„Wer nicht wählt stärkt damit die AfD und Nazis!“

Dieses Argument ist nichts weiter als eine Verantwortungsverschiebung und dabei inhaltlich falsch. Dieser propagandistische Trick, welcher zumeist von Anhängern bürgerlicher Parteien verbreitet wird, soll die eigentliche Verantwortung für die Faschisierung der Gesellschaft verschleiern. Die Argumentation schiebt die Verantwortung weg von den eigentlichen Verursachern hin zu den Menschen mit dem geringsten gesellschaftlichen Einfluss.

Nicht NichtwählerInnen stärken die AfD, sondern Menschen, die die AfD wählen und Strukturen die sie finanzieren“. D.h. z.B. der bürgerliche Staat!

Ein armer Mensch wird von einer Wahl so gut wie keine Veränderung erwarten können. Das liegt daran, dass Politiker sich dem Kapital anbiedern müssen, um unterbezahlte Arbeitsplätze zu schaffen. Deswegen ist der Nichtwähleranteil in wirtschaftlich strukturarmen Regionen zumeist sehr hoch. Denn den Menschen ist durchaus bewusst, dass die Wirtschaft die Politik bestimmt. Das lässt sich nicht erst seit der Coronakrise faktisch belegen. Bist du hingegen privilegiert und profitierst durch deine soziale Stellung in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, scheint es subjektiv Sinn zu ergeben, eine Partei zu wählen.

Es macht einen Unterschied, ob ein armer Mensch die CDU wählt oder ein vermögender. Der wohlhabendere CDU-Wähler könnte von den Entscheidungen der CDU meist auch persönlich profitieren, indem er z.B weniger Steuern und Sozialabgaben leisten muss, wenn die Ziele der Partei erreicht werden. Der arme CDU Wähler hingegen wird objektiv nicht davon profitieren können, wenn „seine“ Partei an der Macht bleibt. Seine Bedürfnisse werden von der wirtschaftsliberalen Partei nicht aufgegriffen. Das ist die Klassengesellschaft, welche es angeblich nicht mehr gibt.

Grundsätzlich festzuhalten ist, dass Rechte und Verbesserungen schon immer dem Staat und den Herrschenden abgerungen wurden und nicht durch eine Wahl entstanden sind. Alle grundsätzlichen gesellschaftlichen Errungenschaften wie das Frauenwahlrecht, Arbeiterrechte wie bspw. der 8h Tag wurden auf der Straße und in den Betrieben erkämpft. Die Parteien beugten sich lediglich dem Druck der Straße und den Betrieben, um eine weitere Eskalation sozialer Kämpfe im Keim zu ersticken. Dadurch erst entstanden elementare Rechte für Frauen, Arbeiter und von Diskriminierung betroffene Menschen. Einen Repräsentanten zu wählen welcher dann 4 – 5 Jahre in unserem Namen spricht, ohne dass wir auf das, was er tut, Einfluss nehmen können, ist kein Privileg sondern eine Schein-Demokratie. Nur der Druck des Volkes auf der Straße und die Angst, nicht wiedergewählt zu werden, veranlasst Politiker ihr Handeln, soweit möglich, an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen

Ein Fazit

Der Grund, warum bürgerliche Parteien und Faschisten immer mehr Einfluss besitzen als die lohnabhängige Klasse, sind zu aller erst fehlende Klassenkämpfe und organisierter Widerspruch gegen die herrschenden Zustände. Wo keine bzw. zu wenige Klassenkämpfe geführt werden, können auch keine Siege errungen und Systemfragen gestellt werden. Wo keine Solidarität geübt wird, kann kein Klassenbewusstsein erwachsen. Aus Angst vor dem Erstarken konservativer und faschistischer Tendenzen eine bürgerliche Partei zu wählen, bedeutet Kapitulation.

Für alle Lohnabhängigen, welche darauf angewiesen sind, dass ihre Probleme wirklich ernst genommen werden, kann es deshalb nur eine Perspektive geben: Eine Vertretung der Lohnabhängigen, der Arbeiter, der Ausgebeuteten – des Proletariats. Nur wir selbst können unsere Interessen auch ehrlich vertreten. Es gibt keinen alternativen Weg zur Organisation der Arbeiter und Unterdrückten, um eine reale Gegenmacht aufbauen zu können.

Bis diese Strukturen von uns allen aufgebaut werden, darf das repräsentative System der Unterdrückung nicht mit Zustimmung stabilisiert und legitimiert werden.


Wahlen sind ein Gradmesser der politischen Reife

Insofern zeigt das Wahlergebnis, dass auf die revolutionären Kräfte noch eine Menge Arbeit wartet. Aufgrund der Schwäche der revolutionären Kräfte suchen viele Menschen ihr Heil in der Krise bei der angeblichen „Sicherheit“ bürgerlicher Parteien oder gar bei der AfD. Nur im Klassenkampf wird sich das politische Bewusstsein der Arbeiterklasse und anderer Schichten entwickeln.