Screenshot: Katja Kipping und Bernd Riexinger stellen die bisherigen friedenspolitischen Positionen der Linken in Frage. Sie sind auf dem Weg zur „Regierungsfähigkeit“.
Im Februar legten die damaligen Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, einen Entwurf für ein Programm zur Bundestagswahl 2021 vor, der für heftige Diskussionen in der Partei sorgte. Besonders die Frage nach möglicher Regierungsbeteiligung sowie die friedenspolitischen Positionen stehen im Mittelpunkt der Kritik. Mit der Ablösung der beiden durch die neuen Vorsitzenden Janine Wissler und Susanne Henning-Wellsow dürfte der Konflikt nicht gelöst sein.
Die letzten Programme der Linkspartei haben dargestellt, was die Partei ist und was nicht. Sozialdemokratische Reformen hin zu einem stärkeren Sozialstaat, ehrlicher Antifaschismus sowie Positionen gegen den Krieg und die Aufrüstung waren klare Bestandteile der Politik der Linkspartei. Gleichzeitig hat sie keine revolutionäre, klassenbewusste Analyse vorzulegen und strebt keinen Bruch mit dem kapitalistischen System an. Die Partei wird die Widersprüche innerhalb dieses Systems mit ihren Reformen nicht lösen und ohne revolutionäre Perspektive auf lange Sicht untergehen oder in den herrschenden Staatsapparat eingezogen werden. Als jüngstes Beispiel sehen wir die Grünen, die in den letzten Jahrzehnten die erfolgreiche Entwicklung von mehr oder weniger fortschrittlicher Bewegung hin zur Verwerfung eh schon mangelhafter Grundsätze zum Zweck des Mitregierens in arbeiterfeindlichen, kriegstreibenden Regierungen durchgemacht haben. Dass die Linkspartei bisher ihre friedenspolitische Haltung größtenteils aufrecht erhalten konnte liegt auch daran, dass eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene allein auf Grundlage der Stimmwerte nicht in Frage kam. Obwohl sich diese nicht maßgeblich verändert haben, hört man in verschiedenen Medien immer wieder von der Option einer Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei. Die Rede von einer Bundesregierung ohne CDU tritt in den Vordergrund. Obwohl diese noch immer nicht wahrscheinlich ist, scheint der Programmentwurf von Kipping und Riexinger ein klares Signal zu sein – sozusagen ein zuvorkommendes Verwerfen von Grundsätzen, um Regierungsfähigkeit zu zeigen.
Klare Positionierung sieht anders aus
So ist im Programm stellenweise von einem klaren Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen, stellenweise jedoch nur von einer Ablehnung der Beteiligung an NATO-Kriegseinsätzen die Rede. Dies öffnet Tür und Tor für Einsätze unter dem Deckmantel der UN oder sogenannte „Friedensmissionen“, die unter anderem Namen die Interessen des deutschen Kapitals im Ausland durchsetzen sollen. Auch die Präsenz von US-amerikanischen Truppen wird nicht in Frage gestellt und Rüstungsexporte möchte man nur „perspektivisch“ einstellen. Diese Formulierungen scheinen wie Kleinigkeiten, sie lassen aber genug Spielraum, um im Falle einer tatsächlichen Regierungsbeteiligung bei Entscheidungen mitzuziehen, die sich mit alten Forderungen nach einem Verbot von Waffenexporten und Auslandseinsätzen nicht vereinbaren lassen würden. Schon Anfang des Jahres hatte der Linken-Abgeordnete Matthias Höhn mit Zustimmung zu Auslandseinsätzen sowie einer Kritik an der Anti-NATO-Haltung der Partei Aufsehen erregt. Aus der Mitgliedschaft kam jedoch viel Gegenwind, um diesen vorgeschlagenen Richtungswechsel schnell wieder zu verwerfen. Ähnliche Reaktionen sind auch beim Programmentwurf zu erwarten.
Alle gemeinsam gegen den Krieg!
Denn auch wenn führende Personen innerhalb der Linkspartei für die Option der Regierungsbeteiligung die friedenspolitischen Positionen zur Diskussion stellen: die Linkspartei spielt eine wichtige Rolle in der Friedensbewegung und steht als einzige Partei im Parlament für eine Anti-Kriegs-Politik. In Zeiten der immer aggressiver werdenden Stimmungsmache gegen China und Russland, der Aufrüstung sowie der Zuspitzung der Krise im internationalen Maßstab ist ganz klar: eine starke Friedensbewegung, die der Kriegstreiberei kontra gibt, ist dringend nötig. Viele Menschen durchschauen die Propaganda der Regierungen und Medien und wünschen sich Entspannung und Sicherheit. Für diese Menschen muss die Linke weiter eine Stimme in den Parlamenten sein, die klare Forderungen stellt. Denn auch bei allen Meinungsverschiedenheiten muss uns klar sein, dass der Frieden die unausweichliche Grundvoraussetzung ist, auf deren Grundlage wir unsere Kämpfe für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen überhaupt führen können. Gegen Krieg einzustehen ist eine gemeinsame Aufgabe aller fortschrittlichen Kräfte und nicht verhandelbar. Es bleibt abzusehen, welche Rolle diejenigen, die friedenspolitische Positionen der Linkspartei verhandeln wollen, in Zukunft in der Partei spielen werden. Es bleibt zu hoffen, dass wir weiterhin alle gemeinsam unsere Forderungen auf die Straße tragen können:
Gegen jegliche Auslandseinsätze der Bundeswehr!
Gegen Waffenexporte!
Gegen die imperialistische Kriegstreiberei!
Für den Frieden – überall!