Am 18. März 2016, nachdem im Sommer 2015 eine angebliche „Flüchtlingsflut“ (Aussagen von CDU- und CSU-Politikern) über die so genannte „Balkanroute“ die Kernländer Europas erreicht hatte, unterzeichnete die EU zusammen mit der Türkei des Despoten Erdogan diesen „Deal“, der die Türkei dazu verpflichten sollte, Flüchtlinge z.B. aus Syrien, wo gerade der von jenen EU-Staaten zusammen mit den USA befeuerte Krieg gegen den „Diktator“ Baschar Assad zum Entstehen dieser Flüchtlingsströme massiv beitrug, diese Fluchtbewegungen abzufangen und gar nicht erst bis an die Grenzen Europas heranzulassen. Dafür bekam die Regierung Erdogan 6 Milliarden Euro zugesagt.
Europa entzog sich damit seinen Verpflichtungen nach internationalem und europäischem Asyl- und Menschenrecht. Es ging nie ernsthaft darum, Schutzsuchenden eine Alternative zu bieten, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Auch gab es nie rechtsstaatliche Asylverfahren im Chaos und Elend der EU-Hotspots in Griechenland.
Weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission haben sich ernsthaft darum geschert, dass die Lebensbedingungen und Asylverfahren in den EU-Hotspots gegen Völkerrecht und EU-Recht verstoßen. Im Gegenteil: In den letzten fünf Jahren wurden nach massivem Druck aus Berlin und Brüssel in Griechenland ganze sechs Mal die Asylgesetze verschärft.
Den dramatischen Abbau von Menschen- und Bürgerrechten in der Türkei übergeht die EU dabei geflissentlich.
Nur vier Monate nach Inkrafttretens des Flüchtlingsdeals am 20. März 2016 setzte in der Türkei nach dem Putschversuch Mitte Juli 2016 eine massive Repressionswelle ein. Diese hält bis heute an. Das gesamte Staatssystem wurde umgekrempelt, etwa eine halbe Millionen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zahllose Oppositionelle aus der Türkei flohen nach Europa – über 35.000 von ihnen allein nach Deutschland. Darüber hinaus hat das Erdogan-Regime mit seinen völkerrechtswidrigen Angriffen in Nordsyrien und anderswo immenses Leid und neue Vertreibungen produziert.
Um den Flüchtlingsdeal mit der Türkei um jeden Preis am Leben zu halten, gewährte Brüssel und Berlin dem autoritären Präsidenten vor allem eins: freie Hand.
Ausdruck dieser Haltung ist die weitgehende Untätigkeit der EU gegenüber den Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land oder dem Krieg im türkischen Teil Kurdistans. Die Zerstörung der letzten Reste des Rechtsstaats in der Türkei hat zwangsläufig auch massive Folgen für Schutzsuchende dort. Die Türkei ist kein sicheres Drittland für Flüchtlinge und kein sicheres Herkunftsland. Als der »verlässliche Partner« Türkei im März 2020 den Deal aufkündigte, indem die Grenze nach Griechenland für »offen« erklärte wurde, verlor Erdogan zum ersten Mal das zynische wechselseitige Erpressungsmanöver – auf dem Rücken zehntausender leidtragender Flüchtlinge.
Griechenland und die EU geben eine eindeutige und brutale Antwort: Der Schutz der Grenze ist wichtiger als der Schutz der Menschenrechte. Zeitweise Aussetzung des Asylrechts in Griechenland, tödliche Schüsse an der Grenze, illegale Push-Backs – von den EU-Spitzen erhält die griechische Regierung Applaus und die politische und logistische Unterstützung für die Verletzung von Europarecht und elementaren Menschenrechten. Die griechische Küstenwache in der Ägäis führt brutale Push-Backs unter den Augen und mit Beteiligung der EU-Grenzagentur Frontex in bisher unbekannter Systematik durch. Heute gibt es auch Push-Backs von den Inseln, wie sie bisher aus der Region Evros bekannt waren. Ankommende Flüchtlinge müssen sich verstecken, weil sie befürchten müssen, gewaltsam und illegal zurückgeschafft zu werden.
Keine schmutzigen Deals mit dem Despoten Erdogan!
Keine Push-Backs an den EU-Außengrenzen!
Auflösung von Frontex!