Soli-Flugblätter für die streikenden türkischen Baldur-Kollegen!
Beim Schichtwechsel am 19. Januar 2021, mittags bei Daimler im Werk Mettingen gabs eine internationalistische Soli-Aktion!
Aktivist/innen, Gewerkschafter/innen vom Metallertreff Stuttgart und Didf verteilten hunderte Solidaritätsflyer.
Sie machten die Mettinger auf den bereits wochenlangen Streik beim türkischen Daimler-Zulieferer Baldur Süspansiyon in Kocaeli, Hersteller von Radaufhängungstechnik, aufmerksam und riefen auf zur gemeinsamen internationalen Solidarität und Unterstützung. Den Flyer hatten Kolleginnen und Kollegen von Didf und dem Metallertreff Stuttgart vorbereitet und sich auch mit Freunden im Werk abgesprochen. So wurde die Aktion ein schöner Erfolg. Auch vor Werkstoren des nahen Untertürkheimer Werks wurde das Soliflugblatt verteilt!
Hier die Solidaritätserklärung im Wortlaut:
Solidarität mit den streikenden Arbeitern bei Daimler-Zulieferer Baldur Süspansiyon in Kocaeli (Türkei)
In der türkischen Stadt Kocaeli befinden sich seit dem 25. Dezember 2020 die Arbeiter der Fabrik Baldur Süspansiyon im Arbeitskampf. Baldur Süspansiyon ist Hersteller von Blattfedern für die Radaufhängung und beliefert u.a. die Daimler-Werke in der Türkei. Der Betrieb beschäftigt aktuell 114 Arbeiter und gehört zum spanischen Unternehmen MBHA. Der gewerkschaftliche Kampf um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen bei Baldur begann bereits vor fünf Jahren. Zuständig ist die Gewerkschaft Birlesik Metal-Is, die bereits nach kurzer Zeit, in 2016, die gesetzlichen Voraussetzungen für Tarifverhandlungen erreichte. Demnach ist eine Gewerkschaft tariffähig, wenn sie mehr als die Hälfte der Beschäftigten eines Betriebs organisiert. Nach dem wichtigen Erfolg der Birlesik Metal-Is bei Baldur folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, weil sowohl der Arbeitgeber als auch die regierungstreue Gewerkschaft Türk-Is die Zuständigkeit und Tariffähigkeit nicht anerkennen wollten.
Birlesik Metal-Is ist Mitglied der Konföderation DISK, die wegen ihrer progressiven Linie auf der Zielscheibe von Arbeitgebern stehen. Zu den Einschüchterungs- und Behinderungsversuchen gehören Drohungen, Diffamierungen und Entlassungen von „unbequemen“ Arbeitern dazu wie auch die restriktiven rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen kämpferische Gewerkschaften leiden müssen. Auch die Kolleginnen und Kollegen bei Baldur Süspansiyon haben schlimme Folgen des Union Bustings konkret erlebt. In den letzten Jahren wurden drei gewerkschaftlich organisierte Arbeiter entlassen, die eine zentrale Rolle bei den Arbeitskämpfen hatten. Doch die Belegschaft kämpfte weiter für ihre Forderung nach einem Tarifvertrag. Nach vier Jahren Warten auf einen Abschluss eines Tarifvertrags, erreichten die Arbeiter im Juni 2020 schließlich einen wichtigen Sieg. Das Gericht entschied, dass Birlesik Metal-Is die rechtmäßige Gewerkschaft bei Baldur ist. Damit war der rechtliche Weg frei, um die Tarifverhandlungen aufzunehmen, gegen die sich der Arbeitgeber jedoch weiterhin verwehrt. Die Antwort der Arbeiter bei Baldur Süspansiyon folgte am 25.Dezember mit Arbeitsniederlegungen und Streikposten vor dem Werkstor. Ihr Streik dauert bis heute ununterbrochen an.
Was fordern die Arbeiter bei Baldur Süspansiyon?
- Anerkennung der Gewerkschaft Birlesik Metal-Is als rechtmäßige Gewerkschaft bei Baldur Süspansiyon & Sofortige Aufnahme von Tarifverhandlungen
- Wiedereinstellung der gekündigten Arbeiter, die wegen gewerkschaftlicher Betätigung entlassen wurden. Die Angriffe auf gewerkschaftlich organisierte Arbeiter müssen unverzüglich gestoppt werden.
- Verbesserung von Arbeitsbedingungen & Höhere, existenzsichere Löhne. (Der durchschnittliche Mindestlohn bei Baldur Süspansiyon liegt bei 2.700 YTL, das sind 290 Euro / monatlich!)
Daimler Vorstand darf nicht tatenlos zusehen
Die Vorgänge bei Baldur Süspansiyon ist beim Daimler Vorstand nicht unbekannt. Die Gewerkschaft Birlesik Metal Is hatte den Vorstand des Automobil-Konzern in den letzten Jahren und auch jüngst über die aggressiven Methoden und Angriffe der Baldur Bosse informiert. Sie verlangt u.a., dass der größte Hauptabnehmer von Baldur in dem Konflikt interveniert und tätig wird, damit die Menschen- und Gewerkschaftsrechte bei Baldur uneingeschränkt eingehalten werden. Dazu ist die Daimler-Gruppe wie auch deren Zulieferer per internationaler Gesetze, Vorschriften und Richtlinien verpflichtet. Es ist kein Geheimnis, dass die Automobilindustrie von Billiglöhnen und damit niedrigen Produktionskosten bei den Zulieferern profitiert. Im Fall von Baldur darf sich der Daimler-Vorstand nicht aus der Verantwortung ziehen und tatenlos zusehen, wie Menschen- und Gewerkschaftsrechte bei einem der Hauptzulieferer seiner Daimler-Werke in der Türkei angegriffen werden. Wir unterstützen die Forderung der Gewerkschaft Birlesik Metal-Is, dass der Daimler-Vorstand handelt, die rechtswidrigen Angriffe auf die Baldur-Arbeiter verurteilt und Druck auf die Baldur-Bossen ausübt, damit die Arbeiter- und Gewerkschaftsrechte eingehalten werden.
Solidarität stärken!
Als Folge der Corona-Pandemie haben Lohnarbeiter und Werktätige weltweit unter erschwerten Bedingungen zu kämpfen. Die Pandemie trifft sie und Arme am härtesten. Gerade in diesen Zeiten, ist jede Form von Solidarität mit Kämpfen für die Anerkennung von Gewerkschaftsrechten wichtig und notwendig. Das Recht auf gute Arbeitsbedingungen und sichere Löhne darf nicht vor den Werkstoren enden. Gewerkschaftsrechte sind Menschenrechte. Sowohl hier als auch anderswo. Dies gilt auch für die streikenden Arbeiter bei Baldur Süspansiyon in Kocaeli wie auch für alle internationalen Zuliefererbetriebe innerhalb der Lieferkette der Automobilindustrie. Wir rufen daher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Betriebsräte und Beschäftigte auf, sich mit dem berechtigten Streik der Kolleginnen und Kollegen bei Balbur Süspansiyon für einen Tarifvertrag zu solidarisieren.
Wir fordern:
- Sofortige Aufnahme von Tarifverhandlungen
- Rücknahme aller Kündigungen von gewerkschaftlich organisierten Arbeitern
- Die türkische Regierung muss die Kriminalisierung von Streikenden und Gewerkschaftsmitgliedern stoppen
- Der Daimler-Vorstand muss in den Konflikt intervenieren und jegliche Form von Union Busting bei seinem Zulieferer verurteilen und stoppen.