Traunstein, Montag, 12.10.20: Im Prozess gegen einen Traunsteiner Kriminalpolizisten kommt heraus, dass in seinem Büro, das auch als Vernehmungsraum genutzt wurde, eine Collage mit Hitlerbildern und Hakenkreuzen hing, dazu eine Reichskriegsfahne.
Ein Polizist als Zeuge sagte dazu: „Sie ist nicht verboten, wird aber von der rechten Szene verwendet und von der Polizei auf Demonstrationen oft auch sichergestellt“. Der angeklagte Kriminalpolizist war beim Staatsschutz tätig und für die Reichsbürgerszene zuständig. Die Reichskriegsfahne hing sinnigerweise über dem Aktenschrank für die Reichsbürgerszene. Der Kriminalpolizist war in einer rechtsradikalen Chatgruppe der Polizei, wo gegen fremde Kulturen als „Primatenkultur“ gehetzt wurde. Sein Rechtsanwalt bezeichnete das als nicht abwertend, da wir ja alle Primaten seien. Die Hitlerbilder und Hakenkreuze seien nur „Anschauungsmaterial“ und für den „internen, dienstlichen Gebrauch“. Der Rechtsanwalt weiter: In Westeuropa herrsche längst ein Kulturkampf und wenn man das Thema Integration tabuisiere, könne man die Meinungsfreiheit gleich abschaffen. Die Collage hing übrigens über mehrere Jahre im Büro.
Berlin, Mittwoch, 14.10.20: In Berlin flog eine 26-löpfige rechtsextreme Chatgruppe von Polizeischülern auf. Alle sind Studenten für den gehobenen Polizeidienst. Zu ihrem „Freizeitvergnügen“ zählten Hakenkreuze, Hassposts gegen Flüchtlinge, Verharmlosung der Nazimorde an Juden.
Bayern/ Baden-Württemberg, Donnerstag, 15.10.20: Eine rechtsradikale Wehrsportgruppe in Bayern und Baden-Württemberg flog auf. In 17 Wohnungen wurden Waffen, Naziuniformen und ein Kübelwagen gefunden; so viele, dass sie teilweise mit Lastwagen abtransportiert werden mussten. Aufgeflogen war die Terrorgruppe nicht durch Verfassungsschutz und Polizei, obwohl bei Zweien bereits „staatsschutzrechtliche Erkenntnisse“ vorlagen, sondern durch einen Hinweis aus der Bevölkerung. 2 scharfe Sprengkapseln mussten direkt vor Ort gesprengt werden. Ebenso waren funktionsfähige Handgranaten dabei. Dennoch titelt die Stuttgarter Zeitung vom 17.10.20 „Rätsel nach Waffenfund“. Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen, ob es sich nur um „Kriegsspiele von Waffennarren“ gehandelt habe. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Stuttgart meinte: „Bis wir einen Überblick haben, könnte es Wochendauern.“ Das Motto des Staatsapparates scheint zu sein: Eile mit Weile!
Henstedt-Ulzburg, Schleswig-Holstein, Samstag, 17.10.20: Bei einer AfD-Veranstaltung raste einer der rechten Besucher mit seinem VW Amarok, ein großer Pick-Up, über den Fußgängerweg direkt in eine Gruppe von Antifaschisten hinein. Eine Frau wurde so schwer verletzt,dass sie ins Krankenhaus musste; mehrere andere wurden leicht verletzt. Die Polizei dazu: „Demonstranten der rechten und linken Szene gerieten außerhalb des Veranstaltungsgeländes aneinander. Dabei wurde im Rahmen eines Verkehrsunfalls eine Person der linken Szene schwer verletzt“. So wird ein rechtsradikaler Mordversuch zu einem Verkehrsunfall herabgestuft.
Das ist nur ein Ausschnitt und aus einer Woche. Es zeigt deutlich, wie rechter Terror bereits zum Alltag gehört. Es sind Nachrichtenmeldungen, aber keine „Aufreger“ für die bürgerliche Presse. Wäre nur eine dieser Taten von einem „Linksradikalen“ begangen worden, dann wäre Bundesinnenminister Seehofer vor die Presse getreten und eindrücklich gewarnt. Der Verfassungsschutz hätte die Gefahr des „linken Terrors“ heraufbeschworen. Doch solche Taten gibt es nicht. Trotzdem sehen unsere Unsicherheitsbehörden die „Gefahr von links“ als ihr wichtigstes Aufgabengebiet. Ebenso wird deutlich, wie der Staats- und Unsicherheitsapparat in die rechtsradikalen Umtriebe verstrickt ist und diese immer wieder verharmlost.
Hier gibt es eine aufschlußreiche Zeitleiste über rechtsradikale Umtriebe im Staatsapparat: