Nachdem vor einem Jahr bei dem globalen Klimastreik in Deutschland 1,4 Millionen Menschen in Deutschland auf der Straße waren, beschloss die Bundesregierung das Klimapaket, welches Fridays for Future in einem offenen Brief als „politische Bankrotterklärung“ und eine Verabschiedung vom 1,5 Grad-Ziel bezeichnete. Und auch beim in diesem Jahr verabschiedeten Kohleausstiegsgesetz erklärte eine Sprecherin von Fridays for Future in der bundesweiten Presseerklärung: „Das Kohleausstiegsgesetz ist ein klimapolitisches Desaster.“
Wir sehen also, dass die Regierung aus Sicht der Klimaaktivisten klimapolitisch versagt. Während die Proteste teilweise sogar aus Regierungskreisen gelobt wurden, Medienaufmerksamkeit erfuhren und das Thema Umwelt & Klima ins Licht der Öffentlichkeit gerückt haben, bleibt es weiterhin bei leeren Worten. Die Jugendlichen werden mit Lob abgespeist und es wird abgewartet, bis die Debatte an öffentlichem Interesse verliert. Fridays for Future hat das in seiner Macht stehende getan – die größten Menschenmassen seit langem auf die Straße getrieben. Und trotzdem bleibt es bei Vertröstung. Diese Tatsache zeigt uns nur, wie unvereinbar die Ziele von Fridays for Future mit einem profitorientierten Wirtschaftssystem sind. Wie unfähig dieses System ist, uns alle vor der Katastrophe zu bewahren, die auf uns zukommt, wenn das 1,5 Grad-Ziel nicht eingehalten wird. Und wie hartnäckig die Politik für die Konzerne, die von umwelt- und klimaschädlicher Produktion profitieren, verfolgt wird.
Fridays for Future kratzt offensichtlich an den Grenzen von dem, was innerhalb eines kapitalistischen Systems möglich ist. Doch was können wir tun, wenn immer klarer wird, dass wir den Folgen des Klimawandels innerhalb dieses Systems nicht ausweichen können, dass sie unweigerlich immer näher kommen? Das wichtigste bleibt, dass wir nicht aufhören zu kämpfen. Dass wir die Grenzen dieses Systems erkennen und trotzdem für die Ziele einstehen, die darüber hinausgehen. Fridays for Future hat mit der deutschen Kohle- und Autoindustrie einen riesigen Gegner vor sich, der keine Anstalten macht, das Feld zu räumen. Gleichzeitig beweist sich die Bewegung als hartnäckig – denn jedes scheinheilige Gesetz, jede Vertröstung ist ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die jeden Tag für eine klimagerechte Zukunft kämpfen. Umso beachtlicher ist es, dass die Bewegung sich hält. Und zunehmend das Bündnis mit anderen sozialen Bewegungen sucht, um seine Kampfkraft zu stärken – als Beispiel dient die Verbündung mit den Beschäftigten im ÖPNV, mit denen Fridays for Future am 18. September für die Verkehrswende und gegen das Kaputtsparen des öffentlichen Nahverkehrs demonstriert hat. Diese Brücke zwischen Klimabewegung und anderen sozialen Kämpfen muss gestärkt werden, um die Proteste weiterhin zu stärken.
Gleichzeitig muss auch das Bewusstsein dafür, dass es dieses System ist, das überwunden werden muss, um in eine klimagerechte Zukunft blicken zu können, wachsen. Die Verknüpfung mit den vielen weiteren Widersprüchen, die in diesem System entstehen, wird immer klarer. Der Klassencharakter der Klimakrise wird immer deutlicher. In einer neuen Studie von Oxfam heißt es, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung so viel CO2 produziert wie die ärmere Hälfte. Diese Dinge gehen an der Jugend nicht vorbei – dass nicht der individuelle Verzicht oder das Hoffen auf eine grüne Bundesregierung die Lösung sein können. Was die fortschrittlichen Jugendlichen leisten müssen ist, die Enttäuschung einzufangen und nicht zu Stillstand werden zu lassen. Und Perspektiven außerhalb des Systems aufzuzeigen. Wenn dieses System so deutlich unter Beweis stellt, dass es für den Profit und nicht für die Menschen arbeitet, dann müssen wir das aufgreifen und die Menschen für den Kampf gegen dieses System gewinnen!