Der bundesdeutsche Staat – Militarismus und Nazis – eine lange Geschichte


Am 8. Mai 1945 unterzeichnete das faschistische Deutschland die bedingungslose Kapitulation. Er wurde zum Tag der Befreiung. Der Faschismus in Deutschland ist nicht nur eine Sache der Vergangenheit, denn er wurde nicht endgültig besiegt.

KRIEG ist die Fortsetzung der Politik von Klassen, Völkern, Nationen, Staaten oder Koalitionen mittels organisierter bewaffneter Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele und ökonomischer Interessen.

Das Geburtsjahr

In gewisser Weise ist 1919 das Geburtsjahr des Faschismus. Im italienischen Mailand gründeten sich im März 1919 die faschistischen Milizen, die in den folgenden Jahren Vorbild vieler Rechter in ganz Europa werden sollten. Auch in Deutschland befanden sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die politischen Verhältnisse im Umbruch. Die Furcht vor „sozialistischen Experimenten“ trieb nicht nur die Großkapitalisten, Besitzenden und kaisertreuen Militärs um.

Schon im November 1918 schloss der SPD-Politiker Friedrich Ebert ein Bündnis mit der Führung der Obersten Heeresleitung, um eine soziale Revolution zu verhindern. Bei der Niederschlagung revolutionärer ArbeiterInnen wurden dann nationalistische Freikorps eingesetzt, deren Protagonisten sich wenig später vielfach in den Reihen der NS-Bewegung wiederfanden.

Nach der Beendigung des 1. Weltkrieges erklärte Lenin: „Denn alle sehen, dass ein neuer, ebensolcher Krieg unvermeidlich ist, wenn die Imperialisten und die Bourgeoisie an der Macht bleiben.” (Lenin Werke, Bd. 30, S. 416)

Der zweite Weltkrieg: Gegen den Sozialismus und für eine Neuaufteilung der Welt

Infolge der Weltwirtschaftskrise von 1929-33 hatten sich in Deutschland die Widersprüche zwischen der Arbeiterklasse und dem Kapital soweit verschärft, dass im Jahre 1932 eine revolutionäre Krise in Deutschland heranreifte. Die herrschende Klasse rettete sich vor dem drohenden Untergang, indem sie der Hitler-Partei zur Macht verhalf. Der Hitler-Faschismus sicherte dem Finanzkapital für die nächsten Jahre Riesenprofite durch gewaltige Aufrüstung und Militarisierung.

Ein typisches Beispiel für die Flucht aus der Krise in den Krieg

Immer neigte, wie die Geschichte beweist, das von der Rezession betroffene Finanzkapital dazu, aus der Krise in den Krieg zu flüchten. Ohne diesen Krieg hätte das Hitler-Regime, das den vorübergehenden wirtschaftlichen Aufschwung, die weitgehende Beseitigung der Arbeitslosigkeit usw. hauptsächlich der verstärkten Aufrüstung und Militarisierung verdankte, schon nach wenigen Jahren Bankrott anmelden müssen. Dieser Bankrott zeichnete sich bereits im Jahre 1938/39 ab.

Am 22.8.1939 erklärte Hitler vor dem Oberkommando der Wehrmacht wörtlich: „Unsere wirtschaftliche Lage ist infolge unserer Einschränkungen so, dass wir nur noch wenige Jahre durchhalten können. Göring hat das bestätigt. Uns bleibt nichts anderes übrig, wir müssen handeln.“ Und es wurde gehandelt. Am 1. September 1939 fünf Uhr früh wurde „zurückgeschossen“.

Der zweite Weltkrieg begann als ein imperialistischer Krieg. Doch anders als im ersten Weltkrieg war das Kriegsziel Hitler-Deutschlands auf die faschistische Unterwerfung und Versklavung anderer Völker und Nationen gerichtet. Deshalb erhoben sich die Völker der überfallenen Länder zum Kampf gegen die faschistische Aggression und Sklaverei, während ihre Regierungen rasch kapitulierten oder sich mit den Nazis arrangierten. Der Kampf der Völker war ein gerechter antifaschistischer Kampf.

Der Überfall auf die Sowjetunion leitete eine neue Etappe im zweiten Weltkrieg ein. Das Sowjetvolk erhob sich wie ein Mann im Großen Vaterländischen Krieg, um ihr sozialistisches Vaterland zu verteidigen. Dieser gerechte Krieg verstärkte den antifaschistischen Kampf und legte das Fundament für die Einheitsfront aller antifaschistischen Kräfte der Welt. Angesichts eines so gefährlichen Feindes schlossen die Regierungen der beiden größten kapitalistischen Mächte, England und der USA, eine Allianz mit der Sowjetunion. Dadurch scheiterte der Plan Hitlers, die SU zu isolieren. Sie wurde die Hauptstütze der antifaschistischen Koalition, ohne die es einen Sieg über Hitler-Deutschland nicht geben konnte.

Der zweite Weltkrieg endete – wie schon der erste – mit einer diesmal wesentlich schwereren Niederlage des deutschen Imperialismus.

Die Restauration des Imperialismus in Westdeutschland

Im Jahre 1944/45 bis Kriegsende verbreitete sich unter Hundertausenden deutscher Soldaten mehr und mehr die Erkenntnis, Werkzeuge des verbrecherischen Hitler-Regimes geworden zu sein. Die Zahl der Überläufer, speziell an der Ostfront, nahm trotz schwerer Bedingungen rapide zu. Es stiegen die Fälle von Sabotage und allgemeiner Zersetzung der Wehrmacht. Der deutsche Imperialismus zeigte, wessen er fähig war, wenn er abtreten sollte. Zehntausende friedliebender deutscher Männer wurden erschossen, gehängt, erschlagen. Ihre Familien mit Sippenhaft bedroht.

Die Zerschlagung des Hitler-Faschismus wurde vom Großteil der deutschen Werktätigen als Befreiung begrüßt, aber anders als gegen Ende des ersten Weltkrieges erhob es sich nicht zum revolutionären Aufstand.

Die Siegermächte Sowjetunion, USA, Großbritannien verabschiedeten im Juli/August 1945 das Potsdamer Abkommen. Bei konsequenter Durchführung hätte es keinen neuen imperialistischen Staatsapparat gegeben, sondern nur einen äußerst schwachen bürgerlichen Staatsapparat; die wirtschaftlichen Bestimmungen sahen die Entflechtung der Monopole, die völlige Demontage der Kriegsindustrie und den Aufbau einer Friedenswirtschaft vor. Hinzu kamen die Beschlüsse zur Ausrottung des deutschen Militarismus und Nazismus. Außerdem enthielt das Potsdamer Abkommen die feierliche Verpflichtung, die Einheit Deutschlands unangetastet zu lassen und diente gleichzeitig als Grundlage für einen mit Deutschland abzuschließenden Friedensvertrag.

Von Anfang an wurde dieses Abkommen von den Westallierten, besonders von den USA sabotiert. Sie verschleierten bald nicht mehr im geringsten ihre Pläne, Deutschland zu spalten, dem deutschen Imperialismus wieder zur Macht zu verhelfen und Westdeutschland zum Aufmarschgebiet gegen die sozialistischen Länder Osteuropas zu machen. Die deutschen Imperialisten, die sich nicht mehr imstande sahen, ganz Deutschland ihrer kapitalistischen Herrschaft zu unterwerfen, ergriffen den Rettungsanker, den die USA ihnen zuwarfen, um als deren Vasall wenigstens in Westdeutschland ihre militärische Herrschaft wiedererrichten zu können. Schon bald nach Kriegsende trieben sie die Remilitarisierung voran.

Gründung des NATO-Paktes

Seit dem 6. Juli 1948 führten Vertreter der Westunion sowie der USA und Kanadas in Washington Geheimverhandlungen über die Errichtung eines nordatlantischen Militärpaktes. Nach zwei Monaten hatte man das Credo des künftigen Militärblocks gemeinschaftlich in der These formuliert, dass „friedliche Koexistenz“ mit der Sowjetunion auf Dauer „unmöglich“ sei. Zugleich entstanden in den USA – besonders seit 1947/48 – detaillierte Kriegspläne, die den Einsatz von Kernwaffen beinhalteten.

Am 4.April 1949 bildeten zwölf Staaten Nordamerikas und Westeuropas den NATO-Pakt.

Deutschland wird gespalten

Nach der Spaltung Deutschlands durch die Durchführung einer separaten Währungsreform in den Westzonen am 20.6.1948 und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) durch die Verkündung des Grundgesetzes am 23.5.1949 trat eine neue Lage ein. Die deutschen Imperialisten betrachteten den Aufbau einer schlagkräftigen Armee als unerlässliche Voraussetzung für die Verwirklichung ihrer revanchistischen Pläne, die Einverleibung der DDR und die Rückeroberung der Grenzen von 1937.

Bereits im November schlug Adenauer in einem Interview mit der US-Zeitung „The Plain Dealer“, die Bildung einer „autorisierten deutschen Streitmacht“ vor. Und wozu diese Streitmacht benötigt wird, daraus machte die Adenauer-Regierung kein Hehl: „Das Wort Wiedervereinigung sollte endlich verschwinden. Es hat schon zu viel Unheil angerichtet … Es gibt nur ein Deutschland, ein verstümmeltes, das Deutsche Bundesrepublik heißt, und was östlich von Elbe und Werra liegt, sind seine unerlösten Provinzen. Entschlösse man sich zu dieser natürlichen Sprechweise, so würde sogleich jedem verständlich, dass die Aufgabe nicht Wiedervereinigung heißt, sondern Befreiung des Verlorenen. Dann würde auch jedem Deutschen klar, dass die Befreiung nur von der Bundesrepublik ausgehen kann … und dass man die unerlösten Provinzen nur mit Hilfe der Westmächte zurückgewinnen kann … Befreiung der unerlösten Reichsteile – das sei die Parole.“ (Rheinischer Merkur, 20.6.52)

Und CDU-Minister Seebohm: „Das deutsche Problem ist nicht mit der Rückkehr Mitteldeutschlands gelöst. Der deutsche Osten schließt nicht nur die Elbe und die Oder ein, sondern auch (…) alle Gebiete, in denen Deutsche einst siedelten.“ (Fränkische Tageszeitung, 11.8.53)

Das war Revanchismus. Und dazu benötigten die Herrschaften eine „Befreiungs“-Armee zur Restauration des Kapitalismus in der DDR.

Für das liberale Lager hat Rudolf Augstein (SPIEGEL) in einer Bilanz der Bundesrepublik diese eigentümliche Verbindung zwischen militärischer Ausrichtung dieses Staates und dessen Revanchismus und Antikommunismus später scharf kritisiert: „Die neue Armee wurde nicht gegründet, um den Bonner Staat zu schützen, sondern der neue Staat wurde gegründet, um eine Armee gegen die Sowjets ins Feld zu stellen.“

(Augstein, Waffen statt Politik, 1961)

Ohne mich-Bewegung

Doch der Weg war noch nicht frei für den Aufbau einer neuen Wehrmacht. Millionen deutscher Soldaten waren von den Schlachtfeldern des zweiten Weltkrieges, aus der Gefangenschaft mit der Überzeugung heimgekehrt: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Im deutschen Volk herrschte ein tiefer Widerwillen gegen alles, was mit Militarismus und Krieg zu tun hatte. So entstand, als sich die ersten Gerüchte über eine geplante Wiederbewaffnung verbreiteten, eine „Ohne-mich“-Protestbewegung.

Carlo Schmidt meinte damals: „Man darf getrost den Satz wagen, der Antimilitarismus ist die eigentliche Weltanschauung der deutschen Jugend nach dem Kriege geworden.“

In dieser Zeit, in der es politisch noch opportun schien, als Pazifist zu gelten, hatte F.J. Strauß (ab 1956 Kriegsminister) seine seltsame Vorliebe für das militärische Gehabe zu unterdrücken vermocht. Im Wahlkampf für den ersten Bundestag drohte er: „Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen.“ (Spiegel, 2.1.57)

Die Bundesregierung konnte dieser Stimmung nur begegnen, indem sie in der Öffentlichkeit jeden Gedanken an eine Wiederbewaffnung scharf dementierte.

Noch Anfang Dezember 1950 erklärte Adenauer offen gegenüber einem dpa-Korrespondenten: „In der Öffentlichkeit muss ein für allemal klargestellt werden, dass ich prinzipiell gegen eine Wiederaufrüstung der BRD und damit auch gegen die Errichtung einer neuen deutschen Wehrmacht bin.“

Rund zwei Jahre später erklärte der gleiche Adenauer bei einem Empfang der ausländischen Presse am 24.1.1952, er habe bereits im Dezember 1948 „General Speidel um Rat für die Aufstellung einer neuen deutschen Armee gebeten.“

Neben der direkten Lüge diente die Tarnung der Adenauer-Regierung als Mittel für ihre Remilitarisierungspläne. So sollte der Aufbau einer BRD-Armee nur im Rahmen einer sogenannten „Europa-Armee“ erfolgen.

Im Zuge ihrer „roll-back“-Politik entfesselten die USA im Verein mit der faschistischen südkoreanischen Li-Sing-Man-Clique Mitte 1950 einen Krieg gegen Nordkorea. Ihr Ziel war die Vernichtung der Koreanischen Volksdemokratischen Republik. Es bestand die akute Gefahr, dass sich dieser Krieg zu einem allgemeinen Weltkrieg ausweiten würde, der sich gegen die Sowjetunion und das sozialistische Lager richten würde.

Es kam weltweit zu einer Kampagne gegen den Aggressionskrieg, für die Erhaltung des Friedens. In der Bundesrepublik wurde der Kampf gegen die Wiederbewaffnung und für einen Friedensvertrag geführt.

Am 1.10.1950, dem Tag der 100.000 jungen Friedenskämpfer, fanden in 29 Städten 48 Kundgebungen und 35 Demonstrationen statt. Unter dem Motto „Rettet den Frieden“ tagte am 28. Januar 1951 in Essen ein Kongress gegen die Wiederbewaffnung. 1.700 Vertreter aller Volksschichten – Sozialdemokraten, Kommunisten, bürgerliche und kirchliche Kreise – beschlossen, eine Volksbefragung gegen die Remilitarisierung, für den Abschluss eines Friedensvertrages in Deutschland im Jahre 1951 durchzuführen.

Bereits am 24.4.1951 ließ die Bundesregierung die Volksbefragung als „Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung“ verbieten.

(Das ist ein Kennzeichen der BRD von Anfang an: Die Volksmeinung wurde immer ignoriert. Die entscheidenden und wichtigsten Beschlüsse wurden gegen das Volk durchgesetzt. Angefangen mit der Gründung der BRD 1949, dem Grundgesetz, der Wiederherstellung einer Armee. Die Mehrheit des Volkes war dagegen. Im Bundestag wurden die Beschlüsse durch medienwirksame Shows (CDU-SPD) trotzdem durchgesetzt. Und heute: Großer Lauschangriff, Eurofighter, der Euro usw. – die Mehrheit der Bevölkerung lehnt dies ab.)

Die Volksbefragung wurde ein großer Erfolg: mehr als 9 Millionen Menschen wurden trotz Polizei- und Justizterror befragt. Ganze Städte und Stadtteile oder ganze Betriebsbelegschaften wie die 30.000-köpfige Belegschaft der BASF in Ludwighafen, gaben ihre Stimme ab. Die erdrückende Mehrheit aller Befragten sprach sich gegen die Remilitarisierung und für einen Friedensvertrag mit Deutschland aus. Dieser Kampf des Volkes verzögerte die Remilitarisierung um einige Jahre und veranlasste die Bundesregierung am 26.6.1951 die FDJ zu verbieten und am 22.11.1951 beim Bundesverfassungsgericht den Antrag auf ein Verbot der KPD zu stellen. Die Regierung ging mit massivem Polizei- und Justizterror gegen die Friedensbewegung, besonders ihren aktivsten Teil, die Kommunisten vor. Am 11.6.1951 war das erste politische Sonderstrafgesetz (Blitzgesetz) beschlossen und, analog den Nazi-Sondergerichten, politische Sonderstrafkammern errichtet worden.

Auf der Grundlage dieses Gesetzes wurden von 1951 bis 1961 rund 200.000 politische Ermittlungsverfahren (!) eingeleitet, die rund 50.000 Bundesbürger betrafen. Es kam zur Verhaftung und Verurteilung zahlreicher FDJ-, KPD-Funktionäre und oppositioneller Sozialdemokraten. Sie wurden wegen ihrer Unterstützung der Volksbefragung zu bis zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt.

Doch es blieb nicht bei Verurteilungen, es folgte der Mord. Als am 11.5.1952 in einer Friedenskarawane gegen den EVG- und Generalvertrag in Essen rund 40.000 westdeutsche Jugendliche demonstrierten, eröffnete die Polizei das Feuer. Auf der Strecke blieb neben zahlreichen Verwundeten der FDJler Philipp Müller aus München.

Die Herren in Bonn suchten unentwegt Wege, um die Wiederbewaffnung durchzusetzen. Sie sahen sie im Beitritt zur NATO. Am 23.10.54 wurden entsprechende Verhandlungen geführt und bereits am 23.10.54 die sogenannten Pariser Verträge unterzeichnet. Sie enthielten u.a. die endgültige Vereinbarung über den Aufbau der Bundeswehr und den Ausbau der BRD zur Hauptbasis der NATO in Europa.

Auf Initiative des Bundesvorstandes des DGB, einiger führender Sozialdemokraten und bürgerlicher Kräfte kam es am 29. Januar 1955 vor der Frankfurter Paulskirche zu einer großen Protestkundgebung. Die Kundgebungsteilnehmer beschlossen das „Deutsche Manifest der Paulskirche“, in dem festgestellt wurde, dass die Pariser Verträge die Kriegsgefahr in Europa erhöhen und die Spaltung Deutschlands weiter vertiefen. Bundesregierung und Bundestag wurden für die Entscheidung über diese Verträge als nicht zuständig erklärt und das Volk aufgefordert, über seine Lebensfrage – Remilitarisierung oder Wiedervereinigung – selbst zu entscheiden.

Auf der Grundlage dieses Manifestes kam es an vielen Orten zu Volksbefragungen. Doch wurde die rasch anwachsende Volksbewegung schnell von maßgebenden SPD-Führern gebremst und in parlamentarische Bahnen gelenkt, so dass sie sich schließlich auf das Verschicken von Protesttelegrammen beschränkte. Die entscheidende Ursache für die Niederlage der Massenbewegung gegen die Wiederbewaffnung liegt im Nichtzustandekommen einer wirklichen Aktionseinheit der Arbeiter, weil die SPD-Führung jegliche Zusammenarbeit mit der KPD ablehnte, sich in maßlosem Antikommunismus erging und eine pro-amerikanische Politik betrieb.

Gegen den Willen des Volkes

Am 25.2.1955 ratifizierte der Bundestag die Pariser Verträge, am 6. Juli 1956 wurde das Wehrpflichtgesetz vom Bundestag gegen die Stimmen der SPD verabschiedet. Und am 12.11.1955 wurden von Bundespräsident Theodor Heuss offiziell die ersten Ernennungsurkunden (Generalleutnants, Oberstleutnants, Majore usw.) überreicht. Dieser Tag gilt seither als Jahrestag der Bundeswehr.

Das Volk stimmte auch mit den Füßen ab: Zigtausende flüchteten aus der Bundesrepublik in die DDR und wurden dort mit offenen Armen empfangen. Dort bestand keine Wehrpflicht (erst Anfang der 60iger Jahre wurde sie eingeführt). Die Wehrdienstflüchtlinge aus der BRD waren seinerzeit die größte Gruppe der politischen BRD-Flüchtlinge, die in die DDR gingen. Vor der Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes schnellte die Fluchtwelle in die Höhe: So flüchteten allein im ersten Quartal 1955 rund 15.000 Jugendliche aus Westdeutschland in die DDR. Dass die westdeutsche Jugend den Militärdienst in ihrer erdrückenden Mehrheit ablehnte, beunruhigte die Behörden in Bonn. Dennoch gingen sie den Weg der Remilitarisierung gegen den Willen des Volkes weiter.

Diese Tatsachen werden aber bis heute verschwiegen, wie so vieles. Zu peinlich sind diese Fakten und passen nicht ins offizielle Geschichtsbild der Herrschenden.

Des Teufels Generäle prägten die Bundeswehr


Den militärischen Geist prägten in erster Linie jene ehemaligen Generale und Offiziere der faschistischen Wehrmacht, die an ihrer Spitze und in der Truppe auf allen Ebenen wirkten. So stammten von den ersten abgegebenen Freiwilligenmeldungen 40.613 von früheren Offizieren, 87.089 von ehemaligen Unteroffizieren und nur 24.464 von Ungedienten.

Dass ein Teil der Bewerber, die die faschistische Diktatur noch in lebhafter Erinnerung hatten und aus tiefster Überzeugung ablehnten, tatsächlich glaubte, in einer neuen Armee zu dienen, ändert nichts am wahren Charakter der Streitkräfte der BRD. Sie waren nicht typisch. Bereits im September 1956 verließen 600 Freiwillige die Bundeswehr.

Am Aufbau der Bundeswehr beteiligten sich viele schuldige Hitler-Generale. Der ranghöchste General der Anfangszeit war A. Heusinger ( 1957 – 1961 Generalinspekteur der Buweh).

Heusinger sprach mit General Speidel bereits 1949 beim Hohen Kommissar der USA, McCloy wegen Begnadigung und Entlassung der als Kriegsverbrecher verurteilten und inhaftierten Hitler-Generale vor, „weil sonst die deutsche Wiederaufrüstung blockiert“ würde.

1923 äußerte sich Reichswehr-Hauptmann Heusinger über Adolf Hitler: „Er ist der von Gott gesendete Mann, der die Deutschen herausführen wird aus ihrer schrecklichen Konstitution“ (Vgl. Ch.R. Allen, Heusinger of The Fourth Reich, New York 1963)

Als Ia der Operationsabteilung im OKH und ab 1940 als Hitlers Operationschef konzipierte er fast alle Aggressionspläne im militärischen Detail. Er gehörte zum engsten militärischen Beraterkreis Hitlers. Mit SS-General Bach-Zelewski war er zuständig für die Partisanenbekämpfung. Diese nützte man für die auf Befehl Hitlers eingeleitete „Technik der Entvölkerung“. Ca. 30 Millionen „Juden und Slawen“ wollten Nazi-Führung und zuständige Heerführer ausrotten, um „deutschen Lebensraum zu schaffen“. Die „Richtlinien für die Bandenbekämpfung“ der „Jagdkommandos“ verfasste Heusinger. Hunderttausende wurden Opfer dieser „Richtlinien“. Was Heusinger zu verantworten hat, ist mehr als Massenmord; es ist ein Fall von Genozid. Eben „Technik der Entvölkerung“.

Heusinger am 27. September 1958 vor dem Offizierskorps: „Wir müssen uns an die Vergangenheit erinnern …Laßt uns festhalten an den alten Prinzipien, die wir noch gebrauchen werden“. (vgl. Ch.R.Allen)

General H. Speidel ließ als Stabschef im besetzten Frankreich 500 Geiseln erschießen. Auch für die Deportation von 3000 „Kommunisten und Juden“ in Vernichtungslager ist er verantwortlich. Aber nicht nur in Frankreich war er als Geiselmörder bekannt. Präsident de Gaulle verwies ihn 1963 als Oberbefehlshaber von NATO-Mitte/Landstreitkräfte mit 48-Stundenfrist des Landes, als Einzelheiten seiner Verbrechen bekannt wurden.

Ein anderer „Techniker der Entvölkerung“ an der Spitze der Bundeswehr ab 1961 war General Foertsch, ein verurteilter Kriegsverbrecher. Er führte den „Führer“-Befehl aus (soweit es möglich war): Leningrad „dem Erdboden gleichzumachen“. Mehr als 800.000 Leningrader gehörten zu den Opfern.

Nachfolger von Heusinger und Foertsch wurde in den 60iger Jahre der Ex-Offizier der Legion Condor, H. Trettner. 1940 verantwortete er die Bombardierung Rotterdams während eines vereinbarten Waffenstillstandes. Auf Kreta, im Raum Smolensk und später in Italien war er maßgeblich an der „Bandenbekämpfung“ beteiligt.

Der „alte Geist“ der Generäle wirkte weiter

Dass der Aufbau der Bundeswehr in der Tradition der nazifaschistischen Wehrmacht und des deutschen Militarismus erfolgte, war kein „Ausrutscher“. Im Rahmen der Wiederherstellung der alten gesellschaftlichen Verhältnisse, war es nur folgerichtig. Die Bundesrepublik führte nicht nur die Geschäfte der Deutschen Bank, Siemens, Flicks, Abs, Krupps und Thyssens usw. fort, sondern sorgte für eine personelle Kontinuität in allen wichtigen Bereichen der Politik, Justiz, Bürokratie, Schule sowie auch bei Militär und Polizei. Viele der prominenten Politiker der Bundesrepublik waren Mitglieder der Nazi-Partei oder Offiziere der Nazi-Wehrmacht wie

*der berühmte Alt-Nazi Globke, der Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger „Rassegesetze“ von 1935 und spätere Staatssekretär bei Adenauer ab 1949,

* der Präsident der BRD, H. Lübke, der einst Gestapo-Spitzel, dann Kommandeur beim Sklaveneinsatz von KZ-Häftlingen und KZ-Baumeister war,

* Bundeskanzler Kiesinger, war von 1940 an Propagandachef im Auswärtigen Amt der Nazis,

* Und im ersten Bundestag bestand die Mehrheit der Abgeordneten aus Mitgliedern der Nazi-Partei,

*der Geheimdienst, der BND, genauso wie Polizei und Grenzschutz, wurden von Nazi-Kadern aufgebaut,

* Bekannt ist auch, dass 1968 noch 520 Nazi-Diplomaten im Auswärtigen Dienst beschäftigt waren. In der Justiz befanden sich zur gleichen Zeit noch über 800 Nazi-Juristen u.s.w.

Dass solche nur beispielhaft angeführten Figuren zum Teil an der Spitze des Staatsapparates standen, zeigt deutlich die personelle Kontinuität des deutschen Faschismus damals zum deutschen Imperialismus.

„Diese (Nazi) Generale haben die heutige mittlere Offiziersgeneration ausgebildet und ihren Geist geprägt“, schrieb der SPD-Militärexperte Horn/MdB 1974. Und zu ihren Geist gehört auch die militaristische Tradition.

Zu dieser Tradition gehören außer Soldatenschinderei, Rassismus und Untertanenmentalität bekanntlich auch die Vernichtungskriege und schwerste Kriegsverbrechen.

Zur Rolle der Sozialdemokratie

Die Nachkriegszeit und die Entwicklung der BRD wurde nachhaltig von der Sozialdemokratie geprägt.

In ihrer Fixierung auf das parlamentarisch-demokratische System bürgerlich-kapitalistischen Zuschnitts formulierten einzelne führende SPD-Politiker sogar ganz offen den integrativen Charakter der politischen Taktik der Sozialdemokratie. So berichtet Carlo Schmidt rückblickend, die SPD sei nach der ersten Bundestagswahl „bewusst in die Opposition gegangen“, weil die Parteiführung der Ansicht gewesen sei, „dass die parlamentarische Demokratie bei uns in Deutschland nur dadurch funktionsfest gemacht werden könne, dass eine starke Partei in Opposition geht, die den Staat bejaht, auch wenn sie die gegenwärtige Regierung schlecht findet. Nur so könne verhindert werden, meinten wir, dass die Unzufriedenen, die es ja immer geben wird, sich radikalen Parteien anschließen müssen, die den Staat verneinen. Diese Unzufriedenen haben so die Möglichkeit, sich einer Partei anzuschließen, die sich zwar gegen die jetzige Regierung stellt, die aber bereit ist, den Staat und seine Grundordnung zu erhalten und zu verteidigen“. (Schmidt, Carlo, in „Der Wähler“, Bonn, Heft 11/1955)

Die gleiche zwiespältige Haltung war auch für die Politik der SPD-Führung in der Frage der Remilitarisierung bezeichnend. Die SPD und ihre Führung hat zu keiner Zeit nach dem Kriege eine Politik betrieben, die den Erwartungen ihrer Parteibasis und Wählerschaft gerecht geworden wäre.

Die neue Strategie für die Bundeswehr, die in den 90iger Jahre festgelegt wurde, heißt Umbau der Bundeswehr auf „out of area“, also Auslandseinsätze.

Die Umsetzung solcher Vorgaben werden in der Ausbildung geübt. Da erkennt der Soldat nach traditionellem Muster den Feind als „rohen und barbarischen Krieger“, der zu jeder „Grausamkeit …fähig ist“. (Vgl: Truppenpraxis 2/3-1996) Die Gewaltverbrechen der deutschen Wehrmacht bleiben ausgeblendet, jene, die für ihre Emanzipation kämpfen und ihre Rohstoffe in eigener Verfügung behalten wollen, sind die „kleinen bösen Männer“!

Gewisse alte Traditionen erhalten heute neue gefährliche Brisanz in der bundesdeutschen Wehr- und Außenpolitik. Hakenkreuze und Hitlerverehrung in den Mannschaften sind nur Symptome veränderter politischer Bedingungen. Bereits am 30. Januar 1991 verkündete Kanzler Kohl: „Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen. Es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und sollte diese ausweiten!“

Kein Platz für Nazis – steht im Grundgesetz!

Die zur ‚Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus’ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ (Artikel 139 GG)

Im Klartext: Sie gelten weiter!

Es gibt keinen Grund, von der frühen Grundsatzrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Abstriche zu machen, dass das Ziel der Befreiungsgesetze nicht nur die unmittelbare Liquidierung des Naziregimes unmittelbar nach Beendigung des 2. Weltkrieges war, sondern die Überwindung des Nationalsozialismus auf Dauer, und dass „die gesamte deutsche Rechtsordnung […] vom Besatzungsrecht überlagert“ bleibt (NJW 1986, S. 2661,BVerfGE 2, 181)

Daraus abgeleitet ist nach wie vor geltendes Recht, was beispielsweise im Potsdamer Abkommen steht:

Die Nationalsozialistische Partei … ist zu vernichten; … es sind Sicherheiten dafür zu schaffen, dass sie in keiner Form wieder auferstehen können; jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda ist vorzubeugen“ … „Alle nazistischen Gesetze, welche … eine Diskriminierung auf Grund der Rasse, Religion oder politischer Überzeugung errichteten, müssen abgeschafft werden. Keine solche Diskriminierung, weder eine rechtliche noch eine administrative oder irgendeiner anderen Art, wird geduldet werden.“ Übereinkunft, A. Politische Grundsätze, Punkte 3 und 4)

Die alten Nazis waren in der jungen Bundesrepublik überall: Sie waren in der Justiz, in der Verwaltung, in den Ministerien, an den Universitäten; der Verfassungsschutz war so braun, dass es einen noch heute schüttelt. Kanzler Adenauer erklärte das so: Es handle sich um Leute, „die von früher was verstehen“.

Es gab bei den Beamten und den sonstigen Funktionseliten von Staat und Gesellschaft so etwas wie eine Totalkontinuität.

Bundestagsdrucksache 17/8134 amtlich: 25 Minister, ein Bundespräsident und ein Bundeskanzler der Bundesrepublik waren in NS-Organisationen.

Schon bei seiner Gründung hievt der Verfassungsschutz Nazis in Spitzenpositionen. Seitdem stolpern Präsidenten des Amts über Skandale, V-Leute fördern den Rechtsterrorismus, interessantes Material landet im Schredder.

Faschistische Organisationen, Rassismus, Chauvinismus, bürgerliche und sozialdemokratische (einschließlich revisionistischer) Parteien sind die Stützen der kapitalistischen Gesellschaft.

Antikommunismus und Religion halten diese Gesellschaft zusammen.

H.P.

 

Siehe auch:

https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-83422497.html

Zeitgeschichte: Welle der Wahrheiten

Sechs Jahrzehnte nach den Nürnberger Prozessen gegen die Wortführer des NS-Regimes lassen Ministerien und Behörden nun zum ersten Mal offiziell die Frage untersuchen: Wie Nazi-braun waren die Gründerjahre der Republik wirklich?

http://www.kpd-ml.org/doc/partei/braunbuch.pdf

Braunbuch: Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin

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