Zerstörung der Symbole der Sklaverei in manchen Teilen der Welt: Fakten, welche die Gleichheit der Menschen beweisen

Die Demonstrationen gegen den Mord an George Floyd vertiefen die derzeitige philosophische und kulturelle Revolution mit dem Markenzeichen der Gleichheit der Menschen

Aus La Flamme, Zeitung der Kommunistischen Partei Benins, 19.Juni 2020

Das gepostete Video vom Mord an George Floyd in Minneapolis (USA) am 25. Mai 2020 zog Demonstrationen nach sich, die sich am gleichen Tag wie eine brennende Lunte in den USA und auf die ganze Welt ausbreiteten. Und seit der Zeit verstärken sich die Demonstrationen noch.

Es ist die Versagung der Menschlichkeit, welche die Entrüstung heraufbeschwört und die Frage bezüglich des Tatmotivs stellt.

1. Die Demonstrationen und die Inhalte der Parolen.

Die Antworten erscheinen in den bei den Demonstrationen getragenen Parolen.

In den Vereinigten Staaten marschieren und protestieren die Demonstranten unter der Parole „Black lives matter“.

In Kanada gibt Premierminister Trudeau zu, dass rassistische Taten in seinem Land alltäglich sind; er posiert kniend als Geste der Unterstützung der Demonstrationen. Die Demonstranten selbst skandieren neben dem Namen George Floyd den von Regis Korchinski, einer 29.jährigen Schwarzen, die am 29. Mai bei einem Sturz aus ihrem Fenster in der 24. Etage in Toronto bei einer Polizeiaktion starb. Tausende von Demonstranten verurteilten den Tod von unbewaffneten Schwarzen in den Händen der Polizei.

In der Schweiz prangern die Demonstranten die Technik der Bodenfixierung an, während Internetsurfer an Mike Pen Peter erinnern, einen 40-jährigen Nigerianer, der im Februar 2018 in Lausanne infolge einer Fixierung am Boden durch die Polizei gestorben ist. Unmittelbar danach wird darauf verwiesen, dass George Floyd symbolisch für die unterdrückten Minderheiten in Israel, in der Türkei oder in Australien steht.

Offensichtlich ist ein junger Kurde, Baris Cakan (20 Jahre), am 30. Mai in Ankara nach einem Streit mit 3 Männern über eine obskure Geschichte von Musik und Lautstärke getötet worden.

In Australien versammelten sich die Demonstranten aufgrund eines Aufrufes „Lives of aborigines matter“, um die Diskriminierung der autochthonen Minderheiten anzuprangern.

In Syrien bedienten sich die Künstler der Figur George Floyds, um an das Andenken der Kriegsopfer und vor allem der Männer, Frauen und Kinder, die durch Angriffe mit Chemiewaffen getötet wurden, zu erinnern. Sie schreiben: „Alle Leben zählen“.

In Israel liest man in den sozialen Netzen Hashtags wie „Die Leben der Palästinenser zählen“. Sie beziehen sich auf den Tod von Eyad Al-Halaq (32 Jahre), einen palästinensischen Autisten, der am 29. Mai von der israelischen Polizei getötet wurde, als er nach Jerusalem in die Schule fuhr, wie er es täglich tat.

In Frankreich gab es außer den vorhergehenden Demonstrationen noch andere an 9. Juni, dem Tag der Beisetzung Floyds, in Paris, Nantes, Mulhouse, Colmar, Metz usw. In Paris fanden die Demonstrationen auf Aufruf von SOS Rassismus, den Führern der Linken und anderer humanitärer Organisationen statt. Am Platz der Republik trugen die Demonstranten Plakate wie „Ich sage nein zum Rassismus“, „George Floyd, Cédric Chouviat 1) , die gleiche Polizei, der gleiche Rassismus, die gleiche Asphyxie“ (Asphyxie = Erstickung). In Nantes fanden Versammlungen auf Aufruf der Liga für Menschenrechte..am Denkmal der Abschaffung der Sklaverei statt, kniend und mit 8min46s lang erhobener Faust.

Überall auf der Welt haben die Demonstranten den Demonstrationsverboten im Namen der Covid-19-Pandemie getrotzt. Das geschah auch in Frankreich und zwang den Innenminister Christophe Castaner, einzugestehen, dass „Die weltweite Stimmung, die in dieser Sache gerechtfertigt ist, die juristischen Regeln grundlegend übersteigt“. Also, wie steht es um die Ansichten und Debatten über diese weltweiten Demonstrationen?

2. Die Stellungnahmen und der Kampf um die Symbole des Rassismus und der Sklaverei

In dieser weltweiten Bewegung erleben wir auch den Denkmalsturz von charakteristischen Symbolen des Rassismus und der Sklaverei. In Antwerpen (Belgien) wurde die Statue von König Leopold II. Nieder gerissen und in ein Museumsdepot gebracht. Er ist bekannt als der Verursacher der Ausplünderung des Kongo, das er sich in der Vergangenheit zum Besitz nahm. In Belgien wie übrigens auch in Frankreich gibt es Debatten darüber, ob man alle diese Symbole beseitigen oder sie stehen lassen soll und ihre Geschichte für die neuen Generationen dazuschreiben soll. Andernfalls hieße das gewissen Historikern wie Pascal Blanchard 2) zufolge, die Geschichte der Sklaverei auszulöschen. In Großbritannien wurde die Statue eines ehemaligen Sklavenhalters geschleift und in den Hafen von Bristol geworfen; ein erfolgloser Versuch, die Statue von Cecil Rhodes, der mit der Ausbeutung von Goldminen in Südafrika unter der Apartheid reich wurde, zu zerstören, fand in Oxford statt. Ob in Edinburgh, Cambridge oder anderen Universitäten, die Debatten drehen sich um die Notwendigkeit oder nicht, die Museen und Straßen von den Statuen der Symbole der Sklaverei zu befreien.

3. Die Positionierung und der Kampf gegen die Symbole des Rassismus und der Sklaverei.

In den Vereinigten Staaten, genauer gesagt in Boston, wurde die Statue von Christoph Kolumbus geköpft und in Virginia eine andere in einem See versenkt. Dieser Kapitän wird als eine der Charaktermasken des Genozids an der indigenen Bevölkerung allgemein betrachtet. Wir wollen hier nicht in Einzelheiten gehen, um zu erklären, dass die Debatte um das Schicksal der Symbole der Sklaverei tobt. Jedenfalls haben „der Verteidigungsminister und der Chef der Infanterie eine Diskussion über dieses Thema begonnen“, wie der Sprecher der Armee, Oberst Sunset Belinski, gegenüber AFP (Agence France Presse) erklärte.

Mehrere Denkmäler der Konföderierten wurde seit dem Mord an George Floyd zerstört und die Diskussion über die Rassenungleichheit griff auf die amerikanische Armee über, eine der Institutionen, in denen die Minoritäten überrepräsentiert sind.“

Wie steht es in Afrika? Es gab einige Demonstrationen in Südafrika, im Senegal und in Tunesien, und auch Stellungnahmen: Man kann den Präsidenten von Ghana, Nana Akufo-Addo, zitieren, der am 1. Juni in einem Tweet den Mord verurteilte. Ein andere Stimme des Protests kam am 29. Mai von Moussa Faki Mahamat, Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (UA). Nicht zu vergessen die scharfe Kritik der ehemaligen afrikanischen Präsidenten…, die zum „Forum der ehemaligen Präsidenten“ gehören, das unter der Führung von Nelson Mandela gegründet wurde und dessen Vorsitz jetzt Joaquim Chissano 3) innehat.

Eines der Charakteristiken dieser weltweiten Protestbewegung sind die Debatten darüber, was mit den Symbolen der Sklaverei und des Rassismus geschehen soll: soll man sie abreißen oder nicht? Diesen Debatten kann man nicht ausweichen und es muss eine allgemeine Lösung dafür gefunden werden. Diese Symbole machen die großen Theoretiker und Akteure der Sklaverei als Vorbilder unsterblich. Ihre Widerspiegelung in den Köpfen können nicht die gleiche Bedeutung für alle haben. Dafür einige Beispiele: Was bedeutet eine „Place Bayol“ 4) in Porto-Novo in Benin? Was, wenn nicht „wir kamen, wir siegten und wir besiegeln euer Sklaventum mit dem Namen eines eurer Angreifer?“ Jugendliche Protestierende in Senegal gegen die Statue von Louis Faidherbe in Saint Louis meinten, dass „es nicht normal ist, dass die Statuen der Unterdrücker stolz in den Städten thronen zum Nachteil der Helden, die sie bekämpften“ und stellten die Frage: Kann man sich vorstellen, wie sich die Erben von El Hadj Omar fühlen 5) ? Andere setzen nach: „um die Köpfe zu entkolonisieren, muss man die Straßen entkolonisieren“… Wenn z.B. die Erinnerung an Faidherbe, Colbert, Napoleon und Jules Ferry 6) in der Vorstellung mancher Franzosen eine gewisse positive Konnotation besitzt (und die Debatte ist noch nicht beendet…), kann für die Afrikaner, die Bewohner der Antillen, die verschiedenen Nachfahren von Afrikanern, die Vietnamesen usw. nicht das Gleiche gelten. Wer kennt den „Code noir“, und weiß, dass dieses entsetzliche Werk Frankreichs („Vaterland der Menschenrechte“), das die Unterschrift von Ludwig XIV trägt, von einer Kommission, die von Colbert geleitet wurde, niedergeschrieben wurde. Dieses Gesetz war eines der Breviere in den Händen der Sklavenhalter und Kolonialisten, welche die schlimmsten Verbrechen, die Ausbeutung, die ursprüngliche Kapitalakkumulation für Frankreich und andere Mächte wie die USA bewirkten…Einige überzeichnen vielleicht, aber ihre Fragestellung ist zutreffenden: Könnte man sich eine Hitlerstatue in Paris oder eine von Bush im Irak vorstellen? Mehr denn je ist die Geschichtswissenschaft angesprochen, um die Wahrheit über die Fakten des Kolonialismus und der Sklaverei wieder herzustellen. Man muss ständig vor allem die afrikanische Jugend daran erinnern, dass das Ende des Kolonialismus dem Kolonialpakt Platz machte, der damit abgesegnet wurde und der ein Sinnbild der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beherrschung im heutigen französischen Machtbereich (dem frankophonen Afrika) ist.

Was also erklärt den Zusammenhang oder die Ähnlichkeit zwischen all diesen Demonstrationen, vor allem unter dem Gesichtspunkt der durch die Demonstranten geäußerten Forderungen und Perspektiven aller Art (Jugendliche, Alte, Frauen ohne Unterschied der Farbe und Religion)?

4. Tiefere Bedeutungen dieser Bewegungen

Entweder durch Erfahrung oder im Bewusstsein erkennen die Einen und die Anderen in ihrem täglichen Leben, durch ihre Arbeitsbeziehungen, ihre Studien, das Internet, die sozialen Netze usw., dass das, was in den Vereinigten Staaten geschieht, das selbe ist wie anderswo. Das Fortbestehen der rassistischen Verfolgung, die soziale Ungleichheit usw. rühren daher. Alles zusammen ist Folge des Kapitalismus, der durch die Sklaverei entstand und prosperierte, besonders durch den atlantischen Dreieckshandel, der als Grundlage für die willkürliche Beschaffung einer zum Frondienst gezwungenen Arbeitskraft diente, mit all den Schrecken, deren Relikte der Rassismus und die Ausbeutung der Arbeiter sind. Die Geschichte lehrt auch, dass die Kirchen Jahrhunderte hindurch die ideologische Basis des Kapitalismus waren, wie es z. B. Philippe Simonnot, Dr. der Wirtschaftswissenschaften, bezeugt, der einen Teil seines Werkes den Beziehungen zwischen Ökonomie und Religion mit Werken wie „Die Päpste, die Kirche und das Geld, Wirtschaftsgeschichte des Christentums von den Anfangen bis heute.“ (Edition Bayard) „Homo sportivus, Kapitalismus, Sport und Religion“ (Edition Gallimard), „Der Gottesmarkt, Ökonomie des Judentums, des Christentums und des Islam.“ widmete.

Die weitverbreiteten Massenbewegungen bewirken, dass die Welt von einer gegen den Rassismus gerichteten philosophischen und kulturellen Revolution bewegt wird. Die Parolen von der Art „alle Leben zählen“, „die Leben der Aborigines zählen“ (und nicht nur die in Australien und Papua-Neuguinea, sondern auch andere, die in den Wäldern des Amazonas leben), „die Leben der Palästinenser zählen“, deuten die Gemeinsamkeit der Menschen als eine Spezies an. Die Diskussionen über die Symbole (des Kolonialismus, d. Übers.) befasst sich mit den Kriterien, nach denen im Voraus über die Errichtung von Statuen und Monumenten als Vorbilder zu entscheiden ist. Muss man sich für die die Großtaten für den Maximalprofit oder für einen Beitrag zum Fortschritt der Menschlichkeit interessieren? Die fortschrittliche Ethik erhebt sich mit den materiellen Bedingungen, die in den großen kapitalistischen Ländern wie der USA heranreifen, unvermeidlich zum vollständigen Humanismus. Insgesamt zeigen die Diskussionen, welche die Massen auf den Straßen, die Bürgermeister, Minister und Präsidenten der Republiken und die Abgeordneten umtreiben, die Tiefe dieser philosophischen Revolution, die sicherlich in eine soziale Revolution münden wird, welche die Forderungen im Hinblick auf Unterdrückung, Diskriminierung und die Ungleichheit ansprechen.

(aus La Flamme, Zeitung der Komm. Partei Benins,19.Juni 2020)

Anmerkungen:

1) Cédric Chouviat: 42jähriger Franzose, Vater von 5 Kindern, starb am 4. Jan. 2020, nachdem er von der Polizei am 3. Jan. gewürgt und mit dem Gesicht nach unten am Boden fixiert wurde, im Krankenheus.

2) Pascal Blanchard: frz. Historiker, Spezialist für das französische Kolonialimperium

3) Joaquim Alberto Chissano: Präsident der Republik Mozambique von 1986 bis 2005

4) Jean-Marie Bayol (1849-1905): Gouverneur der französischen Kolonie Guinea, später Senator der „demokratischen Linken“

5) El Hadj Omar (1794-1864): Gründer eines muslimischen Staates der „Peul“ auf dem heutigen Territorium Senegals („Empire Toucouleur“). Der Einfluss der von ihm gegründeten Muslimbruderschaft dehnte sich auch auf Niger und Mali aus.

6) Faidherbe, Colbert, Jules Ferry: Louis Faidherbe (1818-1880) – Gouverneur des Senegal; Jean-Baptiste Colbert (1619-1683) – von 1665 bis 1683 Staatssekretär des königlichen Hauses unter Ludwig XIV. und Marineminister, trieb die Kolonialpolitik Frankreichs entscheidend voran; Jules Ferry(1832-1893) – Präsident des frz. Ministerrats von 1880-1881 und 1883-1885, setzte sich stark für die koloniale Expansion Frankreichs ein.