Auf der Vorstellung beruhend, dass die ganze Erde einen einzigen, ausgedehnten Markt bilde, der frei von jedem Hindernis für die Konkurrenz wäre, hat die „Globalisierung“, die sich in den letzten Jahrzehnten des XX. Jahrhunderts beschleunigt hat, den weltweiten Austausch in Schwung gebracht. In den am meisten entwickelten imperialistischen Ländern haben die Monopole die Standortverlagerungen mit einem zweifachen Ziel vorangetrieben: Der Suche nach den niedrigsten Kosten der Arbeitskraft und den für den Profit günstigsten allgemeinen Bedingungen, aber auch nach günstigen Bedingungen für das Eindringen in potentiell neue Märkte.
Der Dominoeffekt der gegenseitigen Abhängigkeit
Die südostasiatischen Länder sind „Fabriken der Welt“ geworden. In den Vereinigten Staaten und in Europa schlossen die Textil-, die Schuh- und andere Fabriken und die Produktion wurde nach China, Indien, Pakistan oder Bangladesch… verlagert. Dort wurden Tausende Arbeitsplätze geschaffen, um in enormer Zahl Produkte des Massenkonsums herzustellen, die unter schrecklichen Ausbeutungsbedingungen (Niedriglöhne, unglaubliche Arbeitszeiten, manchmal Kinderarbeit) produziert und zu niedrigen Preisen verkauft werden. Die entwickelten kapitalistischen Länder haben sich ihrerseits auf Montage, Konditionierung, Etikettierung… konzentriert und auf die Produktion von hochwertigen Produkten, was einem Tourismus neuen Typs Vorschub geleistet hat: dem der Neureichen der aufstrebenden Länder, die kommen, um in den Luxusboutiquen der westlichen Hauptstädte shoppen zu gehen. Diese ins Extrem gesteigerte weltweite Spaltung hat sich auf alle Sparten ausgedehnt: Textil und Bekleidung, aber auch Produktion von elektronischen Geräten, Automobilbau, Maschinen und Ausrüstungen, Möbel… und Medikamente! Die Provinz Hubei ist eine neuralgisches Weltzentrum, besonders für die Automobil-, Halbleiter- und Glasfaserindustrie… Im Automobilsektor hatte der Stopp der Produktion eine starke Auswirkung auf die Produktionslinien der Autobauer weltweit… Die französischen Autobauer waren besonders betroffen von der Quarantäne der chinesischen Arbeiter der Zulieferer Faurecia und Valéo. Die französischen Renault-Werke waren auch vom Stillstand bedroht wegen des Ausbleibens notwendiger Elektronik-Zulieferteile, die von dem Zulieferer MTA in Codogno in der Lombardei, dem europäischen Epizentrum der von Wuhan ausgegangenen Pandemie, hergestellt werden. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaftstätigkeit der imperialistischen Metropolen mit der kaskadenartigen Wirkung des Produktionsstopps in diesen beiden Bereichen, wurden durch die Organisierung der Produktion im „Just-in-time“-Verfahren1) noch erhöht.
Zu den kaskadenartigen Auswirkungen zählt auch die Frage der Energie und der Rohstoffe, Folge des Produktionsrückgangs in China. Der Zusammenbruch des Ölpreises und bestimmter Rohstoffe wirkte sich unmittelbar auf die Ökonomien der wichtigsten Produktionsländer aus, in Nordafrika, im Nahen Osten, Russland, Lateinamerika…
Die Rezession, die die gesamte Weltwirtschaft erfasst, wird noch vergrößert durch die Tatsache, dass die Lieferländer, von denen die Wirtschaften der imperialistischen Länder abhängig sind, gleichzeitig Kunden sind. Indem Airbus sein Montagewerk für den A3202) in Tianjin baut, setzt es nicht nur auf die Produktionskosten, die zweifellos niedriger sind als in Toulouse oder Hamburg; eine der Bedingungen und Gegenleistungen für den riesigen Auftrag von fast 32 Milliarden € (290 A320 und 10 A350) war, dass Macron persönlich mit Xi Jinping diesen Vertrag im März 2019 ausgehandelt hat…
Das macht die protektionistischen Bestrebungen der Monopole und Staaten und ihr Trachten, ihre Autonomie bei der Beschaffung bestimmter, als strategisch betrachteter Handelswaren, zu stärken, sehr problematisch.
Frankreich ist besonders von der Krise in Wuhan betroffen
Die PSA-Gruppe (Peugeot und andere), die 5 Produktionsstätten in Partnerschaft mit den chinesischen Konzernen Dongfeng und Changan in China hat, ist dort seit 1992 angesiedelt. Renault, das ebenfalls eine Partnerschaft mit Dongfeng geknüpft hat, ist 2016 dorthin gefolgt. Valeo ist auch dort präsent. Das ist bei etwa zehn anderen Firmen der Fall, darunter Schneider Elektrik…, Alstom…, Eurocopter (jetzt Airbus-Helikopter), Keolis… Seine geographische Lage, die aus Wuhan eine logistische Drehscheibe in China macht, macht es auch zum Ausgangspunkt der „neuen Seidenstraße“, besonders mit einer Eisenbahnlinie für Güterverkehr von 11.300 km Länge, die China mit Lyon verbindet.
Die wachsende Bedeutung Chinas in der Weltwirtschaft
Die Landkarte der Verbreitung des Virus deckt sich mit der der Handelsbeziehungen zwischen China und seinen Partnern und Rivalen. Im Bericht über die internationale Lage auf dem 9. Parteitag unserer Partei schreiben wir bezüglich der Infrastruktur, die es aufbaut, um seine Waren zu vertreiben: „Die Zielsetzung dieser „Straßen“ ist es, die Landverbindung nach Europa zu gewährleisten, um eine eventuelle Blockade Chinas durch die US-Marine zu umgehen. Gleichzeitig baut China eine maritime Flotte auf, zivil aber auch militärisch, und kauft verschiedene Häfen, darunter Piräus in Griechenland, die Eintrittspforte nach Europa […] Als die Regierung Chinas diesen weitreichenden Plan angekündigt hat, gingen die Reaktionen der anderen imperialistischen Mächte von offener Feindschaft bis zum deutlichen Interesse, sich daran zu beteiligen.“ In unserem Bericht, den wir unter dem Titel „Für einen revolutionären Bruch mit dem System“ veröffentlichten, analysierten wir das Erstarken dieses Landes, seiner Stärken und Schwächen und die Spannungen, die dies hervorruft: „China ist eine große imperialistische Macht. Es hat alle Merkmale davon: riesige Monopole auf allen wirtschaftlichen Gebieten, die mit ihren Konkurrenten in Wettstreit treten können und die sich auf einen Staat, der sie unterstützt, stützen können; eine Schwerindustrie, die in großen Mengen Stahl produziert (38% der Weltproduktion) und Zement (50% der Weltproduktion); eine Autoindustrie in rascher Entwicklung mit bedeutenden Investitionen in den Segmenten wie Elektro- und Hybridwagen; eine Industrie für Produkte des Massenkonsums, die den Weltmarkt überfluten; Kapitalanhäufung, die aus Handelsüberschüssen erzielt wurden, welche China in große Entwicklungsprojekte in der Infrastruktur und auf internationaler Ebene investiert.“
Die Erstarkung dieser „imperialistischen Macht, die nichts sozialistisches an sich hat, aber sich betrügerisch darauf beruft“, hat die Widersprüche mit dem amerikanischen Imperialismus, deren Hegemonie sie bedroht, zugespitzt.
Die Pandemie macht die Brüchigkeit einer Weltwirtschaft deutlich, die unvermeidlich gegenseitig immer abhängiger wird, und ihre Zerbrechlichkeit, die durch die liberale „Globalisierung der letzten Jahrzehnte vervielfacht wurde. Sie hat auch die wachsende Bedeutung des chinesischen Imperialismus sowie die Verschärfung der zwischen-imperialistischen Widersprüche aufgezeigt.
Alle Länder gehen daraus geschwächt hervor. Der „Neuanfang“ wird die Ungleichheiten noch vertiefen und die Spannungen verschärfen.
Anmerkungen:
1) Das „Just-in-time“-Verfahren, das durch die Entwicklung der Transportmittel, der Digitalisierung und der Liberalisierung des Warenaustauschs möglich wurde, zielt darauf ab, die Umlaufzeit des Kapitals zu verkürzen und einen aus den Produzenten gepressten höheren Mehrwert zu erzielen.
2) Diese Fabrik, deren Produktion von der Epidemie betroffen war, sollte dennoch die Innenausstattung ausführen und 2021 gemäß BMF-Business zum Auslieferungszentrum für die Kunden des Großraumflugzeugs A350 werden.
(Übersetzung aus „La Forge“ Mai 2020, Zeitung der PCOF, leicht gekürzt)