1.Mai 2020: Bundesweiter Kampftag der Arbeiterklasse!


Foto: Berlin – Nein zum 12-Stunden-Tag und zur 60-Stunden-Woche!

Aus vielen Städten haben uns Berichte und Fotos von Kundgebungen und Demonstrationen zum 1.Mai erreicht. Die Kolleg/innen haben sich den 1.Mai nicht wegnehmen lassen, sondern gerade angesichts der Krise ihre Forderungen auf die Straße gemacht. Das ist ein ermutigendes Zeichen angesichts der massiven Angriffe des Kapitals auf die Arbeiterklasse. Sie wollen die Lasten der Krise auf die Arbeiter/innen und unteren Angestellten abwälzen. Doch schon jetzt formiert sich der Widerstand dagegen. Zudem hat die Corona-Krise viele Schwachpunkte des Kapitalismus offen gezeigt. Daher werden auch wieder grundlegende Forderungen nach Vergesellschaftung und einer anderenGesellschaft, dem Sozialismus, gestellt.

Jetzt mit Video der Rede in Hamburg- siehe unten.

Frankfurt


Frankfurt: Parole am DGB-Haus

Symbolträchtiger konnte der Versammlungsort für den Ersten Mai in Frankfurter kaum gewählt sein: Vor der Paulskirche, Tagungsort der ersten demokratischen Nationalversammlung, fanden sich etwa 150, vorwiegend junge Menschen ein, um ihr demokratisches Recht auf Versammlung und politische Demonstration in Anspruch zu nehmen. In Zeiten, da eine Pandemie zum Vorwand genommen wird, die demokratische Freiheitsrechte massiv zu beschneiden, war das keine Selbstverständlichkeit! Und besonders nicht in Frankfurt, wo vor vier Wochen eine nach allen seuchenhygienischen Standards durchgeführte Versammlung der Seebrücke durch die Polizei mit brutaler Gewalt aufgelöst wurde.

Aber nicht nur unsere Freiheit wird beschränkt. Auch unsere Rechte am Arbeitsplatz werden eingeschränkt. Davon berichteten alle Rednerinnen und Redner, wie tief sich dieser Verlust von Rechten für die Werktätigen auswirkt. Der 12-Stundentag, die 60-Stunden-Woche, die Unsicherheit am Arbeitsplatz nicht alleine der Hygiene wegen, sprach aus allen Redebeiträgen.


Und galten in der vorigen Krise die Banken als systemrelevant, sind es heute die Werktätigen im Einzelhandel und im Gesundheitswesen. Doch haben Kassiererinnen und Krankenpfleger Milliarden geschenkt bekommen? Nein! Sie dürfen jetzt 12-Stunden-Schichten schruppen. Das Geld wandert wieder in die Taschen des Kapitals, damit auch in der Krise die Ausschüttungen an die Aktionäre stimmen. Und auch die Manager müssen ja noch ihre Prämien und Gratifikationen für ihre Erfolge bekommen; hier gelten Arbeitsverträge dann plötzlich wieder aufs Wort.

Ein Redner der Linke.SDS ging besonders auf die Situation der Studierenden in der Universitätsstadt Frankfurt ein. Viele haben in der Krise ihre Jobs verloren und haben auch keine Gewissheit, dass sie nach dem Lock-down schnell wieder Arbeit finden können. Ebenso wenig wie Gesundheit darf Ausbildung und Studium eine Frage des Wohlstands sein.

Die Versammlung wurde von einem Bündnis aus DIDF-Jugend, SDAJ, Die Linke.SDS und DKP durchgeführt und hatte dadurch ein junges Gesicht. Es ist eine Freude zu sehen, dass sich junge Gewerkschaftlerinnen und Gewerkschafter nicht gleich den Funktionären im Kotau vor dem Kapital niederwerfen wollen und sich stattdessen für ihre Interessen einsetzen.

München


Demonstration in München

Wie in der ganzen Bundesrepublik hat der DGB in vorauseilendem Gehorsam „wegen Corona“ auch in München die 1. Mai-Demonstration abgesagt. Fortschrittliche und revolutionäre Kräfte in der Arbeiterbewegung ließen sich das nicht gefallen und bildeten ein breites Bündnis zur Durchsetzung einer 1. Mai-Demonstration mit Auftaktkundgebung vor dem DGB-Haus in der Schwanthaler Straße und Schlusskundgebung am Marienplatz.

Nach einigem Hin und Her mit der städtischen Genehmigungsbehörde (die Stadt München hat einen SPD-Oberbürgermeister und eine SPD/Grüne-Mehrheit im Stadtrat) wurde schließlich die Auftakt- und die Schlusskundgebung genehmigt. Das Verbot der Demonstration wurde dann kurzfristig durch einen Gerichtsentscheid gekippt. Das nur mal dazu, was von solchen „staatlichen“ Verboten zu halten ist. Die Polizei hielt sich – was in München nicht so selbstverständlich ist – zurück.

Die Demonstration wirkte aufgrund der Abstandsregelung und weil in Zweierreihen marschiert wurde, sehr lang. Meine Schätzung, die von einem Ordner geteilt wurde, liegt bei mindestens 500 Personen. Viel mehr waren es, als die Maidemos noch vom DGB ausgerichtet wurden, auch nicht. Das bestätigte auch eine Mit-Demonstrantin, die meinte, ohne die „Linken“ hätte der DGB in den letzten Jahren sowieso keine Demonstration am 1.Mai auf die Beine gebracht.

Der Demonstrationszug bildete ein ziemlich geschlossenes Bild. Die linken „Blöcke“, die früher immer recht deutlich zu sehen waren, fielen nicht mehr so ins Auge.

Eine maßgebliche Rolle bei der Durchsetzung der Maidemonstration, bei der Organisierung und auch innerhalb der Demo spielte der „Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD“, der in München auch in Betrieben verankert ist. Eine offensichtliche Neugründung des Arbeiterbundes ist die “Revolutionäre Front München“, die ein eigenes Flugblatt unter dem Titel „Der 1. Mai, der IGM-Abschluss und die Revolutionäre Front“ verteilte. Als Herausgeber des Flugblatts werden genannt „Kolleginnen und Kollegen aus Münchner Betrieben und Dienststellen, die zusammenarbeiten, um über Organisationsgrenzen hinweg unsere Revolutionäre Front zu formieren“. Hört sich gut an, wenn das mit „über Organisationsgrenzen hinweg“ wirklich stimmt.

Auch bei der Schlusskundgebung am Marienplatz trat die Revolutionäre Front in Erscheinung, und zwar mit der Verlesung einer Grußadresse an die streikenden Arbeiter bei Voith (Sonthofen) – über die geplanten Entlassungen bei Voith haben wir in A Z bereits berichtet (https://www.arbeit-zukunft.de/2020/04/22/urabstimmung-und-unbefristeter-streik-bei-voith-in-sonthofen/#more-6855).

Weil ich keine 1.Mai-Flugblätter dabei hatte, verteilte ich kostenlos ältere Nummern von A Z an Demoteilnehmer. Die Zeitungen waren im Nu weg.

S.N.

Wiesbaden


Die 1. Mai-Kundgebung in Wiesbaden

In Wiesbaden durfte unter erheblichen Einschränkungen eine Kundgebung zum Ersten Mai stattfinden. Ausgegrenzt hinter Flatterband, vermummt, auf Distanz und als zusätzliche Auflage mussten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in eine Anwesenheitsliste eintragen, dass im Falle der Infektion eines Teilnehmenden der Rest auch in Quarantäne geschickt werden kann.

Die Stimmung der etwa 80 Menschen, die sich unter diesen Bedingungen eingefunden haben, entsprach ein wenig dem nasskalten Wetter. Auch gab es auf dem Dern’sche Gelände in der Wiesbadener Innenstadt kaum Passanten, so dass letztlich die Kundgebung im Wesentlichen für die Anwesenden stattfand.

In den Reden wurden deutliche Worte zu den Maßnahmen von Regierung und Kapital gefunden. Wo wir um Arbeit, Einkommen und Existenz bangen müssen, können dem Kapital nicht Milliardengeschenke aus dem Steuersäckel gemacht werden. Diese Krise macht uns arm und die Reichen reicher.

Auch wurde darauf hingewiesen, dass es nicht sein kann, Milliarden in die Rüstung zu stecken, während das Gesundheitswesen heute nur mit Glück und dank des Engagements der Werktätigen an einer Katastrophe vorbeischrammt. Denn gerade hier braucht es nicht Sonntagsreden und Applaus, sondern menschengerechte Arbeitsbedingungen und ordentliche Löhne.

Mainz


Mainz: Die Reichen sollen die Krise bezahlen! Nicht die Arbeiter und Angestellten!

In Mainz wurden von der „Ordnungs“behörde nur 15 Teilnehmer für die 1.Mai-Kundgebung erlaubt. Tatsächlich kamen 60 Kolleg/innen. Zu sehen waren Forderungen nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Die Probleme der Arbeiterklasse standen auf der Tagesordnung.

Verschiedene Redner, darunter ein Vertrauensmann aus den Uni Kliniken Mainz, zeigten Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Pandemie aus, die in den hochentwickelten reichen Staaten auf kaputt gesparte Gesundheitswesen, oder besser gesagt: Gesundheitswirtschaften traf. Sie erinnerten daran, wie die derzeit gelobten „Held*innen“ schlecht entlohnt werden, unter oft miesen Bedingungen arbeiten, so dass alleine 120.000 Pflegekräfte ihrem Beruf den Rücken gekehrt haben.

Immer wieder wurde gefordert, dass die Reichen für die Krise zahlen, nicht die Arbeitenden und die Rentner. Es wurde auch die Forderung laut, die unter unmenschlichen Bedingungen in Lagern hausenden Flüchtlinge zu evakuieren.

 

Hamburg

Ein etwas ungewöhnlicher Erster Mai fand dieses Jahr auch in Hamburg statt. Am Kampftag der Arbeiterklasse fanden mehrere kleine Aktionen statt, die alle den Umständen entsprechend gut besucht waren.

Morgens trafen sich am Fischmarkt wenige Gewerkschaftsdelegierte, die für die bundesweite Onlineaktion filmten. Die Basis war jedoch in Vorhinein aufgefordert worden, zuhause zu bleiben


Hamburg: Aktion am Jungfernstieg

Richtig los ging es um 10:30 am Jungfernstieg mit einer Kundgebung, zu der ein Bündnis aus unter anderem der DKP, dem Hamburger Forum und dem Bündnis Bildung Ohne Bundeswehr aufgerufen hatte. Es waren zwei Kundgebungen für je 25 Personen angemeldet. Die 50 erwarteten Teilnehmer wurden jedoch überschritten. Vielfältige Redebeiträge wurden gehalten und kämpferische Transparente für Abrüstung, gegen den 12-Stunden Tag und vieles mehr wurden gehisst.

Um 12:00 passierte dann vieles parallel. DIDF Hamburg hielt vor der Asklepios-Klinik in St. Georg mit Unterstützung der Hamburger Krankenhausbewegung eine Kundgebung ab, an der auch viele organisierte Pflegekräfte teilnahmen. Pflegekräfte, darunter eine Betriebsratsvorsitzende aus einem großen Hamburger Krankenhaus, berichteten in ihren Redebeiträgen von den schlechten Bedingungen in den Krankenhäusern. Rolf Becker kritisierte in seinem Redebeitrag die Gewerkschaftsführung und Deniz Celik (MDHB) sprach von der Abwälzung der derzeitigen Krise auf die Bevölkerung. Mit 60 Teilnehmern wurde auch hier die angemeldete Zahl weit überschritten.


Hamburg-Altona: Der Betriebsratsvorsitzende von Neupack kritisiert die zögerliche Haltung der Gewerkschaftsführung

Ebenfalls um 12:00 sammelten sich bei einer auch von DIDF Hamburg veranstalteten Kundgebung ca. 60 Personen in Altona. Hier war die Stimmung sehr gut, Redebeiträge kamen von Gewerkschaften, dem Linken-Abgeordneten Norbert Hackbusch und auch von Arbeit Zukunft (lest unten die ganze Rede). Es wurden Erfahrungen aus den aktuellen Kämpfen zusammengetragen, beispielsweise sprach der Betriebsratsvorsitzende von Neupack und kritisierte die Gewerkschaftsführung für ihre zurückhaltende Position. Außerdem gab es Musik, viele Passanten gesellten sich spontan dazu.

Der Migrantinnenbund Hamburg startete um 12:00 Uhr ein Autokorso, das mit einer Kundgebung eröffnet wurde. Danach fuhren ca. 70 Personen in Autos um die Alster, hupten und hielten Schilder und Transparente aus den Fenstern.

Zeitgleich fand an der Feldstraße eine Demonstration statt, die von verschiedenen antiimperialistischen Gruppen veranstaltet wurde. Auch aufgrund der zu hohen Teilnehmerzahl von etwa hundert Leuten konnte der Zug sich jedoch wie erwartet nicht in Bewegung setzen, die Versammlung wurde somit beendet.

Zwischen 12:00 und 13:00 sammelten sich in Hamburg-Harburg die Teilnehmer für mehrere vom Hamburger Bündnis gegen Rechts organisierte Mahnwachen. Eigentlich hatten die Partei „Die Rechte“ und die NPD zu einer Kundgebung in Harburg aufgerufen, die jedoch verboten wurde. Die Mahnwache fand trotzdem statt. In ganz Harburg gingen somit mehrere hundert Menschen gegen die Nazis auf die Straße. Die Mahnwachen dauerten mehrere Stunden an, auch im Vorfeld war der Protest gegen die Nazis die Aktion gewesen, für die am breitesten und konstantesten mobilisiert wurde. (Siehe dazu unseren Bericht: https://www.arbeit-zukunft.de/2020/04/26/der-1-mai-ist-und-bleibt-kampftag-der-arbeiterklasse/#more-6862)

Abends fanden sich dann noch Teilnehmer zu einer Demonstration auf der Reeperbahn zusammen, die jedoch nicht genehmigt worden war. Die Polizei löste die vom Roten Aufbau Hamburg veranstaltete Versammlung somit schnell auf, und die Teilnehmer strömten in Grüppchen durch St. Pauli ins Schanzenviertel, wo es zu weiteren Auseinandersetzungen mit der Polizei kam.

Über den Tag verteilt fanden noch mehrere kleine Kundgebungen statt, beispielsweise veranstaltete der Internationale Jugendverein Hamburg kleinere Transparentaktionen am Nachmittag.

Alles in Allem gab es am Ersten Mai in Hamburg trotz der frühen Absage des DGB vielfältigen und breiten Protest. Viele organisierte Arbeiter und Arbeiterinnen ließen sich ihren Kampftag trotz der Mahnung der Gewerkschaften nicht nehmen und auch den Nazis wurde ein deutliches Signal gegeben, dass sie in Hamburg nicht willkommen sind.

Redebeitrag Hamburg (Hier als Video IMG_2080 (2):

Moin zusammen,

ich bin Hanna von Arbeit Zukunft, der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands.

Heute ist der 1. Mai, der internationale Kampftag der Arbeiterklasse. Und trotz all den Angriffen auf die Versammlungsfreiheit, lassen wir es uns nicht nehmen, für unsere Forderungen auf die Straße zu gehen. Denn das Kapital versucht, die aktuelle Krise auf uns Arbeiter und Jugendliche abzuwälzen.

Die Bundesregierung schenkt den Konzernen Hunderte Milliarden von unseren Steuergeldern. Sie weitet die Kurzarbeit aus. Seit Jahren versucht sie, die Arbeitszeit auf 12 Stunden zu erhöhen und jetzt, in der Pandemie nutzen sie die Gelegenheit. Wir sollen für die Krise bezahlen.

Wir sehen: Es findet Klassenkampf statt. Und das Kapital greift uns so stark an wie seit langem nicht mehr! Es nutzt die allgemeine Angst und Isolation aus, um uns hinterrücks das Geld aus den Taschen zu ziehen. Gleichzeitig versuchen sie, uns zu verbieten, öffentlich aktiv zu werden. Sie versuchen, uns unten zu halten, indem sie das Grundrecht auf Versammlung einschränken. Aber den ersten Mai lassen wir uns nicht nehmen.

Besonders jetzt: Am Ersten Mai 1886 gingen Arbeiter in den USA auf die Straßen, um gegen den 12 Stunden Tag zu streiken. 130 Jahre später müssen wir für diese Forderung immer noch kämpfen. Ist das der Dank, den die Regierung immer wieder für die systemrelevanten Arbeitskräfte ausspricht? 12 Stunden Tag? 60 Stunden Woche? Nein! Mehr Personal! Höhere Löhne! Das müssen unsere Antworten sein.

Diese Krise wäre zu bewältigen, würde nicht seit Jahren im Gesundheitssystem gespart werden! In den letzten Jahren wurden immer mehr Krankenhäuser geschlossen, weil sie nicht genug Profit erwirtschaften. Das Kapital versucht, Gesundheit zu einer Ware zu machen und an unseren Krankheiten zu verdienen! Das darf nicht so weitergehen!

Wir stehen mitten in einer Krise, wie wir es schon so oft getan haben: Immobilienkrise, Ölkrise, Coronakrise. Wir wissen, Krise bleibt Krise, es sind alles Krisen des Kapitalismus und die Folgen für uns bleiben die gleichen – mit tausenden von Pleiten, Millionen Arbeitslosen und Kurzarbeitern.

BMW hat allein im März für 20.000 Beschäftigte Kurzarbeitergeld beantragt, gleichzeitig wollen sie auf der Hauptversammlung 1,6 Milliarden Euro an Aktionäre ausschütten. In der Automobilbranche werden seit Jahren Arbeitsplätze abgebaut, Corona kommt den Aktionären nur gelegen! Das Geld ist da, nur nicht für uns! Das ist kein verantwortungsvoller Umgang, das ist eine Umverteilung, und zwar von unten nach oben! Denn während des angeblichen „Shut-Downs“ wird weiter an den Finanzmärkten gebuhlt, ganze Volkswirtschaften stehen auf dem Spiel!

Wir sehen deutlich, dieses System kann niemals die Lösungen für die Probleme bieten, die es selber verursacht. Im Kapitalismus werden wir niemals bekommen, was uns zusteht! Wir müssen es uns selbst holen! Niemand wird uns retten, wenn wir uns nicht selbst vom Kapitalismus befreien! Und darum gehen wir heute auf die Straße, am Ersten Mai! An unserem Kampftag! Für unsere Zukunft! Trotz alledem!

Stuttgart


Stuttgart: Vor dem Haupttor bei Daimler in Untertürkheim hängt ein 1.Mai-Plakat

Schon vor dem 1.Mai hatten wir Plakate bei Daimler in Stuttgart-Untertürkheim und in Sindelfingen aufgehängt. Sie begrüßten die Kolleg/innen, die gerade um ihre Arbeitsplätze kämpfen müssen, auf ihrem Weg zur Arbeit.

Ebenso hatten wir uns langfristig in mehreren Telefonkonferenzen darum bemüht, ein gemeinsames Auftreten aller fortschrittlicher und klassenkämpferischer Kräfte in Stuttgart zu erreichen. Zum Schaden der Arbeiterklasse gibt es in Stuttgart seit über einem Jahr einen immer heftiger werdenden Konflikt zwischen verschiedenen Gruppen aus dem Lilo-Herrmann-Zentrum auf der einen Seite und der MLPD und ihrem Umfeld auf der anderen Seite. Beide Seiten fachen das Feuer immer weiter an. So kam es bei einer Aktion für Flüchtlinge und auch anderen Gelegenheiten zu körperlichen Auseinandersetzungen. Die bürgerliche Presse hat sich mit Freude auf solche Vorfälle gestürzt. In unserer Initiative zum 1.Mai hatten wir betont, dass der 1.Mai der Arbeiterklasse gehört und nicht diesen Gruppen. Wir schlugen vor, dass Vertreter der Betriebe vorne stehen und das Sagen haben sollten. Wir wollten weg von den eingefahrenen Ritualen der DGB-Kundgebungen. Wir betonten, dass in der aktuellen Lage eine einmalige Chance bestünde, zu zeigen, dass wir es besser können. Unser Feind sei nicht eine andere Organisation, sondern das Kapital. Doch die zwei Seiten ließen sich nicht bremsen, führten ihre Auseinandersetzung auf dem Rücken des Kampftages der Arbeiterklasse. So wurde ein breites Bündnis verhindert. Die Organisationen um das Lilo-Herrmann-Zentrum machten ihre übliche revolutionäre 1.Mai-Demo und die MLPD ebenfalls ihre eigene Aktion.


Aktion gegen die Sklavenarbeit auf der S21-Baustelle

In dieser Lage entschieden wir uns, zwei gewerkschaftliche Aktionen am 1.Mai zu unterstützen. Um 10 Uhr gab es eine Kundgebung auf der Stuttgart21-Baustelle. Dort sind viele türkische Bauarbeiter an Corona erkrankt und alle in Quarantäne. Sie leben wie Arbeitssklaven in engen Containern ohne ausreichende sanitäre Anlagen. Gesundheitsschutz gibt es nicht. Der türkische Subunternehmer zahlt ihnen effektiv 7 Euro die Stunde, hält sie wie Gefangene und bedroht sie mit hohen Vertragsstrafen. Die Verträge, die die Kollegen in der Türkei unterschrieben haben, um für einige Zeit in Deutschland arbeiten zu „dürfen“, liegen bei dem Ausbeuter, sodass die Kollegen sich nicht juristisch wehren können. Bis zur Quarantäne mussten sie an sieben Tagen 12 Stunden täglich schuften. Die Deutsche Bahn als Auftraggeber und der Staat als „Kontrollbehörde“ kümmern sich um nichts. Die Solidaritätsaktion war sehr gut und erfolgreich. Rund 200 Kolleg/innen waren dort. In kurzen Reden wurde die Lage der Bauarbeiter dargestellt und gefordert, dass mit diesen Sklavenhaltermethoden endlich Schluss gemacht wird. Im Übrigen waren bei der Aktion sowohl Genoss/innen aus dem Umfeld des Lilo-Herrmann-Haus als auch aus dem Umfeld der MLPD da, ohne dass es zu körperlichen Auseinandersetzungen kam. Das war auch bei den beiden folgenden Aktionen so. Vielleicht hatten die eindringlichen Worte mehrerer Organisationen wie Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften, DIDF, DKP und von uns, den 1.Mai nicht für diese Konflikte zu missbrauchen, eine erste kleine Wirkung. Wir hoffen auf weitere Besserung.


verdi-Aktion vor dem Katharinenhospital Stuttgart

Anschließend gab es um 11 Uhr eine Kundgebung von verdi vor dem Katharinenhospital, dem größten Krankenhaus Stuttgarts. Mehrere hundert Kolleg/innen kamen. Auch Vertreter des Stuttgarter DGB-Vorstandes waren anwesend. Die immer stärkere Ausrichtung des Gesundheitswesens auf Profit wurde angeprangert. Es wurde Schluss mit der Privatisierung und eine Vergesellschaftung des Gesundheitswesens gefordert.


Wir waren gut sichtbar vertreten

Danach gab es um 12 Uhr auf dem Marktplatz eine Kundgebung mit einigen hundert Teilnehmern von einem Bündnis um das Lilo-Herrmann-Zentrum. Wir haben uns nicht an diesem Bündnis beteiligt, da es eine Spaltung der fortschrittlichen Kräfte in Stuttgart bedeutet. Wir waren bei der Kundgebung, um zu zeigen, dass wir keine Feindschaften hegen, sondern für Solidarität und gemeinsamen Kampf stehen.

Um 16 Uhr machte dann die MLPD mit einem Bündnis auf dem Schlossplatz eine Kundgebung mit mehreren hundert Teilnehmern.Mit einem kurzen Demonstrationszug ging es von da zum nahen Rathausplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Auch dieses Bündnis haben wir nicht unterstützt, waren aber bei der Kundgebung anwesend, um auch hier zu zeigen, dass wir ein Denken in Feindschaften ablehnen. Unser Feind ist das Kapital!

Insgesamt war der 1.Mai für uns trotz dieser schlimmen Umstände ein Erfolg. Wir hatten viele gute Gespräche, interessante Kontakte und erhielten für „Arbeit Zukunft“ und Spenden über 30 Euro. Auch unsere Plakate waren gut sichtbar. Und viele Teilnehmer/innen unterstützten unsere Haltung zum 1.Mai.

Krefeld


Vor dem 1.Mai klebten in Krefeld einige Plakate von Arbeit Zukunft

Auch in Krefeld gab es unter dem Motto „Trotz alledem! – Hinaus zum 1.Mai!“ eine Kundgebung, an der mehr ArbeiterInnen als erwartet teilgenommen haben. Anfangs hatten nur 5 dann aber bis zu 25 Gewerkschaftsmitglieder verschiedener Einzelgewerkschaften den Aufruf unterstützt. Ursprünglich wollten GewerkschafterInnen eine 1.Mai Kundgebung mit anschließender Demonstration zum nahe gelegenen Helios Klinikum durchführen. Von der Polizei und der Stadt wurde aber im Vorfeld nur eine Kundgebung unter Sicherheitsauflagen bis zu einer Teilnahme von maximal 50 Personen genehmigt. Teilgenommen haben aber bis zu 100 Personen. Das wertete das Organisationskomitee als vollen Erfolg.


Krefeld: 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich!

Neben der Teilnahme von Betriebsräten und Gewerkschaftsmitgliedern war die Breite an Organisationen und Parteien vielfältig, wie z.B. Seebrücke, Friedensbündnis, DKP, MLPD, Die Linke und DIDF waren stark vertreten. Bei den verschiedenen Forderungen wie z.B. Arbeitszeitverkürzung auf die 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich waren sich viele TeilnehmerInnen einig. Im Vorfeld der 1.Mai Kundgebung wurden auch Plakate von Arbeit-Zukunft an verschiedenen Stellen der Stadt angebracht.

Arbeit-Zukunft/Krefeld

Köln


Eine gute Frage in Köln

In Köln gab es mehrere Aktionen, unter anderem eine Kundgebung am Heumarkt, die von DIDF organisiert wurde. Erlaubt waren 25 Teilnehmer. Es kamen bis zu 100, ein Erfolg. Die Forderung nach der 30-Stunden-Woche wurde erhoben. Der 1.Mai lässt sich eben nicht absagen oder verbieten!

 

Recklinghausen

Vorspiel: Wegen Corona drohte in diesem Jahr der 1. Mai in Recklinghausen nur als Kalendertag stattzufinden: Die Ruhrfestspiele wurden abgesagt, die Kundgebung und Demonstration der Arbeiter usw. Dagegen wurde unter Mitwirkung von Genossen versucht, ein breites Bündnis von möglichst vielen Organisationen und Einzelpersonen zusammenzubringen und – alle Auflagen befolgend – an diesem Tag einen “Spaziergang” von möglichst vielen Zweiergruppen zu organisieren. Schon mit 30-40 Teilnehmern hätten eine Kette von mindestens 50 Metern Länge hinbekommen – jede(r) der TeilnehmerInnen mit einem Schild ausgerüstet mit einer kurzen, gut lesbaren Aussage oder Frage zu einem die Menschen betreffenden Probleme in der Corona-Krise: Gesundheit, finanzielle Lage, drohende Arbeitslosigkeit, Pleiten kleiner Geschäfte, Rassismus, Umwelt. Angesprochen wurden bzw. sollten werden auch Gruppen wie Pax Christi, amnesty international u.a. Dazu wurde kurzfristig in einem Garten zu einem Vorbereitungstreffen mit höchstens 4 Personen eingeladen. An diesem Treffen nahmen dann ein Genosse von uns, ein Genosse der MLPD, ein jüngerer Genosse der Montags-Demos und ein parteilich Unorganisierter teil. Sie beschlossen nach konstruktiver und solidarischer Diskussion, für den 1. Mai einen “Spaziergang” durch ein Arbeiterviertel zu beantragen in Form der oben angedeuteten “Perlenkette”. So weit, so gut – alle 4 Teilnehmer gingen ermutigt nach hause. Doch dann ging alles schief – es gab organisatorische und kommunikative Fehler und Schwierigkeiten, die hier aber nicht näher erläutert werden sollen. Das Ergebnis: der “Spaziergang” wurde nicht genehmigt – statt dessen eine Kundgebung auf dem Rathausplatz und eine Demo über eine kurze Strecke – insgesamt ein Gebiet, das an diesem Tag fast menschenleer sein würde. Es gelang dann noch, statt dessen die Kundgebung auf dem Busbahnhofsgelände vor dem Hauptbahnhof durchführen zu dürfen – als Organisator wurde allerdings nicht ein breites Bündnis genannt, sondern die Montags-Demonstration. Die Nachricht über die Genehmigung traf bei dem für die Presse verantwortlichen Mitorganisator am Mittwoch gegen 21 Uhr ein. Der informierte dann am nächsten Morgen die Presse mit dem Hinweis, dass der ursprünglich geplante “Spaziergang” aus gesundheitlichen Gründen untersagt worden sei und statt dessen – die Kundgebung vor dem Bahnhof genehmigt sei. Die lokale “Recklinghäuser Zeitung, teilte daraufhin mit, diese Information nicht zu bringen, da sie ja verboten sei… Statt dessen erschien ein Artikel mit unberechtigter Hetze gegen die MLPD. Die hatte allerdings durch die oben angedeuteten Pannen geradezu dazu eingeladen. Ein Ergebnis: Mindestens 5 von uns erfolgreich angesprochene Personen kamen nicht zur Kundgebung.

Na gut, eine vollständige Katastrophe war es nicht. Für die Kundgebung angemeldet waren 50 Personen – es kamen insgesamt allerdings nur etwa 30. Und die kamen auch nicht alle aus Recklinghausen, sondern auch aus den Nachbarstädten Marl, Herten, Datteln, Oer-Erkenschwick – und bis auf 2 Personen hatten die alle etwas gemeinsam: sie kamen alle aus dem Umfeld der MLPD. Wir finden es nicht schlimm, dass die MLPD etwa 30 Leute zu einer Kundgebung organisieren kann, aber schon, dass sie offenbar sonst niemanden auf die Straße bringt. Der Versuch, ein breites Bündnis zu mobilisieren, ist jedenfalls gründlich in die Hose gegangen. Es gab – wie fast immer – das “offene Mikrophon”“, mit dem Jedermann oder Jedefrau hätten reden können (außer Rassisten und Faschisten natürlich), doch von den wenigen Passanten nutzte niemand die Gelegenheit. Die vorbereiteten Redebeiträge waren – soweit wir sie mitbekamen – in Ordnung. Aber das Verhalten sollte doch verändert werden. Wir halten die durch die Corona-Krise verursachten, schon eingetretenen und noch kommenden Folgen für so schwerwiegend, dass uns auch breite Gräben zwischen uns und anderen nicht an einer Zusammenarbeit hindern dürfen. Aber: Die Begriffe “Sekte” und “Sektierertum” haben einen gemeinsamen Wort-Ursprung und durch Sezieren kann man sich nicht zusammentun…

Für uns war das Ganze am Bahnhof recht erfolgreich: zwar war die Mai-Nummer von AZ wegen mit Corona zusammenhängenden Transportschwierigkeiten nicht rechtzeitig eingetroffen, doch wir boten die 3 letzten Nummern von AZ als Werbe-Bündel den wenigen auf einen Bus Wartenden an und mehrere nahmen sie dankend an.

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