Der Kapitalismus – bedrohlicher als „Corona“!


Karikatur von Schwarwel, www.schwarwel-karikatur.com
. Wir bedanken uns beim Künstler für die unentgeltliche Überlassung.

Das schwer kontrollierbare Virus breitet sich schnell, unheimlich, unbemerkt aus. Denn auch symptomfreie Infizierte verbreiten es weiter. Wenn aber die Krankheit ausbricht, ist sie oft dramatisch, ja tödlich. Es hat die schwere Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft ausgelöst.

Ausgelöst? Nein, das Sars Cov2-Virus traf eine schon krisenhafte kapitalistische Wirtschaft, die gerade in die Rezession rutschte, anscheinend unvorbereitet. Die jahrzehntelange Krise der Weltwirtschaft untergrub sie fast bis zum Garaus: ständiges „Gesundschrumpfen“, Zerstörung aller sozialen Rechte und Institutionen, von IWF und Weltbank erzwungene Deregulierung aller sozialen Bereiche weltweit, Ruinierung und Privatisierung in zahlreichen Staaten und deren erpresste Öffnung für die verheerenden Geschäfte des internationalen Kapitals, für rücksichtslose Bodenspekulation, Inbesitznahme der Ressourcen und Rohstoffe, Landraub, Verwüstung der Umwelt.

Nun wird weltweit mit dem so genannten Shut Down reagiert, Grenzen werden geschlossen, ganze Wirtschaftsbereiche, in Indien das ganze Länd, bekommen ihren Betrieb untersagt, Ausgangssperren – die Einzelheiten sind bekannt. Millionen Menschen verlieren ihre Jobs, nach Zahlen vom 23. April 2020 allein in den USA 26 Millionen Kolleginnen und Kollegen. Die Bezeichnung „unvorbereitet“ aber ist eine Beschönigung! Sie vertuscht, was der weltweite Kapitalismus angerichtet hat.

Ein Gesundheitswesen, das diesen Namen verdient, gab und gibt es in vielen Ländern nicht, das Wenige befindet sich meist in privater Hand, Behandlung nur gegen Cash, den Millionen aber nicht haben. Die USA, größte kapitalistische Wirtschaft, lassen Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter ohne Krankenversicherung. Die inkonsequenten, schwachen Reformen unter Obama ließ Trump systematisch wieder schleifen. So tragen zahllose Arbeiterinnen, Arbeiter, Werktätige, in den USA und weltweit die großen Risiken dieser Krise persönlich.

In entwickelteren Ländern wie Deutschland ist das Gesundheitswesen einigermaßen kapitalstark (ja!), hat große Krankenhäuser und Millionen-teure Ausrüstungen, beschäftigt ärztliches, pflegerisches und unterstützendes Personal. Aber es ist der kapitalistischen Kosten-Kalkulation, einem gnadenlosen ökonomischen Terror unterworfen, wieder tragen die Beschäftigten die gravierenden Folgen. Es soll den „Investoren“ Milliardengewinne bringen, keine gesunden Menschen. Das interessiert die nicht! Willfährig organisieren die kapitalistischen Staaten diese „Wirtschaftsbereiche“, egal auf welchem Stand das Land sich befindet.

Deshalb liegen für eine Pandemie lebenswichtige Gesundheitsgüter nicht auf Lager. Das sind für das Kapital unnütze Kosten, seien sie für Menschen, die krank werden oder sich – wie jetzt – schützen müssen, noch so unverzichtbar. Man muss es immer wieder aussprechen: Was in einer Pandemie wie derzeit an Vorbereitung, Lagerhaltung, Qualifikationen nötig ist, wissen die Herrschenden ganz genau: In Berlin seit 2012 spätestens, nachgewiesenermaßen auch in London, aber sicherlich auch anderswo. Aber sie taten und tun nichts! Sie sparen weiter kaputt, sogar – worauf AZ immer wieder hinwies – während dieser Krise.

Das Ergebnis sehen wir. Ausbaden müssen es die arbeitenden Menschen in Produktions- und Handelsbetrieben, in Transport, Logistik und Tourismus, all die Werktätigen in prekären Einzel- oder Kapitalarmen Minibetrieben, deren Kinder und Alte, während sich eine winzige steinreiche Klasse, über gewaltige Finanzmittel frei verfügender Kapitalisten alles Notwendige locker leisten kann, die im Übrigen das Coronavirus auch treffen kann und trifft, wenn auch deutlich schwächer, da sie sich allerbeste Versorgung leisten können.

Eine historisch neue Situation!

Aber nun deutet sich eine historisch neue Situation an. Wir greifen hier bis auf die theoretische Grunderkenntnis von Karl Marx zurück, auf seine Formel für „Kapital“: G – W – G´!

Klartext: Kapital ist Geld (G), das ausgegeben wird um Waren (W) zu erwerben, um diese dann wieder mit Gewinn, Profit (G´) loszuschlagen. Marx wies nach, dass die wichtigste Ware (W), die Kapitalist/innen kaufen können, die Ware Arbeitskraft ist, also Menschen mit Arbeitsvermögen, die er beschäftigen, ausquetschen und ausbeuten kann. Er kauft also die Ware Arbeitskraft sowie Rohstoffe, Maschinen und anderes, um damit Waren zu produzieren. Denn nur im Prozess der Produktion wird durch den Einsatz der Arbeitskraft neuer und höherer Wert geschaffen, nicht durch den Handel. Die von den Arbeitern geschaffenen Produkte sind mehr wert, viel mehr wert als das vorgeschossene, investierte Kapital, und sie gehören den Kapitalisten. Sie können sie – wie oben angedeutet, verkaufen und den Mehrwert einstecken. Und sie treiben diesen Prozess immer weiter, investieren immer neu… Da sie alle das in Konkurrenz zueinander tun, zwingt sie das zu möglichster Kostenkontrolle, Rationalisierung, technischer Neuerung, ständiger Einsparung der menschlichen Arbeitskraft, von der aber der „Mehrwert“ abhängt, den das Kapital so nötig will. Die Folge ist oft Massen-Erwerbslosigkeit. Unauflösbarer Widerspruch im Reich des Kapitals und des Kapitalismus!

Marx wies erst recht nach, dass das desto besser und erfolgreicher geht, je massenhafter, je differenzierter, je komplexer, vernetzter dieser Kapitalumlauf, dieser Kapitalverwertungsprozess läuft. Längst ist alles international aufgeteilt, und diese Abhängigkeit zahlreicher Kapitalist/innen untereinander verschärft heute die Corona-Krise… Marx wies außerdem nach, dass dieser Prozess nicht nur die Klassen der Arbeitenden schafft und vermehrt, sondern sie ausbeutet und in soziale Not zwingt, desto wüster, je brutaler die Regierungen weltweit gegen die arbeitenden Menschen agieren, wo das Kapital zur Anwendung kommt und je schwerer es die arbeitenden Menschen schaffen, sich gegen diese Zumutungen zu organisieren….

Corona“ befällt nicht nur Menschen

Corona“ befällt nicht nur Menschen, Arme und einige wenige Reiche, sondern auch diesen von Marx erkannten Zusammenhang. G -W- G´ gilt übrigens unverändert auch in Zeiten des Monopol-, des Finanzkapitals und des spekulativen Kapitals – wie man gerade aktuell gut erkennen kann.

Wenn Fabriken und große Teile des Handels zwangsgeschlossen werden, entfällt für die Verkäufer-Kapitalisten „G´“, also die Realisierung des Gewinns.

Wo Millionen Menschen nicht mehr arbeiten dürfen bzw. nicht arbeiten können, weil kein Absatz, keine Nachfrage mehr für ihre Produkte besteht oder aber weil sie untereinander nicht das Virus weitergeben sollen, ist W, also die vom Kapital zur Mehrwertschaffung und -realisierung benötigte menschliche Ware nicht mehr bzw. sehr eingeschränkt verfügbar.

Wo keine Geschäfts- oder Touristik-Flüge mehr stattfinden, weil in Zielländern die Grenzen geschlossen sind, kann der Anbieter seine Dienstleistungsware nicht verkaufen, er kann sie so billig machen, wie er will.

Wenn der Flugverkehr einbricht, der sonstige Verkehr immer stärker eingeschränkt wird, finden Milliarden Fass Rohöl keinen Absatz mehr. Es geschieht, was in den letzten Tagen zu beobachten war. Der gesamte Erdölsektor bricht zusammen. Absurder Tiefpunkt: Negative Preise, weil spekulative Käufer das auf Termin georderte Rohöl überhaupt nicht haben wollen, oft keinerlei Lager unterhalten, nun ihre Kontrakte panisch loswerden wollten, weshalb sie noch Geld drauflegten.

Der Kapitalismus eröffnet so einen kurzen Blick auf sein mögliches Ende. Wo sowohl der profitable Verkauf, als auch der Erwerb vieler notwendiger Waren, vor allem auch der Ware Arbeitskraft in Frage steht, ahnt das Kapital sein Ende!

Noch ist es nicht so weit. Die Chancen, die Krise in den Griff zu bekommen, sind durchaus da, aber den Preis – den bezahlen die Arbeitenden, die Werktätigen, nicht das Kapital, wenn es nach letzterem geht, wenn es nach dem Willen der Herrschenden geht.

Es gibt gar keinen echten Shut-Down! Schließt endlich die Zockerbuden!

Wer genau hinschaut, stellt fest: Das Gejammer der Merkel, Trump, der lautstarken Kapital-Lobbyisten über den geschilderten Zusammenbruch großer Teile des kapitalistischen Wirtschaftskreislaufs lenkt die Aufmerksamkeit von einem skandalösen Umstand ab: Die Zockerbuden laufen weiter! Banken, Börsen, die Währungsspekulation, Wetten gegen ganze Währungen und Volkswirtschaften, Finanzspekulationen aller Art einschließlich der dazugehörigen Kapitalmassen haben keinen Shut Down. Keiner der Mächtigen stellt die Ansprüche der Haus-,Grund- und Immobilienbesitzer auf Mieten, Pachten in Frage, niemand die Zins- und Tilgungsforderungen auf Hypotheken und Kredite. Mit allen möglichen Titeln darf ungebremst weiter spekuliert und gezockt werden, und es wird spekuliert und gezockt. Ohne dass die Zockerbuden geschlossen werden, kann von einem Shut down gar keine Rede sein, sondern von einer erneuten Umverteilung von unten nach oben! Die Folgen sind so einfach wie dramatisch. Dass jeder spekulative Kredit- oder Anleihe-Titel eine legale, also eintreibbare Forderung darstellt, solange er aufgrund halbwegs legaler Börsen-, Bank- oder Finanzregeln zustande kam, solange also der übliche weltweite Finanzkapitalismus nicht in Frage gestellt ist, gehen die kleinen vor die Hunde, damit sich die Großbanken etc. sanieren können bzw. weitgehend ungeschoren durch die Krise kommen. Konkret: Hunderte Kleinfirmen, hunderttausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, weil sie nicht mehr zahlbare Forderungen begleichen müssen, während sie gleichzeitig keine oder minimale Einnahmen verkraften müssen. So viele Billionen Euro, um sie alle zu retten, gibt es nicht. Berlin, die EU, Trump, sie machen ungedeckte Versprechungen. Da aber die Wirtschaft nahezu stillsteht und gar kein Mehrwert geschaffen wird, führt die derzeitige Politik zu einer noch dramatischeren Aufblähung der Staatsschuld auf allen nationalen wie internationalen Ebenen. Staatsschulden begleichen aber die arbeitenden Menschen: Mit Sozialabbau, Steuern, Steuererhöhungen, „Solidaritätszuschlägen (Solis)“ und was auch immer den Herrschenden einfällt, um die arbeitenden Menschen zu schröpfen.

Auch das Kapital seinerseits steht in den Startlöchern: Zur angeblichen Rettung von Arbeitsplätzen werden sie weitere Lohnsenkungen fordern, Tarifbruch, Arbeitszeitverlängerung, weitere Flexibilisierung, zu der auch das heute so beliebte Home-Office gehört! Nicht zufällig wird das von den bürgerlichen Parteien so gelobt!

Zur Flexibilisierung tritt damit die bewusste Vereinzelung. Home-Office ist „so schön individuell“! D. h.: Entsolidarisierung wird gefördert! Alle Maßnahmen des Kapitals und seiner Regierungen in dieser Krise tragen dieses Stigma! Dem müssen alle kämpferischen Kolleg/innen aktiv und bewusst entgegengetreten.

Ermutigende Signale!

Unter dem Deckmantel der „Corona“-Maßnahmen lauert die nächste Offensive des Kapitals! Die großen Kapitalhaie haben die kleinen Unternehmen, die es kaum schaffen werden, längst abgeschrieben und verbuchen deren Beschäftigte und Minichef/innen als willkommene Lohndrücker für den Fall, dass „die Wirtschaft wieder anspringt“. Die Ausweitung der Arbeitszeitbestimmungen auf 12-Stundentage bzw. 60-Stundenwochen müssen wir Arbeiter/innen erst mal wieder vom Tisch bekommen! Wie wir so vieles im Kampf werden zurückweisen oder zurückerobern müssen. Die Rückeroberung unserer zusammengstrichenen demokratischen und politischen Rechte ist überfällig!

Aber es gibt ermutigende Signale, die Arbeit Zukunft dokumentiert hat:

Bei Voith im Allgäu streiken hunderte Kollegen mitten in der Krise um ihre Jobs (https://www.arbeit-zukunft.de/2020/04/22/urabstimmung-und-unbefristeter-streik-bei-voith-in-sonthofen/).

Und: 62 gewerkschaftliche, Betriebs- und Personalratsgremien in Krankenhäusern Norddeutschlands richten in einem gemeinsamen Schreiben an die Regierungen Niedersachsens und Bremens klare Forderungen, die die Rücknahme der halbkriminiellen Kostensenkungs- und Privatisierungsmaßnahmen im Gesundheitswesen auf die Tagesordnung setzen (https://www.arbeit-zukunft.de/2020/04/21/offener-brief-zur-corona-pandemie/):

Unsere Krankenhäuser wurden zu Fabriken umgebaut, die effizient wirtschaften sollen; Stellen wurden abgebaut, Bereiche ausgegliedert und weite Teile des Gesundheitswesens – insbesondere in Niedersachsen – privatisiert; diese Entwicklung ging zulasten der Versorgung und zugunsten von Konzern-Profiten! Wir fordern einen Umbau des Gesundheitssystems: Das Finanzierungssystem der Fallpauschalen (DRGs) muss durch eine kostendeckende Finanzierung ersetzt werden – „What ever it takes…

Mit der Forderung aber „Die Privatisierungen müssen rückgängig gemacht werden: Wir brauchen ein Gesundheitswesen in öffentlicher Hand – nicht für Konzerne oder Aktionäre, sondern von und für die Gesellschaft“ wird die Eigentumsfrage angesprochen und damit indirekt auch die Frage der Gesellschaftsordnung! Das ist begrüßenswert!

Wenn wir fordern, die Zockerbuden zu schließen, die Kapitalspekulation zu unterbinden, Zins- und Schuldentilgungen zu streichen, stellt das den Kapitalismus insgesamt in Frage! Eine Zukunft für die arbeitenden Menschen gibt es nur, wenn diese Profitschinderei der Kapitalisten, des Monopol-, Bank- und Finanzkapitals beendet wird.

Wenn sich Kolleginnen und Kollegen gemeinsam um klare Forderungen organisieren, wenn wir es schaffen, eine starke kommunistische Partei zu formieren, dann ist der Kapitalismus schlagbar und ein neuer Anlauf zum Sozialismus möglich. Vor allem aber ist das überlebenswichtig!

Die so genannte Corona-Krise wäre ohne die Profitwirtschaft gut zu bewältigen, sie ist in Wirklichkeit der zugespitzte Beweis, dass dieses System überreif ist.

Kapitalismus und Kapital – Sie fügen Dir und den Menschen in Deiner Umgebung lebensgefährlichen Schaden zu