5.2.20 Protest der Ameos-Kolleg/innen in Magdeburg
Arbeit Zukunft erklärt seine Solidarität mit den Beschäftigten von Ameos in Sachsen-Anhalt, die dem Aufruf von ver.di und Marburger Bund folgten und in den unbefristeten Streik für bessere Arbeitsbedingungen treten.
Die Kolleginnen und Kollegen fordern zu Recht einen Anwendungstarifvertrag zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Ein Skandal, dass Ameos Verhandlungen mit der Gewerkschaft mit dem Argument ablehnt, Tariflöhne gefährden den Fortbestand der Krankenhäuser. Das Argument widerspricht jedoch nicht dem Abschluss von Tarifverträgen, sondern privaten Konzernen im Gesundheitswesen, die mit der Gesundheit von Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigten Profite erwirtschaften.
Solidarität ist gefordert mit den vierzehn Kolleginnen und Kollegen, die im Zuge ihrer Beteiligung an den bisherigen Warnstreiks durch Ameos fristlos gekündigt wurden und dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Holger Waack, der beurlaubt wurde, um ihn – wie er selbst sagt – „aus Arbeitskampfmaßnahmen herauszunehmen“.
Im Vorfeld der erfolgreichen Urabstimmung, die den Erzwingungsstreik beschloss, drohte der Arbeitgeber im Falle eines Streiks mit dem Abbau von 800 Stellen. Die Beschäftigten haben auf diese Drohungen die einzige richtige Lösung gefunden:
99,7% der ver.di-Mitglieder votierten für den Erzwingungsstreik.
Die Streikenden streiken für bessere Arbeitsbedingungen in allen Krankenhäusern für eine bedarfsgerechte Personalbemessung per Gesetz und eine Gehaltszulage von 500 Euro für alle Pflegerinnen und Pfleger. Krankenhäuser wie Ameos und Asklepios, die Tarifverträge bekämpfen, gehören in öffentliche Hand, um Lohndumping, Arbeitshetze und gewerkschaftsfeindlicher Praxis einen Riegel vorzuschieben.
2011 wurde der Verkauf der Salzland-Kliniken (Sachsen-Anhalt) an Ameos im Kreistag durchgewunken, obwohl das Schweizer Unternehmen das kleinere Kaufangebot abgegeben hatte. Dass Ameos heute eine Monopol-Stellung in der Krankenhaus-Landschaft im Salzlandkreis hat, ist natürlich auch dem damaligen Kreistag zu verdanken, der erstens der Privatisierung und zweitens dem Verkauf an Ameos zugestimmt hatte.
Seit dem 27. Januar wird an den Ameos-Kliniken in Aschersleben, Staßfurt, Haldensleben, Schönebeck und Bernburg gestreikt. Ziel ist ein Tarifvertrag für die Beschäftigten. Erst am Mittwoch, 5.2.20, hatte es in Magdeburg eine Großdemonstration von etwa 800 Amos-Beschäftigten geben.
Die kämpferische Großdemo und anschließende Kundgebung am Mittwoch war geprägt von Wut gegenüber de Ameos-Bossen. Dieser Konflikt wurde auch von einigen Politikern und den Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) erhört. Reden wurden u.a. von der Bundesvorsitzenden Saskia Esken (SPD) und Bernd Riexinger (Linke) gehalten. Letzterer kritisierte scharf die Privatisierungspraxis und forderte deren Ende.
Ameos „arbeitet für Ihre Gesundheit“- so lautet die Mission für 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 74 Einrichtungen an 40 Standorten der AMEOS Gruppe.
Die Ameos Gruppe mit Sitz in Zürich ist ein Gesundheitsdienstleister im deutschsprachigen Raum und betreibt Krankenhäuser, Pflege- und Eingliederungseinrichtungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mitarbeiterzahl ca. 15.500, Umsatz 843 Millionen EUR.
AMEOS – gegen die Beschäftigten
https://gesundheit-soziales.verdi.de/tarifbereiche/ameos/++co++193f78fe-e4b3-11e6-ac4f-525400afa9cc
Konsequent wird darauf geachtet, dass alle Unternehmensteile unter 2.000 Mitarbeiter/innen bleiben und als eigenständige Einheiten fungieren – und damit die deutsche Unternehmensmitbestimmung unterlaufen wird. Es gibt weder einen Konzernbetriebsrat noch einen Aufsichtsrat. Bei einer Unternehmensgruppe mit ungefähr 12.000 Mitarbeiter/innen an 38 Standorten, mit etwa 8.000 Betten/Plätzen in insgesamt 68 Einrichtungen wäre das nach deutschem Recht ohne Tricks eigentlich nicht möglich. Die Tariflandschaft bei AMEOS ist stark zersplittert, das Unternehmen widersetzt sich zum Teil tariflichen Regelungen. Einen einheitlichen Konzerntarifvertrag gibt es nicht. In harten Auseinandersetzungen wurden 2014 in den Psychiatrischen Fachkrankenhäusern Osnabrück und Hildesheim Verhandlungen erzwungen und in diesen eine Anbindung an den TVöD erreicht. In anderen Häusern gelten andere Haustarifverträge, einige sind auch gänzlich tariflos. Als privater, profitorientierter Anbieter strebt AMEOS Einsparungen vor allem beim Personal an, das als größter „Kostenfaktor“ gilt. Dafür nutzt der Konzern zahlreiche Strategien: Von der Ausgliederung immer weiterer Servicebereiche in tariflose Tochtergesellschaften, die beständig umstrukturiert werden, bis zum massiven Einsatz von schlechter bezahlten Leiharbeiter/innen aus der unternehmenseigenen Leiharbeitsfirma in der Pflege. Betriebsrät/innen, die sich dem konsequent widersetzen, haben es bei AMEOS schwer. In zahlreichen Auseinandersetzungen wurde AMEOS wiederholt Unions Busting und betriebsratsfeindliches Handeln vorgeworfen.
ver.di bietet Betriebsräten und aktiven Gewerkschaftsmitgliedern an, sich zu vernetzen, um gemeinsam für gute Arbeitsbedingungen und für eine gute Patient/innenversorgung bei AMEOS einzutreten.
Um was geht es bei der Privatisierung – Ein Geschäftsmodell Krankenhaus
hier einige Hintergründe: https://www.krankenhaus-statt-fabrik.de/1
Bis 1985 war es per Gesetz verboten, in Krankenhäusern Gewinne zu machen. In den Jahren nach 1985 wurde dieses Verbot zunehmend gelockert, bis es mit der Einführung der DRGs völlig wegfiel; die DRGs als Festpreissystem fördern systematisch ein Denken und Verhalten in Markt- und Wettbewerbskategorien, also Gewinn- und Verlustkategorien.
Weil es vor 1985 keinen Markt gab, gab es in Deutschland – außer ein paar privaten Spezialkliniken für Reiche – auch keine privaten Klinikketten, die systematisch versuchten in diesem Geschäftsfeld Gewinne zu machen. Seither sind die privaten Klinikketten (Fresenius-Helios, Rhön, Asklepios, Sana, Paracelsus, Mediclin, SRH) auf Einkaufstour. Die Zahl der Krankenhäuser, die in Besitz privater Klinikbetreiber sind, hat sich seit 1991 annähernd verdoppelt, die Zahl der Betten mehr als verdreifacht. Verlierer sind die öffentlichen Krankenhäuser. Zwischen 2002 und 2013 ist der Anteil der Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft von 37% auf 30% gefallen. In dieser Zeit war unter den öffentlich getragenen Krankenhäusern ein Trend der Umwandlung der öffentlichen Rechtsform in private Rechtsform zu beobachten um größere Flexibilität im Management zu erlangen und besser auf entsprechende Marktsituation regieren zu können. Während auch der Anteil der frei-gemeinnützigen Krankenhäuser von 39,5% auf 35,4% leicht zurückging, gewannen die privaten Krankenhäuser eindeutig hinzu. Sie konnten ihren Marktanteil von 2002 bis 2013 um 11,1 Prozentpunkte von 23,7% auf 34,8% erhöhen.
Gewinne aus Krankenhäusern
Fresenius-Helios machte in den ersten drei Quartalen 2015 einen Gewinn von 352 Mio. Euro. Der Konzern strebt eine Gewinnmarge von 12-15% an. Rhön brüstet sich, jährlich hohe Dividenden an seine Aktionäre auszuschütten – alles Gelder der Beitragszahler, die eigentlich für eine gute Gesundheitsversorgung eingezahlt werden und dann in die Taschen der Aktionäre fließen. Gründe für die „Erfolge“ der privaten Krankenhausbetreiber
Während viele öffentliche und freigemeinnützige Krankenhäuser rote Zahlen schreiben, sind bestimmte Krankenhäuser für private Konzerne lukrativ. Die Befürworter der Privatisierung, der neoliberale Mainstream in Politik und Wissenschaft sieht dies als Belege für die Überlegenheit der marktwirtschaftlich aufgestellten Privaten an. Ein einfacher Blick auf die Fakten beweist das Gegenteil. Die „Erfolge“ der Privaten beruhen im Wesentlichen auf Rosinenpickerei, Arbeitsüberlastung und Lohndumping.
Arbeitsüberlastung: Die privaten Träger sparen an Personal noch mehr als die nicht-profitorientierten Krankenhäuser. In öffentlichen Kliniken kommen auf eine Pflegekraft 56 Patienten, bei den Privaten ist das Verhältnis 1: 62,5. Ähnlich verhält es sich bei den Ärzten. Öffentlich: 1:113, privat: 1:138.
Lohndumping: Eine Pflegekraft verdient in privaten Krankenhäusern z.B. im Jahr 4.177 Euro weniger als in einem öffentlichen Krankenhaus. Private Krankenhausträger sind oft nicht tariflich gebunden oder haben deutlich schlechtere Tarifverträge. Insgesamt sind das 279,1 Mio. Euro Kostenvorteil durch niedrigere Löhne, wenn man vom Personalbestand der Privaten ausgeht.
Die privaten Träger sparen deutlich an Personalkosten.
Die Patienten sind die Leidtragenden der Privatisierung. Es ist nachgewiesen, dass die Zahl der Patienten, die eine Pflegekraft versorgen muss, massiven Einfluss auf die Sterblichkeit im Krankenhaus hat. Ein Patient mehr pro Pflegekraft (von 6 auf 7 Patienten) erhöht die Rate der Todesfälle im KH und bis 30 Tage nach Entlassung um 7%.
Dass der Gesundheitssektor in Deutschland ein bedeutender volkswirtschaftlicher Wachstumsbereich ist, in dem Milliarden umgesetzt werden, ist sowohl Arbeitgebern als auch potentiellen Investoren seit Ende der 1990er Jahre klar. Die Daseinsvorsorge ist ein lukratives Feld, wenn es gelingt, sie Markt- und Profitmechanismen zugänglich zu machen. Daran haben viele Bundesregierungen, aber auch die EU seit langem gearbeitet.
Fazit
Ein Verbot, in Krankenhäusern Gewinne zu machen, verbunden mit der Abschaffung der DRGs und der Wiedereinführung der kostendeckenden Finanzierung der Krankenhäuser, würde gleich mehrere Probleme beseitigen: die verheerenden Folgen der marktwirtschaftlichen Steuerung für Patienten und Beschäftigte und die Übernahmeversuche der Privaten. Ohne Gewinnaussichten würden diese das Interesse am Gesundheitswesen schnell wieder verlieren.