Der Kopf der Demonstration gegen das Steinkohlekraftwerk „Datteln 4“
– das war eine der zahlreichen Parolen, die die Jugendlichen von “Fridays for Future” nicht nur in Datteln den älteren Menschen zuriefen. Trotz des beschlossenen Kohleausstiegs soll dort das Steinkohle-Kraftwerk “Datteln 4″ noch den Betrieb aufnehmen. Dagegen gibt es seit vielen Jahren einen Protest zahlreicher Bürger nicht nur in Datteln.
Die Rechtmäßigkeit der Genehmigung ist umstritten, es ist in viel zu großer Nähe zu Wohngebieten errichtet worden usw. – wir wollen das hier nicht näher ausführen. Aber; was zumindest uns von Anfang an klar war: Die zu Recht gegen den Bau des Kraftwerks kämpfenden Menschen können die Inbetriebnahme nicht verhindern, sondern allenfalls verzögern – Kapitalinteressen werden durchgesetzt werden! So sieht es jetzt auch aus – aber immerhin hat der Kampf den Menschen einige Jahre eine etwas gesündere Umwelt erhalten und endgültig verloren ist er erst, wenn er verloren ist – und bis dahin sollte der Kampf weitergehen.
Der Kraftwerksbetreiber sitzt übrigens in Finnland – auch dort sind die Menschen auf der Straße. Gerechtfertigt wird die Inbetriebnahme des schon probelaufenden Kraftwerks damit, dass es das modernste und sauberste Kohlekraftwerk sei und statt dessen ja ältere, schmutzigere Kraftwerke “vom Netz” genommen würden. Kann sein, dass “Datteln 4″ die sauberste Dreckschleuder ist, aber eine Dreckschleuder bleibt eine Dreckschleuder!
Was die Betreiber der modernsten Dreckschleuder schamhaft verschweigen, ist, woher die Kohle kommt, die in Datteln “für uns” verfeuert wird: Nicht etwa aus Deutschland, sondern aus dem Ausland, z.B. aus Brasilien. Unter welchen (un)menschlichen Bedingungen die Kumpel dort die Kohle zu Tage fördern müssen, brauchen wir wohl nicht weiter zu schildern – und das nicht erst seit Bolzonaro! Hinzu kommt, dass die Kohle nach Deutschland verschifft wird, und überraschender Weise nicht mit Segelbooten. Ist das dabei erzeugte CO2 auch in der Sauberwaschberechnung von Uniper enthalten?
So – genug davon! Kommen wir zur Gegenwehr! Der 24. Januar war ein Freitag und Datteln liegt im Kreis Recklinghausen – also rief die Ortsgruppe Recklinghausen von “Fridays for Future” zusammen mit der Dattelner BI zu Protestkundgebung und Demonstration zum Kraftwerk auf – sie erhofften sich etwa 100 Teilnehmer. Doch inzwischen war “Datteln 4″ längst kein lokales Thema mehr, sondern (als einziges in Deutschland neu ans Netz gehendes Kohlekraftwerk) weit über Recklinghausens Grenzen hinaus zu einem Symbol geworden. Und die Recklinghäuser und Dattelner guckten natürlich auch längst über ihren Tellerrand hinaus – weshalb die Polizei mit deutlich mehr Teilnehmern rechnete. Die wurden es auch: Nach Polizeiangaben 400 – nach unserer Zählung (!) etwa 650. Aus zahlreichen Städten nicht nur des Ruhrgebiets kamen nicht nur FfF-Jugendliche, sondern auch zahlreiche Erwachsene – auch von anderen Gruppen und Verbänden. Sie kamen übrigens nicht – wie von Leuten des geistigen und moralischen Niveaus der AfD oft unterstellt – mit dem SUV o.ä., sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln (beim etwas abseits liegenden Datteln gar nicht so einfach) oder mit Fahrrädern.
Der Pfarrer einer an der Demo-Route liegenden katholischen Kirchengemeinde hielt eine in Absprache mit seinem evangelischen Kollegen verfasste kurze Rede, in der er aus christlicher Sicht die Umweltzerstörung mit Hinweis auf die Schöpfungsgeschichte verurteilte; Verteidiger des “Hambi” (Hambacher Forst) waren gekommen – wir können gar nicht alle aufzählen. Und natürlich unterstützen die Jugendlichen von FfF auch den Kampf für den Erhalt des letzten Waldrestes dort. Und ihren (scheinbaren) Gegnern, den in berechtigter Sorge um ihren Arbeitsplatz fürchtenden Bergarbeitern riefen sie zu. “Wir kämpfen auch für Euch!”
Die Polizei hatte mit 1000 Teilnehmern gerechnet – es kamen aber “nur” etwa 650 – ist das enttäuschend? Wir meinen: Höchstens auf den ersten Blick, denn die Organisatoren hatten ja nur mit etwa hundert gerechnet. Hinzu kommt noch, dass an diesem “Freitag für die Zukunft” sozusagen Großkampftag war, nicht nur in NRW, nicht nur in Datteln. Denn der “Hambi” ist noch längst nicht gerettet – ihm droht das Wasser abgegraben zu werden, im wahrsten Sinne des Wortes. Und die Dörfer an den Abraumkanten (nicht nur am Hambacher Forst) sind immer noch dem Untergang geweiht und müssen verteidigt werden. An diesem Freitag passierte daher so allerhand – da sind 650 Teilnehmer doch recht ermutigend!
Von Greta Thunberg kamen übrigens auch Grüße in Datteln an!
Wir schließen hier mit dem Refrain des Liedes “We need a chance” – gesungen von zwei damals 13- bzw. 16jährigen Mädchen, den “MySisters” Tabea und Angelina – man kann sie bei YouTube finden:
“We need a chance, we need a future,
Let’s save the world, the only one!
Come on and fight with us together,
We need the power of every one!”
Und ihr alten Knurrhähne, die Ihr gegen die aufmüpfige Jugend wettert – ist es nicht vor allem Euer schlechtes Gewissen, weil Ihr bisher nicht genug getan habt? Meine Güte, dann überwindet Euch doch! Gebt Euch einen Ruck und unterstützt die Jugend – die “schwänzt” nicht, sondern kämpft auch für Euch. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass sie nicht von falschen Leuten eingefangen und missbraucht wird!