Immer mehr Menschen stellen sich diese Frage.Es gibt wieder heftige Diskussionen, was für eine Gesellschaft notwendig ist. Angesichts der zunehmenden Krisen und Kriege, der Zerstörung der Umwelt und des Klimas, liegt es nahe, das Ende des Kapitalismus vorherzusagen.
Der Kapitalismus wurde schon öfter tot gesagt
Doch wir sind keine Propheten und der Kapitalismus wurde schon oft für tot erklärt. Entgegen diesen Vorhersagen hat er bis jetzt eine erstaunliche Lebenskraft bewiesen. Als nach dem Ende des 1. Weltkrieges in halb Europa Revolutionen stattfanden, meinten viele, der Kapitalismus schreite seinem Ende entgegen. Doch der überstand die Katastrophe.
Nur in einem einzigen, noch dazu ausgesprochen rückständigen Land, der UdSSR, konnte eine sozialistische Gesellschaft aufgebaut werden. Diese bewies sehr rasch, dass eine gesellschaftliche Planung, die Ausnutzung aller gesellschaftlichen Produktivkräfte eine unglaublich schnelle Entwicklung ermöglichte.
Eine ernste Bedrohung für das kapitalistische System. Darum ließen Frankreich, England und die USA Hitler zunächst freie Bahn für seine Ausdehnung nach Osten. Sie hofften auf einen Krieg Hitlerdeutschlands mit der Sowjetunion, bei dem der Sozialismus zerstört und Hitlerdeutschland durch den Krieg ruiniert worden wäre. So hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Doch die Propheten des Kapitalismus irrten. Durch den Vertrag zwischen Deutschland und der UdSSR wurde ihre Hoffnung zunichte gemacht. Hitler überfiel zuerst Frankreich und England. Das zwang diese und die USA zum Kampf gegen den deutschen Faschismus und damit am Ende sogar zu einem Bündnis mit der UdSSR. Das Ergebnis ist bekannt: Europa und Deutschland wurden von den Nazis befreit. Wieder gab es Revolutionen, Aufstände und Kämpfe in den meisten Staaten Europas. Die Menschen wollten sich vom Kapitalismus als Ursache der Kriege befreien. Mit dem Sieg der Revolution in China war ein Drittel der Erde befreit und entweder sozialistisch oder volksdemokratisch, einer Vorstufe zum Sozialismus. Ein gewaltiger Sieg der fortschrittlichen Kräfte!
Der Kapitalismus gab sich jedoch nicht geschlagen. Er mobilisierte alle Kräfte, reaktivierte alte Nazis beim Aufbau seiner „Demokratien“. Er schreckte vor Terror gegen die sozialistischen Staaten wie auch gegen die Arbeiterbewegung nicht zurück (siehe dazu auch: https://www.arbeit-zukunft.de/2019/10/09/rechtsterrorismus-das-volk-dazu-bringen-den-staat-um-groessere-sicherheit-zu-bitten/). In Griechenland wurden die antifaschistischen Partisanen teilweise ermordet oder mussten fliehen. In Westdeutschland wurde die KPD verboten und verfolgt. Zugleich wurden in fast allen kapitalistischen Industriestaaten Bündnisse zwischen dem Kapital und den opportunistischen und reformistischen Teilen der Arbeiterbewegung geschlossen, um den Kapitalismus am Leben zu erhalten. Denn selbst in Westdeutschland war nach 1945 eine Mehrheit der Bevölkerung gegen den Kapitalismus und für den Sozialismus. Das ging so weit, dass sich sogar die CDU als „sozialistisch“ maskieren musste. Im Ahlener Programm sagte die nordrhein-westfälische CDU: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.
Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein.“
Wie mittlerweile offenkundig ist, waren das hohle Worte, um die Menschen zu betrügen und sie wieder einzufangen, aber sie haben zusammen mit einigen sozialen Zugeständnissen gewirkt.
Revisionisten zerstörten den Sozialismus
Im Zusammenspiel mit den Angriffen des Kapitals auf den Sozialismus tauchten in den sozialistischen Ländern auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung und Macht, in den Führungen der Parteien Kräfte auf, vor allem in der KPdSU, die den Marxismus-Leninismus verdrehten, ihn einer „Revision“ unterzogen und so eine Entwicklung in Richtung Kapitalismus in Gang brachten. Dieser Weg wurde gegen alle Widerstände mit Demagogie und teilweise auch mit Gewalt durchgesetzt. Chruschtschow als einer der Vertreter dieser Linie versprach das Blaue vom Himmel. Angeblich sollte bis 1980 in der UdSSR ein kommunistisches „Paradies“ erreicht werden. Der Imperialismus sei angeblich friedlich geworden. Zusammen mit ihm ssei es möglich die „Menschheit zu retten“. Der Sozialismus hätte unumkehrbar gesiegt. Revolution sei nicht mehr nötig, man könne friedlich zum Sozialismus kommen, sogar auf parlamentarischem Weg. Also: Alles in bester Ordnung! Wir müssten nicht mehr kämpfen!
US-Außenminister John Forster Dulles begrüßte diese Entwicklung weg vom Sozialismus. So sagte er 1958: „Auf lange Sicht besteht die Aussicht – ja, ich würde sagen, die Gewissheit -, dass sich eine Evolution in der gegenwärtigen Politik der Sowjetherrschaft ergeben wird, so dass diese mehr nationalistisch und weniger internationalistisch sein wird.“ Im Juli 1956 sagte er bereits: „Die Anti-Stalin-Kampagne und ihr Liberalisierungsprogramm hätten eine Kettenreaktion ausgelöst, die auf lange Sicht nicht aufzuhalten sei.”
Das Kapital rieb sich die Hände. Das Zusammenspiel klappte. Statt Mängel und Fehler zu beseitigen, was notwendig gewesen wäre, wurde der Sozialismus zerstört.
Der „siegreiche“ Kapitalismus triumphiert!
Mit der endgültigen Vernichtung der ehemals sozialistischen Staaten um 1989/90 wurde ein „goldenes Zeitalter“ versprochen. Ein „Zeitalter des Friedens und des Wohlstandes“ sollte beginnen.
30 Jahre lang konnten wir nun sehen, wie der Kapitalismus seine „Versprechen“ umsetzt.
Frieden?
In den 30 Jahren gab es mehr reale Kriege als in der Zeit zuvor. Ob Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen – zigtausende Menschen wurden ermordet. Ganze Länder wurden zerstört. Es ging um Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas oder um strategische Positionen gegen die Konkurrenz wie Russland und China, die nun als kapitalistisch-imperialistische Konkurrenten im blutigen „Spiel“ um Macht und Weltherrschaft dabei sind. Waffenexporte steigen beständig. Diktatoren und Warlords aller Art werden mit Waffen versorgt, wenn sie dafür die Bodenschätze ihrer Länder billig ausliefern.
Und die Großmächte rüsten massiv auf. Russland hat gerade in diesem Konkurrenzkampf eine Rakete mit 20fachem Überschall einsatzfähig gemacht. Das ist seine Antwort auf die Raketenabwehrsysteme, die die USA rings um China und Russland installieren. Krieg zwischen den Großmächten wird wieder machbar.
Frankreich und Deutschland bemühen sich, die EU zum Instrument ihrer Großmachtambitionen zu machen. Beide rüsten massiv auf, um im Konzert der Großmächte mitmischen zu können.
Hinzu kommt ein massiver Wirtschaftskrieg zwischen USA, China und der EU bzw. Deutschland. Die Widersprüche und Konflikte nehmen zu, statt dass es friedlicher wird.
Wohlstand für alle?
Das war nach 1989 ein Wahlversprechen von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU). Aber auch weltweit wurde das „goldene Zeitalter“ des Kapitalismus angekündigt. Man müsse nur den Kräften des Marktes vertrauen, alle Hindernisse beseitigen, staatliche Aufgaben wie Bahn, Post, Telefon, Verkehr und Sozialleistungen wie Renten, Krankenversorgung und Pflege privatisieren, dann würde alles besser und billiger werden.
2019 – 30 Jahre später sind die Ergebnisse offen sichtbar:
– Über 50% aller Rentner leben von einer Rente unter 900 Euro.
– Krankenhäuser müssen schließen, weil kein Personal ausgebildet und ständig abgebaut wurde.
– Pflege wird immer teurer und immer schlechter.
– Die Kinderarmutsquote liegt in Deutschland je nach Bundesland zwischen 12,9% und 35,8%!
– Bei Erwachsenen liegt die Armutsquote zwischen 11,4% und 20,2%!
– Wohnungen werden unbezahlbar. Allein 3 Millionen bezahlbare und altersgerechte Wohnungen fehlen. Wohnungen für Familien sind Mangelware.
– Bildung ist eine Katastrophe: Schulen sind marode. Beim Pisa-Test ist Deutschland erneut abgesackt.
– Leiharbeit und Niedriglöhne zwingen Millionen ein Leben in Armut und ständiger Unsicherheit auf.
– Der Mindestlohn ist der niedrigste bei den Industriestaaten in der EU.
Die Liste könnte noch verdoppelt oder verdreifacht werden. Eines der reichsten Länder der Welt mit so einer Bilanz! Das ist Kapitalismus!
Und nimmt man die ganze Welt, sind die katastrophalen Auswirkungen des kapitalistischen Systems noch krasser. 2019 wurde nach Angaben des UNHCR, des Flüchtlingswerks der UN, ein neuer Rekord erreicht: Über 70 Millionen Menschen sind auf der Flucht.
Der Reichtum steigt!
Das Gegenstück der traurigen Bilanz für Millionen Menschen ist der wachsende Reichtum einer kleinen Schicht in Deutschland. Denn das Prinzip des Kapitalismus heißt nicht, schaffe ein gutes Leben für alle, sondern: Streben nach Profit, Maximalprofit. Und das ist dann wohl auch das einzige, was im Kapitalismus gut funktioniert.
Neue Krise?
Wie auch in anderen Beiträgen in dieser Ausgabe erklärt, kommt mit der Digitalisierung, mit der Umstellung auf E-Autos nicht nur in Deutschland eine ungeheure Entlassungswelle in Gang. Um den gleichen Reichtum wie zuvor oder sogar noch mehr zu produzieren, wird mit der Modernisierung der Produktion radikal weniger Arbeitskraft benötigt. Bis zu 50% weniger wird geschätzt. Eigentlich eine tolle Sache! Aber im Kapitalismus bedeutet mehr Reichtum bei weniger Arbeit: Entlassungen, geringere Löhne, mehr Arbeitshetze für die, die noch Arbeit haben. Die sich verschärfende Konkurrenz der arbeitenden Menschen untereinander wird dann noch genutzt, um Arbeiter und Angestellte noch tiefer zu drücken.
Da diese Entwicklung international voranschreitet, verschärft sich die Konkurrenz der Großkonzerne, was wiederum die Rationalisierung, Entlassungen, Lohnsenkungen usw. vorantreibt. Der tolle Fortschritt verwandelt sich unter kapitalistischen Bedingungen in einen Albtraum.
Das Kapital kämpft und gibt nie auf
Aber auch für das Kapital wird die Lage durch diese Entwicklung nicht gemütlicher. Denn der technische Fortschritt macht immer größere Investitionen nötig. Konzerne wie Daimler klagen, dass sie die notwendigen Investitionen in E-Mobilität und Digitalisierung nicht allein stemmen können. Scharfe Konkurrenten wie Daimler und BMW arbeiten auf einmal zusammen. Oder PSA wird in den Fiat-Chrysler-Konzern integriert.
Volkswagen baut zusammen mit Amazon und Siemens eine „Industrial Cloud“ auf, in der der gesamte Konzern mit 12 Marken, 122 Betrieben in 32 Ländern sowie 1500 Zulieferern mit 30.000 Betrieben vernetzt und zentral gesteuert werden soll.
Das ist nichts weiter als Planwirtschaft! Planwirtschaft freilich auf kapitalistisch! Sei dient dem Profit! Die Produktion wird immer mehr gesellschaftlich organisiert. Der Profit bleibt privat. Für die Arbeiter und Angestellten bedeutet das: Noch mehr Entlassungen, noch stärkere Konkurrenz untereinander, niedrigere Löhne, flexiblere und längere Arbeitszeiten. Der ungeheure Fortschritt hat mehr Armut, mehr Elend zur Konsequenz. Und immer weniger Menschen können sich die produzierten Güter leisten. Das erhöht den Druck auf das Kapital, billiger zu produzieren, also noch mehr Rationalisierung, noch mehr Entlassungen. Eine endlose Spirale nach unten. Nur wenige profitieren von diesem Weg.
Das Kapital tritt nicht freiwillig ab!
Immer wieder hoffen fortschrittliche Menschen, die sehr wohl die Probleme sehen, auf die „Vernunft“ des Kapitals, ohne zu verstehen, dass dieses selbst den Zwängen des kapitalistischen Marktes unterliegt. Denn, wer in diesem Konkurrenzkampf zu „human“ ist, gerät gegenüber dem rücksichtsloseren Konkurrenten ins Hintertreffen und geht irgendwann unter.
Wir bestreiten nicht, dass einzelne Kapitalisten menschlich handeln und denken können. Aber das System kann dies nicht. Denn da regieren das Geld und die Gesetze des Marktes gnadenlos – auch gegenüber dem Kapitalisten.
Die herrschende Klasse spürt, dass ihr eine große Krise bevorsteht. Sie unterhält ein Heer von Wissenschaftlern aus allen Bereichen: Wirtschaft, Soziales, Politik… Es gibt Analysen, die bei dem jetzt stattfindenden Prozess der Digitalisierung starke soziale Unruhen erwarten. Diess könnten die Herrschaft des Kapitals gefährden.
Das Kapital gibt deshalb aber nicht auf. Seine Vertreter akzeptieren nicht, dass eine Produktion, die einen zunehmend gesellschaftlichen Charakter hat, auch gesellschaftlich gesteuert werden muss und nicht mehr dem Profitprinzip unterliegen darf. Denn dann müssten sie abdanken.
Wie sie sich auf die befürchteten, kommenden Klassenschlachten, vorbereitetn können wir seit Jahren sehen:
– Ausbau des Polizei- und Überwachungsstaates, der sich klar gegen linke, fortschrittliche und revolutionäre Kräfte richtet.
– Aufrüstung und Einsatz der Bundeswehr im Inneren.
– Weiterer Sozialabbau, mehr Flexibilisierung, Lohnsenkungen, Armutspolitik
– Finanzierung und Stärkung rassistischer, faschistischer Kräfte. Hass und Spaltung schwächen den Widerstand gegen das Kapital und lenken die Wut um auf „Sündenböcke“.
– Verstärkter Konkurrenzkampf mit anderen Großmächten und Kriegseinsätze der Bundeswehr, mehr Waffenexporte. Jobs für Arbeitslose bei der Bundeswehr. So dürfen die Opfer des Kapitalismus andere Opfer in anderen Ländern abschlachten und damit ihren Lebensunterhalt verdienen, heute oft ein „sicherer Arbeitsplatz“ bis zum Tod!
Es ist eben kein Zufall, dass weltweit Rassismus, Nationalismus und Faschismus aufblühen. Der immer schärfere Kampf des Kapitals ums Überleben, der Kampf der Großmächte braucht eine entsprechende „Begleitmusik“.
Objektiv bietet der Kapitalismus keine Zukunft!
Nimmt man das alles zusammen, so bietet der Kapitalismus keine Zukunft. In besonders krasser Weise wurde das im zurückliegenden Jahr auch durch die Aktionen zigtausender Jugendlicher gegen die Zerstörung der Umwelt und die Klimaänderung sichtbar. Das Kapital fährt in seinem Streben nach Profit die Menschheit an die Wand. Es scheut sich nicht, zigtausende Tier- und Pflanzenarten auszurotten. Gier, Profitgier zerstören Mensch und Natur. Der Kapitalismus muss verschwinden und einer anderen Gesellschaftsordnung Platz machen, in der die Menschen den Fortschritt für sich und den Schutz von Umwelt und Natur nutzen können. Jedes Jahr, welches das kapitalistische System weiterbesteht, bedeutet mehr Zerstörung und Elend. Jedes Jahr, um dass es früher verschwindet, bedeutet weniger Schäden.
Aber was objektiv schon lange nötig wäre, passiert nicht einfach so und schon gar nicht automatisch. In Deutschland sind die bewussten Kräfte, die den Kapitalismus in den Abgrund stoßen, bevor er uns in den Abgrund stößt, zu schwach. Der Sturz des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus erfolgen eben nicht einfach aufgrund der Notwendigkeit und er ist auch keineswegs alternativlos. Rosa Luxemburg hat das in der Parole „Sozialismus oder Barbarei“ zum Ausdruck gebracht. Es gibt auch einen Weg in die Barbarei – in die Zerstörung der Umwelt, in den rassistischen und faschistischen Terror, in die imperialistischen Kriege.
Es reicht deshalb nicht aus, festzustellen, dass der Kapitalismus objektiv keine Zukunft bietet. Wer das so sieht, der muss sich auch damit auseinandersetzen, wie man ihm ein Ende bereitet. Und da dieses System sehr deutlich zeigt, dass es vor Gewalt nicht zurückschreckt, muss auch darüber Klarheit geschaffen werden, wie wir damit fertig werden können. Es ist das Kapital, das die Gewaltfrage stellt. Es braucht deshalb eine bewusste und organisierte Kraft, die gemeinsam mit allen Kolleg/innen, der Jugend und allen Kräften des Volkes mit voller Energie daran arbeitet, dass dieses System in den Abgrund stürzt, zu dem es andernfalls uns alle führt.