Mehrere hundert Kolleginnen und Kollegen, vor allem von den beiden schwäbischen Traditionsfirmen Schuler und WMF, aber auch von anderen Firmen, protestierten gestern (18. September 2019)in Göppingen und Geislingen mit eindrucksvollen Protestkundgebungen gegen einen drohenden Job-Kahlschlag in der Region.
Laut IG Metall stehen bis zu 2000 Entlassungen an, wenn wir uns nicht wehren!
Aufgerufen hatte denn auch die IG Metall, aber auch an der Basis in den Betrieben regt sich überall Widerstand gegen die Kahlschlagpläne des Kapitals. In der Region sind außerdem bedroht die Firmen Südrad/Accuride, Aqua Römer, SAM/Fysam. Kollegen von dort waren auch bei den Aktionen anwesend.
Schuler Göppingen
Um 13:00 Uhr verließen im Hauptwerk des weltbekannten Pressen-Herstelles Schuler zwischen 200 und 300 Kolleg/innen die Werkshallen und versammelten sich mit lautstarkem Protest vorm Haupttor. Zuvor hatte das Management in einer Betriebsversammlung mehr als 300 Entlassungen angekündigt! Angst und Beklommenheit hinderten viele daran, alle gemeinsam vors Tor zu gehen. Trotzdem bildeten die 300 vorm Tor einen guten und lautstarken Einstieg in den Kampf um die Arbeitsplätze. Wie so oft in dieser Lage setzen Betriebsrat und IG Metall sehr auf Verhandlungen, aber viele applaudierten stark, als ein kämpferische Betriebsratskollege von WMF im benachbarten Geislingen zum gemeinsamen Kampf auf der Straße und im Werk aufrief. Etliche WMF-Kollegen waren solidarisch zu Schuler gekommen, aber auch Delegationen anderer bedrohter Betriebe, unter anderem auch von Mahle aus dem nahen Stuttgart, wo ebenfalls hunderte Arbeitsplätze in Gefahr sind (Arbeit Zukunft berichtete ausführlich).
WMF Geislingen
Nach Abschluss der Kundgebung vorm Schuler -Werk ging es ganz schnell ins nahe Geislingen, wo um 15:00 Uhr ebenfalls hunderte Kolleginnen, deutlich mehr als in Göppingen, sich vor ihrem Betrieb versammelten und in einer kämpferischen Demonstration in Fußgängerzone zogen und ebenfalls die Kahlschlagpläne der von der französischen Kapitalgesellschaft SEB-Group gesteuerten Geschäftsführung lautstark anprangerten. Vor allem bei WMF wächst die Widerstand der Kolleg/innen von der Basis her. Aber die Demo zeigte auch: Es gibt viel Sympathie und Solidarität in der Bevölkerung. Autofahrer hupten und winkten, zahlreich Flugis gingen auch an wartende Autofahrer und an Passanten. WMF – das ist für viele (auch außerhalb Schwabens!) gleichbedeutend mit Geislingen bzw. Geislingen, das ist WMF!
Die traditionsreiche Kochtopfproduktion, die WMF weltbekannt machte, wollen sie nach Frankreich in Werke der SEB Group verlegen. 400 Arbeitsplätze kostet das. Nach jahrelangem Schrumpfungsprozess bliebe dann nur noch die Produktion von Kaffeeautomaten im Ort. Zu Recht fürchten die Kolleg/innen aber den „Anfang vom Ende“ bis hin zur Schließung. Schon 2014 hatten die WMF-ler gegen einen Arbeitsplatz-Kahlschlag gekämpft, gegen die US-Heuschrecke Kohlberg Kravis Roberts & CO (KKR), die WMF kaufte und 700 Arbeitsplätze vernichten wollte. Angesichts massiven Widerstandes beerdigte KKR die Pläne und verkaufte WMF weiter an „SEB“. Die will heute durchboxen, was KKR wegen des Kampfes der Kolleg/innen nicht schaffte.
Mondays for Jobs – MfJ
Doch die kampferprobten WMF-ler lassen sich auch heute nicht die Butter vom Brot nehmen. Schritt für Schritt wächst der Widerstand. Seit Wochen ziehen jeden Montag um Fünf vor Zwölf Uhr Kolleg/innen in einem Protestzug um die WMF. Und es werden mehr Unterstützer! Es begann mit 7 Teilnehmern. Montag letzter Woche (9.9.2019) waren es schon 200 – trotz miesen Wetters, am 16 September schon über 500! Ihr Motto lautet jetzt: Mondays for Jobs!
Ein selbst gestaltetes tolles Transpi der IG-Metall-Vertrauensleute (Siehe Foto!) proklamiert mit freundlicher Ironie das Bündnis mit Fridays for Future: „Mondays for Jobs – Greta hat uns auf die Idee gebracht“ Eine Protestfahrt zur SEB Zentrale wird angekündigt! Viele trugen gelbe Westen mit dieser Aufschrift! Das ist kämpferischer und entschlossener Geist!
Mittlerweile wird dieser Konflikt in „der Politik“ als heiß eingeschätzt. Immerhin unterbrach die SPD-Landtagsfraktion von Baden-Württemberg ihre in der Nähe stattfindende Klausurtagung und nahm an der Abschlusskundgebung teil. Der Abgeordnete Binder verteidigte sich auf dem Podium heftig laut gegen heftige Kritik seitens der Kollegen an der Tatenlosigkeit der Politiker
Mondays for Jobs! – Tragen wir diese kämpferische Idee überallhin weiter, wo das Kapital die Messer gegen Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellte wetzt! Großartig war auch der sichtbar internationale Charakter der Aktionen Arbeiter/innen und Angestellte vieler Nationalitäten gestalteten den Protest gemeinsam!
Arbeit Zukunft war mit einem Soli-Flyer dabei, mehrere hundert wurden verteilt. Dieser stellt klare Forderungen auf angesichts der dramatischen Lage:
„Drastische Arbeitszeitverkürzung für alle! Mindestens 30-Stunden-Woche! Bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
Keine weitere Arbeitsverdichtung!
Qualifizierung der Kolleginnen und Kollegen für neue Jobs und deren volle Bezahlung durch die Unternehmen!
Menschenwürdiger Vorruhestand für die älteren Kolleg/innen!“
Der Flyer sagt aber auch klar:
„Das ganze Problem hat einen Namen: Kapitalismus! Wie kann das Kapital, dessen Eigner sich riesige Profite in die Taschen stecken, das Recht haben, für den Profit die Existenzen zahlloser Menschen, Familien, Kinder aufs Spiel zu setzen?
So wie derzeit kann es einfach nicht weitergehen, wir brauchen grundsätzliche gesellschaftliche Veränderung! Dafür müssen sich Arbeiterinnen, Arbeiter, Angestellte, Erwerbslose in einer eigen-ständigen Arbeiterpartei für Kommunismus und Sozialismus organisieren, um diesen historischen Kampf gegen das Kapital, für Sozialismus aufzunehmen Keine Hoffnung und Illusionen in die herrschenden Parteien! In diesem Sinne:
Alle gemeinsam gegen das Kapital!“
Den Weg solidarischen Kampfes sollten die anderen bedrohten Belegschaften auch einschlagen. Wir rufen alle Freunde und Sympathisanten auf: Unterstützt in diesem immer heißer werdenden Herbst den Kampf und Protest der Arbeiter/innen! Eigenständige Aktionen wie Mondays for Jobs sind überall möglich!