Im Mai haben sich in Spanien Vertreter der marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen Europas der Internationalen Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen (IKMLPO) getroffen. In intensiven Diskussionen wurde die politische und ökonomische Entwicklung in Europa diskutiert und daraus Schlussfolgerungen gezogen, die die unten abgedruckte Erklärung einflossen.
Erklärung zur Lage in Europa und unsere Aufgaben
Wir, marxistisch-leninistische Parteien und Organisationen Europas, haben uns in Spanien als Gäste der Bruderpartei PCE(m-l) getroffen. Wir haben gründlich über die gegenwärtige Lage in Europa und unsere Aufgaben diskutiert.
Der Prozess des europäischen Aufbaus findet in einem allgemeinen Kontext der Krise des kapitalistisch-imperialistischen Systems statt: die EU ist total in dieses System integriert und ein Teil von ihm.
Die Krise des europäischen Aufbaus ist ein Ausdruck der dem kapitalistisch-imperialistischen System innewohnenden Widersprüche:
- dem Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit;
- den Widersprüchen zwischen den Monopolen und imperialistischen Mächten;
- den Widersprüchen zwischen den imperialistischen Mächten einerseits und den unterdrückten Nationen andrerseits.
Der Aufbau Europas ist ein Schlachtfeld zwischen den imperialistischen Hauptmächten USA, China und Russland, die miteinander konkurrieren und gegen einander kämpfen: sie mischen sich auch in der EU ein, um ihre Entwicklung als imperialistischer Konkurrent zu behindern.
Heute destabilisieren die nationalistische Politik und der Protektionismus, die vom US-Imperialismus angewandt werden, der immer noch die stärkste und aggressivste Macht ist, die Welt tiefgreifend und vertiefen die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten. Er fährt fort, die Spannungen zwischen seinen europäischen Verbündeten in Europa, die Nato-Mitglieder sind, und Russland zu erhöhen, indem er die militärische Einkreisung durch Stationierung von Raketen, den Aufmarsch von mehr Truppen, großen Manövern in den Nordischen Ländern verstärkt.
Der wirtschaftliche und politische Konflikt mit dem chinesischen Imperialismus trifft die EU zutiefst.
China entwickelt eine aktive Wirtschaftspolitik mit politischen und geostrategischen Ambitionen mit dem Ziel, seinen Einfluss in Europa auszudehnen und neue Märkte für seine Monopole zu eröffnen. Die sogenannte „Neue Seidenstraße“ konkretisiert diese Ziele. Die internen Widersprüche der EU ausnützend schlägt China „deals“ über Investitionen mit verschiedenen Regierungen vor – Griechenland, Italien, Ungarn, aber auch Frankreich, Holland, aber auch Versprechungen über Möglichkeiten von Exporten in ihren eigenen Markt. Diese Politik erzeugt Spaltung und politische wie wirtschaftliche Spannungen unter den verschiedenen Staaten der EU, aber auch mit dem US-Imperialismus.
China dehnt seinen Einfluss auch auf Afrika aus, mit der Behauptung, einen „fairen“ Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Länder zu leisten, speziell bei deren Infrastrukturen (Straßen, Eisenbahnen, Brücken usw.). China übernimmt die Kontrolle über Mineralien, Öl, Land auf Kosten der Bauern und ländlichen Gemeinschaften. Die so genannten „gleichen Beziehungen“ sind überhaupt nicht gleich und tatsächlich ein Deckmantel für seine imperialistische Raubpolitik und zur Erschließung neuer Märkte für seine Waren. Unter dem Deckmantel der „Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten“ unterstützt es reaktionäre Regimes, die ihre Völker unterdrücken.
Russland ist auch sehr aktiv bei der Ausnützung der Widersprüche zwischen europäischen Imperialisten und Kapitalisten, besonders in der Frage des Gasexports.
Wegen ihres Charakters und ihrer Struktur aus unterschiedlichen imperialistischen und kapitalistischen Staaten unterliegt die EU auch dem Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung, das dem kapitalistischen und imperialistischen System eigen ist. Alle diese Widersprüche entwickeln sich und wirken zusammen. Sie traten z.B. beim Brexit-Verfahren, das bis heute nicht gelöst ist, zutage. Jedenfalls schwächt der Brexit, vollzogen oder nicht, den Aufbau Europas.
Dennoch stoppt die Krise, die auf die Europäische Union einwirkt, nicht die Anwendung von supranationalen Einrichtungen wie die Europäischen Agenturen (Energie, Transport, Dienstleistungen…), Direktiven, Dekrete und Gesetze, die von der Europäischen Kommission und dem Europarat (bestehend aus den Regierungen der Mitgliedsstaaten) erlassen werden, die mit der Förderung der neoliberalen Politik zu Gunsten der großen Monopole fortfahren.
Diese Mechanismen begrenzen die nationale Kontrolle und Regelungsfähigkeit der Staaten in wichtigen Bereichen wie Energie, Transport usw. und unterdrücken sie sogar.
Die arbeiter- und volksfeindlichen Maßnahmen werden weiterhin angewandt und vermehren das Sozialdumping, die Konkurrenz „aller gegen alle“ und die Konkurrenz unter den Arbeitern…
Der deutsche und französische Imperialismus geben vor, den Prozess des europäischen Aufbaus zu leiten – für die Interessen ihrer eigenen Monopole. Aber sie konkurrieren auch miteinander. In der aktuellen Situation schlagen sie vor, ihre Krise durch den Ausbau der militärisch-industriellen Basis (Flugzeuge, Panzer, Drohnen, Raketen…) mit Hilfe der Entwicklung einer europäischen „Verteidigungspolitik“ zu lösen. Bis jetzt ist die Politik immer noch in Übereinstimmung mit der Nato, insbesondere mit dem Diktat, 2% des BIP für den Kriegshaushalt aufzuwenden, auf Kosten besonders der Sozialbudgets. Das führt auch dazu, dass die „neutralen Staaten“ der EU durch ihre Teilnahme an PESCO in die Militarisierung eingebunden werden.
Diese Tendenz zur Militarisierung verbreitet sich auf der ganzen Welt und die EU nimmt daran teil; Die EU ist kein Friedensfaktor, im Gegenteil, sie ist ein Kriegsfaktor.
Um die reaktionären Angriffe auf die Arbeiter und das Volk durchzusetzen, entfalten die Bourgeoisien der europäischen Staaten eine Politik der Unterdrückung gegen den sozialen Protest. Polizeistaat, immer repressivere Gesetze, immer weniger politische und soziale Rechte, immer mehr
Festnahmen von kämpferischen Arbeitern… Gleichzeitig fördern sie reaktionäre, faschistische Bewegungen und Parteien, die sich zur Wahl stellen. Sie profitieren von der Krise der traditionellen rechten und sozialdemokratischen Parteien, die alle die EU und ihre neoliberale Politik unterstützen. Das Ziel dieser rechtsextremen und sogar faschistischen Parteien ist es, zu spalten, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu fördern und den reaktionären Nationalismus zu verbreiten.
„Afrika ist unsere Zukunft“, rufen manche Regierungschefs und Führer der EU. Sie meinen damit, dass Afrika der ausschließliche Markt für ihre Produkte sei, dass Bodenschätze, Wasser, Lebensmittel, Land, Energieressourcen… der afrikanischen Länder für ihre Monopole da seien. Sie sehen es sogar als ihr Recht an, alle Arten von Müll (Industriemüll, chemische und nukleare Abfälle…) zu exportieren. Kurz gesagt betrachten sie Afrika als ihr Eigentum und verteidigen es gegen die Habgier anderer imperialistischer Mächte.
Die militärische Präsenz einiger europäischer Staaten in Afrika nimmt zu. Der französische Imperialismus ist die wichtigste Militärmacht, die in der Sahel- und Subsahara-Zone mit Tausenden von Soldaten, Militärbasen usw. präsent ist. Er übt Druck auf die EU und ihre Mitgliedsstaaten aus, Truppen und logistische Unterstützung zu entsenden und mehr und mehr Geld in den so genannten „Krieg gegen den Terror“ zu stecken.
Diese gesamte Politik ist die wesentliche Ursache der Ausbreitung des Elends, der ökonomischen Krise, welche die afrikanischen Länder befällt mit Folgen, die für die Arbeiter, Bauern und Völker Afrikas weit verheerender sind.
Das ist auch die wesentliche Ursache für die großen Migrantenströme, die Millionen von Menschen erfassen, zuerst in Afrika selbst. Einem kleinen Teil davon gelingt es, das Mittelmeer zu überqueren, um nach Europa zu gelangen.
Die EU entfaltet eine aggressive Politik gegen diese Migranten und verwandelt sich in eine „Festung“, indem sie militärische Seeüberwachung organisiert und damit Tausende von Toten hervorruft. Sie verstärkt auch die Schikane gegen die Migranten innerhalb Europas. Das ist die „europäische Politik der Solidarität“.
Der Widerstand in ganz Europa wächst
Wir können die Entwicklung des Widerstands der Arbeiter und Völker, den Widerstand der Frauen, der Jugend gegen die Armutspolitik beobachten, die sowohl von jeder Bourgeoisie als auch von der EU als ganzes vorangetrieben werden. Die Kämpfe für die Anhebung von Löhnen und Renten, die von der neoliberalen Politik stark gesenkt wurden, zur Verteidigung des öffentlichen Dienstes (Gesundheit, Erziehung, öffentlicher Verkehr, Sozialversicherung…), die von der Politik der Privatisierung angegriffen werden, gegen die Senkung der Sozialbudgets, die Kämpfe gegen Entlassungen, gegen die Ausweitung der prekären Arbeit (Uberisierung), nehmen zu. Es entwickeln sich auch Kämpfe gegen die Politik, die die Rechte der Arbeiter wie Tarifautonomie, das Streikrecht, das Demonstrationsrecht usw. einschränken will.
Neue Teile des Volkes werden in den Kampf gegen die Folgen der Sparpolitik, die Steuererhöhungen, die hauptsächlich von den Arbeitern und den unteren Schichten bezahlt werden, einbezogen, wie wir es in Frankreich mit den „Gelbwesten“ sehen. Die organisierte Arbeiterbewegung ist daran interessiert, die sozialen Forderungen dieser Art von Bewegung zu übernehmen, um die allgemeine Bewegung gegen das Kapital und die Regierung im Dienst der großen Monopole zu stärken.
Die Kämpfe stehen einer aggressiven polizeilichen und gerichtlichen Unterdrückung gegenüber: Das Wesen des Staates und der Klassencharakter der Gewalt, die sie gegen die Arbeiter- und Volksbewegung einsetzt, ist immer offensichtlicher. Gleichzeitig versteht sich auch die Legitimität des Widerstands der Arbeiter, der Jugend und der Menschen in allen Formen von selbst.
Die Mobilisierung der Frauen für gleichen und besseren Lohn, gleiche Rechte, gegen sexuelle Belästigung entwickelt sich, wie die wachsende Teilnahme von Arbeitern, Frauen wie Männern, in der mächtigen Mobilisierung zum 8. März zeigt.
Die Jugend, besonders in Europa, hat die Frage der Verantwortlichkeit der Regierungen und ihrer Politik, auch der großen Monopole für den Klimawandel und seine katastrophalen Folgen besonders für die Völker der armen Länder, angepackt. Teile der Jugend vertreten die Meinung, „nicht das Klima muss geändert werden, sondern das System“. Natürlich ist das ein erster Schritt im Bewusstsein, dass das kapitalistisch-imperialistische System hauptverantwortlich für die Umweltkatastrophe ist.
Es wächst auch der Widerstand gegen die Ausbreitung der rassistischen und faschistischen Kräfte in vielen europäischen Ländern. Dieser Widerstand drückt sich auf verschiedene Weise aus und gewinnt besondere Kraft in Teilen der Jugend.
Die Gefahr eines imperialistischen Krieges ruft auch eine größere Mobilisierung im Volk hervor. Die Anti-Nato-Bewegung, die Bewegung gegen US-Basen in Europa, gegen Atomwaffen in Europa wird stärker. Es ist wichtig, auch die Opposition gegen alle Arten von europäischer „Verteidigungspolitik“ auszubauen, die nur die Interessen der Monopole, besonders der des militärisch-industriellen Komplexes, gegen die Völker verteidigt. Gleichzeitig müssen wir immer das Wesen der Politik anderer imperialistischer Mächte wie Russland und China klarstellen, die auch Teil des zwischen-imperialistischen Kampfes sind. Sie sind nicht „friedlich“ oder „mögliche Verbündete“ für die Bewegung gegen den Krieg und gegen den Imperialismus.
In diesem allgemeinen Kontext der Verschärfung des Klassenkampfs und der Vertiefung der Hauptwidersprüche der Epoche, schlagen wir, marxistisch-leninistische Parteien und Organisationen Europas, folgende wichtige Aufgaben vor:
- Entwicklung einer aktiven Politik zur Einheit der Arbeiter auf der Grundlage ihrer Klasseninteressen und für die Einheit und den Kampf der Arbeiter und unteren Gesellschaftsschichten gegen die Offensive der Monopole und Kapitalisten, die Reaktion und die Kriegspolitik des Imperialismus.
- Entfaltung einer aktiven Solidarität mit den Arbeitern und Völkern der Welt, besonders der Menschen, die unter der imperialistischen Unterdrückung, Aggression und Ausplünderung leiden und sie bekämpfen.
- Verstärkung unserer Unterstützung für das palästinensische Volk und seine Organisationen im Kampf für seine nationalen Rechte, gegen den Zionismus und Imperialismus.
- Fortführung und Verstärkung unserer Solidaritätsarbeit mit den Völkern der Türkei gegen das reaktionäre Erdogan-Regime und mit den demokratischen, revolutionären und kommunistischen Kräften. Wir verurteilen die Bestrebungen des Erdogan-Regimes, die Führer der EMEP durch strafrechtliche und finanzielle Sanktionen zum Schweigen zu bringen.
- Kampf gegen die Mauer des Schweigens über den legitimen Kampf des Volks der Sahauri für Selbstbestimmung.
Wir beachten und unterstützen besonders die Völker und ihre revolutionären Organisationen, die kämpfen, um ihre reaktionären Regimes zu beseitigen und für Brot, Freiheit und Volkssouveränität, wie es gerade in Algerien und Sudan der Fall ist. Wir verurteilen alle Anschläge und Einmischungen der imperialistischen Mächte und reaktionären Regimes und Kräfte, die diese starken Volksbewegungen unterdrücken wollen.
Wir unterstützen unsere Bruderparteien in Afrika (speziell in Tunesien, Marokko, Burkina, Elfenbeinküste und Benin), die dafür kämpfen, den Kämpfen ihrer Völker einen revolutionären Charakter zu geben und sie zur nationalen und sozialen Befreiung, einem „Change“, zu führen.
Eine unserer speziellen Aufgaben ist der Aufbau unserer Organisationen, der Aufbau von Parteien der Vorhut der Arbeiterklasse, die Hilfe bei der Schaffung von m-l Parteien und Organisationen in Europa und die Stärkung der internationalen Solidarität.
Wir bekräftigen unser Engagement im revolutionären Kampf, für einen revolutionären Bruch mit dem kapitalistisch-imperialistischen System, für den Sozialismus.
Spanien, im Mai 2019
Regionalkonferenz der marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen, Mitglieder der IKMLPO
Kommunistische Arbeiterpartei Dänemark (APK)
Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei in Deutschland (Arbeit Zukunft)
Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs – PCOF
Kommunistische Plattform, für die Kommunistische Partei des Proletariats Italiens
Marxistisch-leninistische Organisation Revolusjon Norwegens
Kommunistische Partei Spaniens (Marxisten-Leninisten) – PCE (m-l)
Partei der Arbeit der Türkei – EMEP