Berichte vom 1.Mai 2019

Ungefähr 380.000 Kolleg/innen haben sich nach Angaben der Gewerkschaften bundesweit an Demonstrationen und Kundgebungen zum 1.Mai beteiligt. Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr und zeigt die wachsende Kampfbereitschaft.

Aktualisiert und ergänzt am 5. Mai!

Frankfurt: Größere Beteiligung


Die diesjährige Demo zum 1. Mai hat deutlich mehr Menschen angezogen als im Vorjahr: Mehr als 6.000 Menschen zogen durch Frankfurts Straßen, um für die Interessen der Werktätigen zu demonstrieren. AZ und Flugblatt wurden gut angenommen.

Die Demo und die Schlussveranstaltung wurden erfreulicherweise wieder dazu genutzt, auf aktuelle Arbeitskämpfe hinzuweisen: Seitens Verdi machten Angestellte der DHL auf ihre schlechter werdende Situation aufmerksam: massive Arbeitsverdichtung, geringe Löhne oder Verdrängung in die Scheinselbständigkeit wurden angeprangert. In einer Branche, in der alleine der Preis entscheidet, wird dieser letztlich von den Werktätigen bezahlt.

Frankfurts Taxifahrer wiederum demonstrierten gegen die Liberalisierungspläne des Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU). In ihrem Flugblatt weisen die Taxifahrer u. a. darauf hin, dass Uber in Brüssel alleine 160 Lobbyisten beschäftigt; dass der Springer-Verlag an Uber beteiligt ist und es daher nicht verwundert, wenn BILD und Welt gerne von den Fronten des „Taxi-Kriegs“ berichten. Wenn Kleinunternehmer den Kampftag der Arbeiterklasse dazu nutzen, auf ihre Situation aufmerksam zu machen, zeigt das wohl mit aller Deutlichkeit, dass dieses System in der Krise ist.

Die Reden der Funktionäre boten wenig Neues! Es wurde die neue schwarz-grüne Landesregierung Hessens kritisiert für ihre mangelhafte Sozialagenda und es wurde Werbung gemacht für die kommende Europawahl – als hätten die Werktätigen irgendetwas von alledem zu erwarten.

Freiburg

Die diesjährige Mai Kundgebung in Freiburg war diesmal überdurchschnittlich gut besucht, was nicht zuletzt auch am strahlenden Sonnenschein lag . An der Demonstration nahmen etwa zweitausend Menschen teil, die Stimmung war sehr gut. Mit dabei waren sehr viele junge Menschen. Auch ein recht starker kurdisch alevitischer Block war auf der Demo vertreten. Schwerpunkte auf der anschließenden Kundgebung, auf der die Landesvorsitzende der GEW sprach waren die drohenden Gefahren durch die Klima Veränderung, die Rechtsentwicklung und natürlich die immer mehr steigenden Mieten. In Freiburg ein derzeit alles überragendes Thema. Im Stadtteil Stühlinger , in dem die Maikundgebung alljährlich stattfindet, kam es in den letzten Wochen wiederholt zu kurzzeitigen Besetzungen leerstehender Häuser. Vor diesem Hintergrund fand der Beitrag der Cinemaxx (Kino) Beschäftigten in Freiburg, die derzeit um eine Erhöhung des Einstiegslohns auf zehn Euro verhandeln besonderen Zuspruch. Wie soll man bei den Lebenshaltungskosten in Freiburg mit solchen Einkommen überleben? Auch die anstehenden Kommunal-und Europawahlen warfen ihre Schatten voraus. In Freiburg tritt auch dieses Mal das Personenbündnis Linke Liste Solidarische Stadt an, das bereits seit 1984 im Gemeinderat vertreten ist.

Stuttgart


Schon vorher hatten wir einige „Arbeit Zukunft“ bei Daimler in Untertürkheim verteilt und zum 1.Mai aufgerufen.

Zum 1.Mai kamen in Stuttgart rund 5.000 zur Demonstration, die wie immer vom Marienplatz aus durch die Innenstadt bis zum Marktplatz vor dem Rathaus zog. An der Spitze marschierte die bekannte „Banda Maracatu“, die mit heißen Rhythmen für Stimmung sorgte. Sehr gut war eine Aktion des Frauenbündnisses Stuttgart gleich zu Anfang der Demonstration. Frauen aus diesem Bündnis postierten sich auf Stühlen stehend auf dem Weg der Demo und blockierten diese für ein paar Minuten. Auf Schildern protestierten sie gegen die besondere Unterdrückung der Frau und forderten die vollständige Befreiung der Frauen. Das kam auch in einer Rede lebendig und kämpferisch zum Ausdruck. Dann wurde die Straße frei gemacht und der Zug konnte weiterlaufen.

Martialisch war die Begleitung durch die Polizei. Ganz vorne war die berüchtigte Reiterstaffel der Stuttgarter Polizei, die schon bei vielen antifaschistischen Aktionen gegen die Antifaschisten zum Einsatz kam. Dann folgte ein „schwarzer Block“ in voller Kampfausrüstung. Dazu war die Stadt mit zahlreichen Polizeiautos und -motorrädern „geschmückt“. Passanten, denen der Zug entgegenkam, sahen zuerst das Großaufgebot der Polizei und mussten den Eindruck bekommen, da seien Schwerverbrecher auf der Straße. Das ist wohl auch so gewollt und gehört in Stuttgart seit Jahren zum 1.Mai. Und ebenso gehört es dazu, dass die Polizei Jahr für Jahr eine Auseinandersetzung mit dem „revolutionären Block“ hat. Das dominiert dann die Schlagzeilen und verdrängt die Forderungen der Kolleg/innen. Im besten Fall kommen dann höchstens noch ein paar hohle Sprüche von Gewerkschaftsführern in die Medien.

Deutlich mehr Kolleg/innen aus der Autoindustrie (Daimler, Bosch, Porsche) als im letzten Jahr waren dabei. Die IG Metall war deutlich zu sehen. Die Angst um den Verlust der Arbeitsplätze triebt die Kolleg/innen um.

Insgesamt war die Demo sehr lebendig mit vielen kämpferischen Parolen. Es war keine Latscherdemo.

Anders sah es dann vor dem Stuttgarter Rathaus bei der Kundgebung aus. Teilweise wirkte die Kundgebung wie eine Wahlkampfveranstaltung. Das Motto des DGB „Europa jetzt aber richtig“ war eindeutig. Wie Europa „richtig“ werden soll, dazu herrschte Schweigen. Natürlich gab es Kritik an Europa, der Sozialpolitik, der Aufrüstung. Aber wie das zu ändern wäre? Über den Wahlzettel! Es war öde und langweilig. Lichtblicke kamen vom Vorsitzenden des DGB-Stadtverbands Stuttgart, Phillipp Vollrat, der den Kampf gegen die Wohnungsnot in Stuttgart und andere Themen ansprach, die die Kolleg/innen betreffen.

Wir haben insgesamt rund 400 „Arbeit Zukunft“ zum 1.Mai verteilt. Unser Stand auf dem Marktplatz stieß auf einiges Interesse. In vielen Diskussionen ging es um die grundsätzliche Frage, wie es weitergehen kann, wie wir eine andere, sozialistische Gesellschaft erreichen können. Unsere Literatur war gefragt, obwohl wir auf unserem kleinen Stand nicht viel dabei hatten. Dazu bekamen wir einige Spenden zur Unterstützung unserer Arbeit.

Gera

Die 1.Mai-Kundgebung war gut besucht, obwohl viele zur zentralen Demo für Thüringen nach Erfurt gefahren waren. Sogar die CDU-Arbeitnehmer hatten einen Stand. Unser Flugblatt war schnell verteilt; mehr wären gut gewesen. Aber dafür stand dann viel Zeit für intensive Diskussionen zur Verfügung

München


Gefühlt nahmen deutlich mehr Menschen an der 1.Mai-Demonstration und -Kundgebung des DGB in München teil. Schätzungsweise 3 bis 4 Tausend. Bekanntlich hat der DGB den diesjährigen 1. Mai unter die Parole „Europa. Jetzt aber richtig!“ gestellt und folglich wurde ein großes Transparent mit dieser Parole der Demo auch vorangetragen. Es waren aber beileibe nicht alle Demo-Teilnehmer begeisterte „Europäer“, wie man sich leicht denken kann.

Wie in München üblich, war die 1.Mai-Demo in diverse Blöcke untergliedert, so MLPD, Arbeiterbund, DKP, die Linke, (sogar einige SPD-Fahnen wurden geschwenkt), kurdische, alevitische Vereine, TKPML, DIDF usw. Am Schluss zog noch eine Gruppe (oder Partei ?) „VOLT“ mit, die anscheinend nur dazu da ist, Pro-Europa-Propaganda zu verbreiten. Zwischen drin eingesprengt waren dann auch Gruppen mit Fahnen der Einzelgewerkschaften. Von der IGM, deren Mitglied ich bin, zählte ich gerade mal 3 Fahnen und vielleicht gerade mal doppelt so viele Kollegen, die unter den IGM- Fahnen mitmarschierten.

Das fand ich beschämend. In und um München gibt es Metall-Standorte von großen Konzernen wie Siemens, BMW, Kraus-Maffei usw. Davon sollen sich nur eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen zur Maidemo mobilisieren lassen? Vielleicht befanden sich ja noch manche im „Roten Block“ des Arbeiterbundes (davon noch später).


Wenn man natürlich die Kundgebungsreden betrachtet, dann wundert einen weniger, dass da nicht so viele „normale“ Kollegen hin gehen. Als Gastredner (und 1. Redner) war der Münchner OB Reiter (SPD) eingeladen. Die Rede bestand zu einem Teil aus massiver Werbung, bei der Europawahl mitzumachen (implizit die Sozialdemokraten zu wählen, die ja so sozial sind und außerdem den „Populisten“ den Zugang zu Europa schwer machen), zum anderen darin, die SPD-Fraktion im Rathaus als die großen Wohltäter hinzustellen, die alles tun, um die Mieten billiger, den Nahverkehr günstiger, die Stadt lebenswerter usw. zu machen. Der DGB-Bezirksvorsitzende wich kaum von dieser Lobhudelei für die EU ab, obwohl er auch bemängelte, dass ein „Großteil des Reichtums … immer noch in den Händen einer kleinen Minderheit [liegt]“. Was heißt da schon „immer noch“. Das wird auch so bleiben, so lange die DGB-Gewerkschaften auf Sozialpartnerschaft machen und sie ihre Mitglieder zur Manövriermasse für EU-Wahlen machen. Immerhin forderte er auch „die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine wirkungsvolle Erbschaftssteuer sowie eine gerechte Einkommensteuer.“ Aber das ersetzt natürlich nicht den Kampf der Kolleginnen und Kollegen gegen die Ausbeutung in Betrieb und Büro.

Am lautesten und sichtbarsten während der Kundgebung war der „rote Block“ des Arbeiterbund.

Erst einmal finde ich es nicht richtig, einen eigenen „roten Block“ zu bilden und auch die anderen Kolleginnen und Kollegen aufzufordern, in diesem Block und nicht bei ihren Arbeitskollegen mitzumarschieren. Aber, wie gesagt, die anderen Gruppen machen das ja auch. Ohne den gegenwärtigen Bewusstseinsstand in der Arbeiterklasse zu berücksichtigen, ruft der Arbeiterbund in einem Flugblatt zum sofortigen politischen Streik auf. Aber wer soll den organisieren? Letztendlich doch der DGB. So heißt es: „Wenn der DGB seine 1.Mai-Losung „Europa – jetzt aber richtig!“ ernst meint, dann hat er sofort den politischen Streik aller Gewerkschafter auszurufen.“ Pfeifendeckel! Macht er natürlich nicht. Und ich frag‘ mich, ob der Arbeiterbund die 1.Mai-Losung „Europa – jetzt aber richtig!“ plötzlich auch für eine gute Kampflosung hält, die man ernst nehmen muss.

Neben und in der Demo konnte ich knapp 200 unserer Maiflugblätter und einige „Arbeit Zukunft“ verteilen.

S.N.

Magdeburg: 3 Veranstaltungen davon 2 Demonstrationen


Kundgebung der DGB Jugend auf dem Domplatz

2018 gingen DGB Jugendliche und verschiedene antikapitalistische Jugendgruppen erstmals gemeinsam auf die Straße. Etwa 100 Personen beteiligten sich an dieser kämpferischen Kundgebung und anschließenden Demonstration durch die Innenstadt.

Dieses Jahr wurde um 10.00 Uhr von der DGB Jugend am Domplatz eine Kundgebung mit kämpferischen Reden und anschließender Demonstration mit etwa 150 Teilnehmern durchgeführt.

Auf dem Alten Markt hat der DGB eine Maiveranstaltung unter seiner Parole von einem „Europa. Jetzt aber richtig“ durchgeführt.

Etwa 1000 Besucher kamen zur traditionellen Maikundgebung des Gewerkschaftsbundes. Verschiedene Stände, wie SPD, CDU, Linke, Offene Heide, Gartenpartei, BUND e.V., MLPD und weitere waren vertreten.

AZ hatte eine Reihe von Gesprächen u.a. mit einem Gewerkschafter aus Nürnberg, der über die SPD Politik viel Kritik vorbrachte. Er sieht aber keine Kraft die eine Politikänderung bringen würde. Die heutigen verschiedenen Linken überzeugen ihn nicht, ansonsten streiten die sich und sind oftmals rechthaberisch. Von Arbeit Zukunft hat er noch nichts gehört, will die Zeitung aber durchlesen.

IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger mahnte zur Teilnahme an der Europawahl. Europa sei das „größte Friedensprojekt“ – wohl wissend das das nicht stimmt! – und das müsse auch so bleiben.

Und wie so oft durfte OB Lutz Trümper (SPD) – bekannt durch seine Rumänen Phobie – auch 2019 zum Rednerpult kommen und seine Versionen der Stadtentwicklung zu Besten geben. „Vor zehn Jahren stand ich auch hier. Da hatten wir eine Arbeitslosigkeit von 20 Prozent. Heute sind es noch 7 Prozent. Das ist auch auf die Arbeit von Politik, Gewerkschaft und Unternehmen zurückzuführen.“ Wie diese „Erfolge“ aber zustande kamen, darüber schwieg er. Leider kam von Gewerkschaftsseite auch keine Widerrede.

Um 14.00 Uhr fand dann noch eine „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ mit etwa 100 Teilnehmer statt. Sie war die Kleinste an diesem Tag, aber auch die lauteste. Die Forderungen und Parolen waren auch die, die es auf jeder Antifa-Demo gab.

Bielefeld


Laschet am Rednerpult. Zahlreiche Protestplakate, Pfiffe und Buhrufe empfingen ihn

Auf der zentralen Kundgebung des DGB in NRW sollte der CDU-Ministerpräsident Armin Laschet reden. Eine unverschämte Provokation! Er wollte für den reaktionären Kurs der Landesregierung Werbung machen und sich als „Arbeiterfreund“ darstellen. Doch diese Suppe wurde ihm kräftig versalzen. Ein gellendes Pfeifkonzert und Sprechchöre zwangen ihn, schon nach wenigen Minuten das Podium zu verlassen. Das war auch eine kräftige Klatsche für die DGB-Führer, die diesem Arbeiterfeind ein Podium geben wollten. Viele Jugendliche auch aus der Fridays for future-Bewegung beteiligten sich an dem Protest. Laschet versuchte noch, sich anzubiedern, indem er meinte, die Forderung „Hambi bleibt“ sei berechtigt, aber man müsse halt auch an die Gewerkschaften und die Arbeitsplätze denken. Doch zum Glück sind viele Gewerkschafter/innen in ihrem Bewusstsein weiter und lassen sich nicht mehr so leicht mit der Formel „Arbeitsplätze gegen Umweltschutz“ austricksen. Für die Co-Manager in der DGB-Führung war das eine krachende Niederlage.

Bonn

Die Beteiligung war dieses Jahr gut. Viele Initiativen nahmen teil und hatten Stände bei der Abschlußkundgebung. Unser Flugblatt und die Zeitungen gingen gut weg. Etwas abseits versuchte die Polizei, eine Gruppe revolutionärer Jugendlicher zu blockieren, was sie aber nach einiger Zeit aufgeben musste.

Hamburg

Mit 7.000 Kolleg/innen nahmen fast doppelt so viel an der Demonstration und Kundgebung des DGB teil. Man sah deutlich, dass vor allem Kolleg/innen aus den Betrieben stärker mobilisiert waren. Ver.di, Transnet, IG Metall waren sichtbar vertreten. Viele Kolleg/innen bewegt nicht „Europa“, von dem die DGB-Führer schwafelten, sondern die Angst um ihren Arbeitsplatz und die gesamte negative Entwicklung in unserem Land. Unsere Flugblätter und Zeitungen kamen gut an.

Nachmittags gab es noch eine Demonstration von der Sternschanze nach Eimsbüttel unter dem Motto „Gemeinsam gegen Ausbeutung in die revolutionäre Offensive“ mit rund 2.000 Teilnehmer/innen. Aufgerufen dazu hatte unter anderem der „Rote Aufbau Hamburg“.