Stadt Stuttgart räumt für das Immobilienkapital besetztes Haus in der Forststraße

Update: Jetzt mit Erklärung der Besetzer/innen!

Unterstützer/innen rufen zu Protestkundgebung um 18:00 Uhr vor dem Haus auf!

Auf Anordnung der Stadt griff die Polizei die Besetzer/innen des Hauses Forststraße 140 Stuttgarter Westen an. Donnerstagmorgen, 28. März 2019 ab 7:30 wurde das Mehrfamilienhaus geräumt.

Gegen 10 Uhr hatte laut Stuttgarter Zeitung (Vgl. Bericht auf Homepage (https://www.stuttgarter-zeitung.de/ – dort auch Bilder!) die letzten das Haus verlassen. Das Blatt, stets bemüht, die Herren der Stadt in bestem Licht darzustellen, selbst wenn sie Eigentumsrecht e Immobilienkapitals an Aktivistinnen gegen soziale Not vollstrecken, behauptet, die im besetzten Haus Anwesenden hätten gnädigerweise Zeit bekommen, ihre Sachen zu packen.

Der so genannte „Ordnungsbürgermeister“ Schairer (CDU) hatte als Grundlage für die Räumung eine Allgemeinverfügung erlassen. Diese dekretiert: Die Besetzung stellt eine Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung dar. Damit versucht die Satdt offensichtlich, ohne eine Räumungsklage schlagartig Fakten zu schaffen.

Anzeige wegen Hausfriedensbruchs droht

Den aus dem Haus geworfenen droht eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Ein Anwohner aus dem gegenüberliegenden Haus berichtete laut Stuttgarter Zeitung, er habe am Morgen das Grundstück nicht verlassen dürfen.

Am 9. März hatten Aktivisten das leerstehende Mehrfamilienhaus im Anschluss an eine Demonstration besetzt. Der Protest richtet sich gegen die geplante Sanierung des Hauses, nach der die Mieten um mehr als Einhundert Prozent steigen soll.

Vermittlungsheuchelei!

Am Dienstag war eine „Vermittlung“ durch die Stadt Stuttgart nach wenigen Minuten gescheitert. Im „grünen“ Stuttgart schickt der Oberbürgermeister Fritz Kuhn (B90/Grüne) CDU-Hardliner Schairer vor, einen ehemaligen Polizisten, der heute „Ordnungsbürgermeister“ der Stadt ist. Das ließ noch vor Beginn des „Vermittlungsgesprächs“ ahnen, wie die Sache dann auch tatsächlich ausging. Eigentümerfirma WS Real Estate KG wie auch die Stadt zeigten keinerlei Interesse an der Schaffung von sozialem Wohnraum für von Wohnungsnot Betroffene in der Forststraße 140. So wunderte es auch nicht, dass der Ordnungsbürgermeister und ehemalige Polizeipräsident Schairer gebetsmühlenartig die Hausbesetzung als kriminellen Akt und Rechtsbruch bezeichnete und mehrfach die jetzt durchgezogene Räumung androhte. zeigte er klar: Mit Vermittlung hat die Stadt ini Wahrheit von vorn herein nichts im Sinn.

Stadtsprecher Sven Matis fasste gegenüber Stuggi-TV drastisch klar zusammen, wie Schairer vorging:

Der Ordnungsbürgermeister hat klargemacht, dass eine Hausbesetzung als Hausfriedensbruch strafbar ist, dass das nicht geduldet werden kann in dieser Stadt. Die Stadt hat in dieser Situation ihre Vermittlung angeboten, wollte zu Gesprächen an einen Tisch einladen. Das ist heute auch gelungen, aber er hat auch den Rechtsbeistand der Besetzer aufgefordert, dass diese unverzüglich das Haus zu räumen haben, damit der Eigentümer mit dem umfangreichen Um- und Ausbau des hauses beginnen kann.“ (Vgl.: http://leerstandbeleben.bplaced.net/?p=742 )

Ein merkwürdiges Verständnis von Vermittlung: Übermittlung des Räumungsbefehls in Gegenwart der Immobilenanwälte! Das zeigt: Die Stadt hatte entgegen Äußerungen im Vorfeld keinerlei Vermittlung im Sinn, sondern wollte sich mit den Gesprächen lediglich selbst „sozial“ inszenieren, um dann knallhart Fakten im Interesse des Immobilienkapitals durchzusetzen!

Der Kampf in Stuttgart und anderswo um Wohnraum geht sofort weiter!

Die Unterstützer/innen rufen zu einer Protestkundgebung heute (Donnerstag, 28.03.2019) um 18:00 Uhr an der Stuttgarter Forststraße auf.

Für den Samstag, 6. April 2019, 14:00 Uhr ruft ein breites Bündnis gegen Wohnungsnot zu einer Demonstration „Stoppt den Mieten-Wahnsinn!“ auf den Stuttgarter Schlossplatz!

Kommt zahlreich, beteiligt Euch an den Aktionen und an der Mobilisierung!

Weitere Infos hier:

Die Kontext:Wochenzeitung hat einen kleinen Beitrag zur Räumung und der Frage, wer davon wusste veröffentlicht:

https://www.facebook.com/KontextWochenzeitung.de/

Alle weiteren Erklärungen der Besetzer/innenund Unterstützer/innen:

www.leerstand-beleben.tk

Hier die Erklärung von heute (28.03.2019):

Erklärung der BesetzerInnen:
Stadt lässt Haus räumen – Für eine Verfestigung rechtswidriger Zustände
Heute morgen um 7:30 Uhr wurde die Forststr. 140 von der Polizei geräumt. Drei Wochen lang war das Haus im Stuttgarter Westen besetzt und wurde mit Leben gefüllt. Jetzt steht es wieder – von der Polizei bewacht – leer.
Die Wohnungen in der Forststraße standen zwischen 2 und mehr als 10 Jahren leer. Am 9. März wurden sie besetzt und teilweise renoviert, um sie ihrem eigentlichen Zweck zuzuführen – nämlich Menschen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Die Besetzung war einerseits handfester Protest gegen einen Wohnungsmarkt, der einer kleinen Schicht aktuell riesige Profite auf Kosten aller Mieterinnen und Mieter verspricht. Andererseits sollte ganz konkret Menschen, die keine Wohnung finden geholfen werden: Zum Beispiel Stefanie Schädel, einer alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern, die Ende des Monats auf der Straße steht, oder Tanja Klauke, deren Miete nach Modernisierung auf einen Schlag um 136% steigen soll, was sie sich von ihrem Krankenschweter Gehalt nicht mehr leisten kann.
Verhandlungen? Heuchelei und Ablenkung!
Die Räumung heute folgt nur zwei Tage nach Verhandlungen der BesetzerInnen mit der Stadt und den Eigentümern. Sie ist der Beweis dafür, dass es der grünen Rathausspitze und Ordnungsbürgermeister Schairer (CDU) nie um eine Vermittlung gegangen ist: Die Verhandlung war nichts weiter als eine Nebelkerze, um von der schon geplanten Räumung abzulenken. Diese Taktik ist nicht neu, schon bei der Wohnungsbesetzung in der Wilhelm-Raabe-Str. 4 in Heslach, waren angebliche Vermittlungsbemühungen der Stadt nur der Auftakt zur Räumung. Die Heuchelei von Schairer, Kuhn und Co. ist heute aber offensichtlich geworden: Denn die Räumung wurde nicht von den Eigentümern veranlasst – sondern von der Stadt selbst! Die freche Begründung: Es bestehe die Gefahr, „dass sich ein rechtswidriger Zustand verfestigt“ und die Besetzung sei „eine Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung.“
Wir halten fest: Ein rechtswidriger Zustand besteht, wenn AktivistInnen gegen Leerstand und von Wohnungsnot und Verdrängung betroffene Familien für ein Dach über dem Kopf kämpfen. Ein rechtskonformer Zustand ist, wenn guter Wohnraum jahrelang leersteht, damit die Eigentümer spekulieren und Rendite machen können. Wir sagen: wenn das gilt, dann sind wir sehr wohl für die „Verfestigung rechtswidriger Zustände“, denn dieses Recht dient nicht der Allgemeinheit, sondern nur dem ohnehin schon dicken Geldbeutel, einiger weniger Vermieter, Spekulanten und Kapitalanleger!
Grüne: Teil der Lösung? – Teil des Problems!
Bei jeder Gelegenheit betont der grüne Oberbürgermeister Kuhn, gegen die Wohnungsnot, gegen unbezahlbare Mieten und die damit einhergehende Verdrängung aktiv zu sein. So rufen die Stuttgarter Grünen auch zur großen Mietendemo am 6.April auf. Heute hat ihr wichtigster lokaler Repräsentant den ganz konkreten Versuch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, durch ein Großaufgebot von 100 Polizisten, inklusive von zwei Drohnen (!), beendet. Dass die Partei des Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer, die CDU, auch die Partei der Immobilienkonzerne wie Vonovia ist, ist schon lange bekannt. Dass das auch für die Grünen bzw. ihren Chef gilt, hat sich heute mal wieder bewiesen. Wir sind gespannt, ob die Grünen am 6.April so ehrlich sind gegen ihre eigene Politik zu demonstrieren?
Wie auch immer: So lange wir in einem System leben, dass Wohnungsnot und Leerstand zum gleichen Zeitpunkt ermöglicht und befördert, wird der Widerstand weitergehen! Die nächste Besetzung kommt bestimmt!