Stuttgarter FDP und CDU-Politiker biedern sich an den Protest an
Samstag, 9.2.2019, Stuttgarter Schlossplatz. Schon wieder Demo! Rund 300, vielleicht 400 Leute gegen die Stuttgarter Dieselfahrverbote. Doch man reibt sich verwundert die Augen: FDP, CDU, Freie Wähler, FDP Stuttgart meldeten an.
Reaktionäre Kundgebung von CDU, FDP, Freie Wähler auf dem Schlossplatz
Lautes, demagogisches Getön: Wie schrecklich, wie furchtbar! Diese Grünen, diese Deutsche Umwelthilfe, die doch frech auf die Einhaltung der einschlägigen Paragraphen klagt und damit auch noch Recht kriegt. Übles Gehetze von allen Beteiligten. Ein besonderer Höhepunkt: CDU-Bundestagsabgeordnete, namentlich Frau Maag (in Abwesenheit) und Herr Kaufmann lassen sich als Widerständler feiern. Der Chef der FDP-Landtagsfraktion Rülke hetzt dazu demagogisch, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) habe „mehr mit organisierter Kriminalität zu tun als mit Umweltschutz“ Na ja, der Herr kennt sich halt aus.
Fragen an die Damen und Herren von CDU und FDP:
Die 39. Bundesimmissionsschutzverordnung (BimSchv) von 2010 enthält die einschlägigen Paragraphen, nach denen die DUH auf Einhaltung klagt und die Gerichte ihre Urteilte fällten.
2018 wurde diese BimSchv leicht verschärft. Hierfür war die GroKo zuständig, trug 2010 die Urversion der Verordnung die Unterschrift von Frau Merkel und Herrn Röttgen (damals Umweltminister). Wenn wir uns richtig erinnern, gehören beide der CDU an.
Damals regierte die CDU in Koalition mit einer gewissen FDP. Sehr wahrscheinlich haben die beiden Parteien die Verordnung doch wohl gemeinsam durch das Gesetzgebungsverfahren gebracht. Oder etwa nicht? Nun ist sie geltendes Recht!
Wir hätten da eine klare Frage an die Abgeordneten der CDU und der FDP! Speziell in Stuttgart natürlich an die, die am 9.2.19 wie damals dabei waren: die schon erwähnten Karin Maag und Stefan Kaufmann (beide CDU) und an Frau Judith Skudelny(FDP). Sie waren damals Stuttgarter Abgeordnete der schwarzgelben Koalition. Wie haben Sie denn abgestimmt? Was haben Sie damals (vor 9 Jahren!) gemacht? Waren Sie etwa dagegen? Haben Sie nach erfolgtem Beschluss sich dann auch dafür eingesetzt, dass sofort die für die Luftreinhaltung laut Verordnung notwendigen Maßnahmen durchgesetzt werden – gegen Kapital und Auto-Industrie? Die Lage heute zeigt klar: Nein, das haben weder sie noch ihre Parteifreunde getan. Längst hat das Automobil-Kapital ihre berüchtigte Betrügerei eingefädelt. Die Regierung schaute intensiv zu. Nein, sie schaute weg!
Man muss sich schon sehr wundern, dass CDU und FDP heute den dicken Maxe machen – anstatt sich öffentlich ihrer Verantwortung für die entstandene Lage zu stellen. Unsere Frage an Herrn Rülke, angeblich ein Liberaler: Was hat denn die Umwelthilfe anderes getan als auf Einhaltung der beschlossenen Paragraphen zu klagen? Darf sie das nicht?
Uns war nicht bekannt, dass das ein Tätigkeitsfeld der „organisierten Kriminalität“ wäre, in deren Umkreis Rülke auf dem Schlossplatz die DUH demagogisch stellte!?
Typisch bürgerliche Politiker!
Hier versuchen sie sich aus ihrer Verantwortung zu stehlen – typische Tour bürgerlicher Politiker. Speziell Merkels CDU hat alles durchgewinkt, was heute gilt – natürlich auch Grüne und SPD. Das Problem aber ist: Gesetze und Verordnungen zum Schurz der Umwelt sind doch eigentlich gut. Aber im klaren Klasseninteresse des Kapitals haben sie einen Dreck dafür getan, diese Dinge um- bzw. durchzusetzen. Sie machen Gesetze, die sie selbst über Jahre missachten, zu deren Bruch sie heute aufrufen. Und sie hetzen gegen die, die sich für die Einhaltung einsetzen.
Sie haben die gegenwärtige Lage zu verantworten, die gerade die Ärmsten, die Arbeiterinnen, Arbeiter, Angestellten, Rentnerinnen und Rentner, Erwerbslosen zur Verzweiflung und Wut treibt. Gerade die Prekärsten, z. B. die Leiharbeiter/innen sind oft auf ein Auto angewiesen. Heute müssen sie hier arbeiten, morgen da, oft „Jot-We-De“ in der Pampa, zwei Wochen später wieder ganz woanders. Sie brauchen ihren Wagen, der meist alt ist: Diesel, Euro 4 oder 3… Aber sie können sich einfach kein neues Auto leisten, auch mit den „Verkaufsfördermaßnahmen“ des obersten Autoverkäufers Scheuer (CSU) nicht, die somit faktisch für sie auch gar nicht gelten. Klassenpolitik gegen die arbeitende Klasse!
Reiche dagegen können sich vielleicht schwarz ärgern, haben aber nicht wirklich Probleme damit. Sie profitieren von Rabatten und Fördermaßnahmen. Aber: die verantwortlichen Automobil-Kapitalisten machen Extraprofit. Dazu sagten die Typen auf dem Schlossplatz natürlich kein Wort.
Gelbe Westen am Neckator
Demo von Kolleg/innen am Neckartor
Nur rund zwei Kilometer weiter, in der Heilmannstraße, am berüchtigten Stuttgarter Feinstaub- und Stickoxid-Hotspot Neckartor, demonstrierten am gleichen Tag viele wirklich Betroffene. Der Porsche-Kollege Joannis Zakkaros hatte zum 5. Mal aufgerufen. Rund 1000 kamen. Gelbe Westen bestimmten das Bild. Hier mischten sich einige rechte, reaktionäre Kräfte und Ideen mit vielen richtigen Forderungen und berechtigter Empörung über die Klassenpolitik der Regierenden in Bund und Land. Hier dürfen Kommunisten nicht kneifen.
Auf beiden Veranstaltungen verteilte Arbeit-Zukunft mehrere hundert Flugblätter, die meisten am Neckartor – trotz Ablehnung durch die Organisatoren um Zakkaros. Wir stellen die Klassenfrage in den Vordergrund. Der Flyer fand reges Interesse.
Leserinnen und Leser können ihn hier herunterladen: fahrverbot
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