Der braune Sumpf und der Staat – oder: So viele „Einzelfälle“

Eifrige Journalisten haben in letzter Zeit eine Reihe merkwürdiger „Einzelfälle“ aufgedeckt, bei denen immer deutlicher Verbindungen zwischen rechtem Terror und dem Staat sichtbar werden und ein rechtes Terrornetzwerk gefunden wurde.

Es begann mit dem Fall des rechtsterroristischen Bundeswehroffiziers Franco A. Er wurde im April 2017 wegen der Planung von Attentaten auf Politiker und fortschrittliche Kräfte verhaftet. Mit der falschen Identität eines Flüchtlings wollte er Anschläge durchführen. Obwohl die Generalbundesanwaltschaft deswegen Anklage erhob, sah das Oberlandesgericht Frankfurt „keinen hinreichenden Tatverdacht“. Daher ist Franco A. seit November 2017 wieder frei.

In diesem Zusammenhang wurden im August 2017 Wohnungen und Büros von sechs „Preppern“ (von engl. prepare – vorbereiten) im Nordostdeutschland durchsucht. Sie waren in einer Gruppe „Nordkreuz“ zusammengeschlossen und hatten Listen von Linken angelegt, die sie in einem Krisenfall, bei dem der Staatsapparat zusammenbricht, gefangen nehmen und exekutieren wollten. Waffenlager wurden gefunden. Der Focus berichtet von einer Untergrundarmee. Zeugen sagten aus, dass es konkrete Planungen für einen „Tag X“, Politiker „zu einem Ort mit Tötungsabsicht“ zu verbringen“, gab Unter den Beschuldigten befindet sich ein Kriminalpolizist und ein Rechtsanwalt. Die Bundesanwaltschaft bezog die zuständige Polizei von Mecklenburg-Vorpommern nicht in die Hausdurchsuchungen mit ein, da sie ihr misstraute. Auch der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern bekam Informationen erst, als die Hausdurchsuchungen kurz bevor standen. Man befürchtete das rechtsterroristische Netzwerk könne gewarnt werden. Denn zu dem Netzwerk gehörten unter anderem ein SEK-Polizist und ein ehemaliger Soldat, der zu dieser Zeit eine Reservistenkompanie führte, die am Einsatz beim G20-Gipfel in Hamburg teilnehmen sollte. Die Ermittlungen schleppen sich seither dahin. Unter anderem hat ein Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) Angehörige der Krisenreaktionsstreitkräfte (KSK), die in dieser Szene beteiligt waren, vor Hausdurchsuchungen gewarnt. Er ist jetzt beim Amtsgericht Köln angeklagt.

Wie schon diese Ereignisse zeigen, ist diese Truppe nicht allein. Es gibt weitere Prepper-Netzwerke, die mit dem „Nordkreuz“ verbunden sind. Sie sind über ganz Deutschland verbreitet bis nach Österreich und in die Schweiz. Führende Figur in allen diesen Netzwerken ist nach Recherchen der TAZ, von Focus ist ein Mann mit dem Decknamen „Hannibal“. Mit bürgerlichem Namen heißt er André S. und ist Soldat beim KSK in Calw. Er ist Gründer des Vereins „Uniter“, in dem sich KSK-Elitekämpfer und Bundeswehroffiziere organisieren. Bei ihm laufen einige Fäden zusammen. Geschützt wird er nach Angaben der TAZ vom MAD, der ihm Warnungen zukommen lässt – siehe oben. Nach den Hausdurchsuchungen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern gibt der dortige CDU-Innenminister Lorenz Caffier (CDU) Entwarnung: Es gibt kein Problem!

Und hier schließt sich der Kreis zum Ausgangspunkt: Der mittlerweile aus der Haft entlassene Franco A. war Mitglied der Gruppe Süd dieses Netzwerkes, an dem Polizisten, Bundeswehrsoldaten, Beamte, Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, Unternehmer usw. beteiligt sind. Und er war aktiv in diesem Netzwerk. Er nahm an einem konspirativen Treffen im Schützenverein in Albstadt teil, bei dem die Handys im Auto gelassen werden mussten. Er besorgte neue Mitglieder für die Gruppe, denen er erzählte, es handele sich um eine besondere Gruppe in der Bundeswehr. Unter anderem warb er einen Waffenhändler, bei dem er Waffenteile gegen bar gekauft hatte, damit sein Name nicht registriert wird.

Als Franco A. auffliegt, lässt „Hannibal“ sofort alle Chats in den Gruppen Nord, Süd, West und Ost löschen. Spuren sollen verwischt werden.

Bei den weiteren Ermittlungen kommt heraus, dass die Gruppe so genannte „safe houses“ im ganzen Bundesgebiet hatte, darunter auch die KSK-Kaserne in Calw, die man im Krisenfall in die Gewalt des Netzwerkes bringen wollte.

Mittlerweile hat André S. das KSK verlassen Beim Generalbundesanwalt gilt er nicht als „Beschuldigter“, sondern nur als Zeuge. Bei einer Befragung von Christof Gramm, dem Leiter des MAD, Mitte November 2018 im Bundestag, sagt der: „Wir haben keine gewaltbereiten Rechtsextremisten festgestellt.“ Und: „Eine Vernetzung von gewaltbereiten Extremisten innerhalb der Bundeswehr findet daher auch nach unserer Wahrnehmung nicht statt.“

Zeitgleich ist übrigens auch bekannt geworden, dass sowohl der NSU wie auch der islamistische Attentäter Anis Amri, dasselbe Pistolenmodell Erma, Modell EP 552, Kaliber .22 verwendeten. Und, welch ein Zufall, in beiden Fällen die Waffe auf dem gleichen Wege über zwei Stationen am Bodensee und in der Schweiz besorgt wurde. Beide Waffen haben eine ähnlich Seriennummer. Nimmt man dazu, dass der Verfassungsschutz über seine V-Leute von den Mordplänen hätte wissen können, und Amri inhaftiert war, aber wieder frei gelassen wurde, dass kurz vor seinem Attentat seine Beobachtung eingestellt wurde, so reiht sich das nahtlos in den Umgang mit den rechten Terrornetzwerken ein.

Das sind ganz viele „Einzelfälle“, soll uns da eingeredet werden. Merkwürdig! So viele Einzelfälle? Und dann noch alle mit Verbindungen?

Ziehen wir die Kreise weiter und verbinden diese „Einzelfälle“ mit dem Skandal um Hans-Georg Maaßen und seine rechten Verschwörungstheorien, mit dem geheim geplanten Vortrag der baden-württembergischen Verfassungsschutzpräsidentin Bube bei der AfD, um die Nicht-Aufklärung der NSU-Morde und des dabei sichtbar gewordenen rechts-terroristischen Netzwerkes, mit den Millionen Euro, die die AfD vom Großkapital auf dubiosen Wegen erhalten hat, mit den zahllosen großen und kleinen Skandalen der letzten Jahre, dann wird aus den „Einzelfällen“ ein System, bei dem der Staatsapparat eng mit dem rechten Sumpf verbunden ist, diesen schützt und für seine Zwecke benutzt.

Wenn man die Kreise noch weiter zieht, wie zu dem bis heute nicht ernsthaft aufgeklärten rechts-terroristischen Anschlags auf das Münchner Oktoberfest 1980, dem 1978 vom Verfassungsschutz inszenierten Bombenanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Celle, den man der RAF in die Schuhe schob oder gar zu den Anfängen der Verfassungsschutzämter, wo man ungeniert die alten Nazis als „Fachleute“ bis in die oberste Führung holte, so wird diese Einschätzung bestätigt. Für diesen Staat sind Nazis und Rechtsterroristen notwendige Hilfstruppen im Kampf um den Machterhalt – gegen das eigene Volk, vor allem seine fortschrittlichen und revolutionären Kräfte.

Hier einige Quellen:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article184528466/Erma-EP-552-Amri-und-der-NSU-nutzten-dasselbe-Pistolenmodell.html

https://www.uckermarkkurier.de/mecklenburg-vorpommern/afd-blutorden-im-visier-der-behoerden-2833848211.html

http://www.taz.de/!5548926/

https://www.tagesspiegel.de/politik/todesopfer-rechter-gewalt-es-wird-geleugnet-getrickst-und-verharmlost/23595512.html

https://www.focus.de/politik/deutschland/planten-anschlag-fall-franco-a-bka-hat-hinweise-auf-netzwerk-innerhalb-der-bundeswehr_id_9877882.html

https://www.jungewelt.de/artikel/343269.rechte-netzwerke-terroristen-in-uniform.html

https://twitter.com/BlackboxVS

https://www.morgenpost.de/berlin/article215880821/Attentaeter-vom-Breitscheidplatz-hatte-offenbar-Mitwisser.html