Arbeit Zukunft verurteilt die Pogrome, die rücksichtslose Menschenjagd auf Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund in Chemnitz.
Bei einem Chemnitzer Stadtfest starb in der Nacht von Samstag auf Sonntag, den 26. August 2018, Daniel Hillig, ein 35-jähriger Arbeiter, Schreiner, Familienvater und Antifaschist, Sohn eines als Arbeiter in die DDR eingewanderten Kubaners und einer deutschen Mutter. Er erlag seinen Verletzungen nach einem Streit, deren Gründe bislang unklar sind.
Zwei weitere Personen, mit denen er zusammen war, wurden schwer verletzt. Er erlag der Messerattacke zweier Männer. Zwei Flüchtlinge aus Chemnitz werden verdächtigt und sind in Haft. Wir verurteilen dieses abstoßende Verbrechen! Nichts rechtfertigt diesen Tod.
Besonders verurteilen wir die Tatsache, dass die Täter einen Menschen offenbar rücksichtslos töteten, der in einer angespannten, mutmaßlich für sie selbst bedrohlichen politischen Situation, auf ihrer Seite stand. Mit vielen anderen revolutionären Menschen sagen wir: Immigranten sind nicht per se gut. Nationalität und Herkunft sind egal – Verbrecher bleiben Verbrecher!
Trotzdem aber auch hier klare Position: nichts rechtfertigt die unterschiedslose Hatz auf Zugewanderte! Die offizielle Kriminalstatistik zeigt zudem, dass sie keineswegs krimineller sind als Inländer. Wer wie die AfD anderes verbreitet, schürt bewusst Pogromhetze und Gewaltausbrüche, will spalten und aufhetzen.
Die Rechten und Faschisten organisieren die Menschenjagd!
Erst recht aber verurteilen wir die rechtsradikalen und offen faschistischen Kräfte, die in einer Menschenhatz durch Chemnitz wüten. Sie hätte der Ermordete selbst bekämpft. Er selbst war Opfer rechter Provokationen. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie. Diese Tragödie darf nicht den Vorwand für Rassismus und Menschenhass hergeben!
Doch in den folgenden beiden Tagen verübten offensichtlich bestens organisierte und vernetzte Gruppen gewaltsame Übergriffe und zahlreiche Straftaten, unter den Augen einer – wie seit Jahren beobachtet! – weitgehend untätigen Polizei. So die rechte Hooligan Gruppe „Kaotic Chemnitz“ oder die rechte „Pro Chemnitz“. Sie organisieren in Windeseile Großaufmärsche, bei denen Faschisten den Hitlergruß zeigen, rassistische Slogans brüllen und Passant/innen attackieren mit tatsächlichem, oder vermuteten Migrationshintergrund. Dass die chemnitzer antifaschistischen Kräfte dagegen nun immer stärker mobilisieren, zeigt auch: Es geht hier nicht um „das Volk“, das angeblich so rechts ist. Nein, hier wird Gewalt von reaktionären Kräften gezielt organisiert und mobilisiert!
Scharf verurteilen wir das Verhalten der Polizei, die schon wieder zweimal, am Sonntag und am Montag, den unter ihren Augen verübten rechten Terror weitgehend gewähren ließ.
* Nach einer historischen Reihe rechtsradikaler und faschistischer Pogrome wie in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Heidenau, Bautzen, Freital, Clausnitz (nur eine Auswahl),
* nachdem bekannt wurde, dass selbst im Staatsapparat und beim „Verfassungsschutz“ bekannt war, dass bundesweit über die „Sozialen Netzwerke“hunderte und tausende Rechte und Nazis kurzfristig nach Chemnitz mobilisiert wurden,
* nach den wiederholten skandalösen Übergriffen der Rechten und der Polizei gegen Presse und Medien wie nur wenige Tage zuvor in Dresden gegen ein ZDF-Team,
* nachdem die Polizei trotz all dieser Tatsachen immer noch behauptete, sie habe die Lage „unterschätzt“,
wird immer klarer: Diese Polizei ist kein Teil der Lösung des Problems neofaschistischer Gewalt in Sachsen, sondern offensichtlich ist sie, ist vor allem ihre Führung ein Teil des Problems! Wer naiverweise diese Fehlleistungen und „Entschuldigungen“ der Polizei glaubt, sollte wenigsten die Ablösung einer solchen unfähigen Polizeiführung fordern.
Aber mit dem heutigen Datum hat sich die Frage weiter verschärft: Der Text des Haftbefehls gegen einen der Beschuldigten wurde durchgestochen und von offenen Rechten, u.A. dem Pegida-Gründer Bachmann im Internet veröffentlicht. Das ist ein schweres Vergehen, aber das kann nur aus diesem Polizei- und Justizapparat heraus kommen. Erste Geständnisse bestätigen das. Wir fragen: Wie stark ist diese Polizei von Sympathisanten und Mitglieder rechter Gruppen, auch und gerade der AfD und faschistischer Gruppen durchsetzt?
Wir verurteilen die Landesregierung, die Jahrelang diese rechte Entwicklung durch Hilfsdienste für die Rechten, durch Hetze gegen Linke, Kommunisten und Antifaschisten, durch verantwortungslose öffentliche Verharmlosung und demonstrative Untätigkeit gegen die Rechten gefördert und vorangetrieben hat. Sie muss zurücktreten!
Und wir verurteilen die AfD. Auch sie hat zu diesen Aufmärschen, die in Menschenjagd und pogromartige Ereignisse übergingen, aufgerufen – in vollem Bewusstsein der Lage, die bedrohlich an die Zeiten von Rostock und Hoyerswerda erinnert. Und sie macht weiter: AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier hetzt, unterstützt von den Parteivorsitzen Weidel und Gauland: „Wenn der Staat die Bürger nicht mehr schützen kann, gehen die Menschen auf die Straße und schützen sich selber. Ganz einfach! Heute ist es Bürgerpflicht, die todbringende „Messermigration“ zu stoppen! Es hätte deinen Vater, Sohn oder Bruder treffen können!“.
Die Bevölkerung ist durch rechte Hetze tief gespalten. Befeuert wird diese Spaltung nicht nur durch die offen rassistische AfD, die ihren Schafspelz schon längst abgelegt hat, sondern auch durch andere. Zahlreiche Medienanstalten reden mehr von den Nationalitäten der beiden mutmaßlichen Täter als vom organisierten Terror der Nazis. Sie verschärfen damit die Lage.
Auch die Bundesregierung trägt Schuld und Verantwortung. Beschäftigt sie doch einen Bundesinnenminister Seehofer (CSU), der in der letzten Zeit persönlich die Stimmung gegen Geflüchtete permanent anheizt.
Dass ein rechter Mob durch deutsche Städte ziehen kann, ist ein Produkt der Politik der vergangenen Jahre. Die sozialen Probleme, die Wohnungsnot, die prekäre Beschäftigung, Hartz IV, der skandlöse Pflegeskandal, das indiskutabke Schulsystem – sie verschärften sich! Im Gegensatz zur Propaganda der bürgerlichen Parteien und der Regierungen. Die Hetze gegen angebliche „Flüchtlingswellen“ treibt viele Menschen nicht nur in die Arme von AfD und Co. sondern sorgt auch dafür, dass die etablierte bürgerlich-kapitalistischen Parteien, auf der Jagd nach Wählerstimmen immer weiter nach rechts rücken.
Unser Wort in dieser Lage richtet sich an die Arbeiter/innen und Angestellten, an die vom Kapital erwerbslos und arm gemachten Menschen: Lasst Euch nicht von den Faschisten aufhetzen! Statt Hetze – Solidarität!
Millionen Menschen auf der Flucht kommen weder nach Europa noch nach Deutschland. Nur wenige schafften es hierher. Millionen vegetieren als Binnenvertriebene oder in selbst verarmten Nachbarländern ihrer Heimat. Aber sie alle haben den gleichen Gegner wie die Arbeitenden hier: Das Kapital, das – wir wissen es – international agiert und die Welt immer mehr verwüstet.
Die AfD und die noch Rechteren – sie sind Arbeiterfeinde. Schon wollen sie den 12-stundentag legalisieren (so der bayrische CSU-Wirtschaftsminister Pschierer!) – genau wie die Rechten um Strache und Kurz in Österreich.
Kolleginnen, Kollegen, die AfD besteht aus Arbeiterfeinden! Beispiel Gewerkschaftsfrage. Originalton Oliver Hilburger – enger Kumpel von AfD-Führer Höcke und „Zentrum-Automobil-Betriebsrat“ bei Daimler, Ex-Gitarrist der Nazi-Band „Noie Werte“: „Die Gewerkschaften sind Teil des Problems, nicht der Lösung“ schreit Hilburger auf AfD-Demos, fordert zur Zerstörung der Gewerkschaften auf. Er will keine solidarischen und kämpferisch zusammengeschlossenen Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten.Nicht vergessen: „Noie-Werte“-Songs „zieren“ die Mord-Bekenner-Videos des NSU. Zufall?
Deshalb fordern wir: Rechten Hetzjagden wie in Chemnitz darf kein Raum gelassen werden! Die sozialen Probleme müssen im Interesse der arbeitenden Menschen gelöst werden!
Die Hetze gegen Geflüchtete muss eine Ende haben, faschistische Gruppen, Parteien und ihre Hetze gehören verboten.
ft