Zwischen zwei- und dreitausend Menschen kamen am Samstag, dem 7. Juli 18, vor dem Hauptbahnhof in Stuttgart zusammen, um gegen das Milliardengrab Stuttgart 21 zu protestieren.
Am 10.7.18 aktualisiert um eine Chronologie der Pannen.
Schon kurz nachdem 1994 das Spekulationsprojekt Stuttgart 21 aus der Taufe gehoben wurde, formierte sich erster Widerstand dagegen. Es sind also inzwischen rund 34Jahre Protest! Beim Raumordnungsverfahren, das 1996 eröffnet und Ende 1997 abgeschlossen wurde, gab es Proteste und rund 13.700 Einwendungen. Mit dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens wurde der Protest immer lauter. Daraus entwickelten sich die Montagsdemonstrationen, die mit dem näher rückenden Baubeginn 2010 immer mehr Zulauf erhielten. Mit dem schwarzen Donnerstag am 30.9.2010, bei dem der Schlossgarten mit brutaler Polizeigewalt und mehreren hundert Verletzten und einigen Schwerverletzten geräumt wurde, steig der Widerstand auf einen Höhepunkt. Rund 150.000 demonstrierten durch Stuttgart.
Mittlerweile sind die Fakten klar:
Die Räumung des Schlossgartens durch die Polizei war illegal. Per Gerichtsentscheid wurde das Land Baden-Württemberg gezwungen, den Verletzten Entschädigungen und Schmerzensgeld zahlen.
Selbst Bahnverantwortliche geben mittlerweile zu, dass das Projekt S21 für die Bahn völlig unwirtschaftlich ist und dies auch von Anfang an war. Im Verkehrsausschuss des Bundestages gab das ehemalige Vorstandsmitglied der DB, Thilo Sarrazin (SPD), an, dass bereits 2001 allen beteiligten Verantwortlichen klar gewesen sei, dass sich S21 für die Bahn nicht rechnet. Bei Rentabilitätsberechnungen habe S21 „mit Abstand den hintersten Rangplatz“ eingenommen und „als besonders unrentabel“ gegolten.
Bis heute fehlen notwendige Genehmigungen für das Projekt. Die Bahn schafft es nicht, genehmigungsfähige Pläne vorzulegen.
Aber trotz all dieser Fakten soll weiter gebaut werden. Das Argument: man habe schon so viel Geld ausgegeben, dass sich eine Umkehr nicht lohne. Also soll schlechtem Geld gutes Geld hinterher geworfen werden. Denn aus der Bewegung gegen S21 gibt es Berechnungen von seriösen Projektplaner, die zu dem Ergebnis kommen, dass ein Umstieg auf den alten Kopfbahnhof und dessen Verbesserung immer noch viele Milliarden einsparen würden.
Dann entfiele allerdings das riesige Immobiliengeschäft mit den oberirdischen Gleisgrundstücken. Baukonzerne, Immobilienspekulanten und die Banken, die alles finanzieren, wollen auf die damit verbundenen Milliardengewinne nicht verzichten. Lieber soll die Gesellschaft mit Milliarden und einer Verschlechterung der Bahnanbindung zahlen, damit einige wenige noch reicher werden können.
Und das treibt bis heute tausende StuttgarterInnen Woche für Woche auf die Straße, so auch am 7.7.18.
Bei der Veranstaltung sprach der bekannte Stuttgarter Journalist Joe Bauer. Er zeigte auf, dass ganz Stuttgart verschandelt und zu einer jahrzehntelangen Baustelle geworden sei. Während man bei S21 die Stadt eifrig zerstöre, nehme die Wohnungsnot zu, weil dort billiger Wohnraum vernichtet werde. Er forderte zum breiten Widerstand gegen diese Politik auf, die nur den Reichen nütze.Der ehemalige Bahnhofsvorsteher des Stuttgarter Hauptbahnhofes, Egon Hopfenzitz, erläuterte sehr fundiert, dass ein Umstieg möglich, billiger und besser sei. Die Beiträge wurden von der Gruppe „Chain of Fools“ umrahmt. Zum Abschluss sprach der Regisseur Volker Lösch und zwar zuerst über das widerwärtige Schauspiel zwischen Merkel und Seehofer und den unmenschlichen Umgang mit Flüchtlingen. Das sei das Land, in dem er leben wolle. Beifall brandete auf. Dann rechnete er drastisch mit S21 und der Profitgier der herrschenden Klasse ab. Und er machte Mut, den Kampf weiterzuführen und nicht aufzugeben.
Am Ende setzten sich die tausende TeilnehmerInnen in Bewegung und liefen durch die Haupthalle des Bahnhofes, um dort den so genannten Schwabenstreich durchzuführen. Beim Schwabenstreich wird minutenlang ein höllischer Lärm mit Tröten, Trillerpfeifen, Rasseln, Ratschen usw. gemacht. In der großen Halle entwickelte sich das zu einem enormen Spektakel. Die Aktion vom Samstag, dem 7.7.18, war ermutigend und zeigte: Der Widerstand gegen S21 lebt und wird weitergehen!
Am 10.7.18 aktualisiert um eine Chronologie der Pannen.