Schon gespannt wartete ich auf den neuen Krimi von Wolfgang Schorlau, nachdem ich bisher alle seine Krimis mit Gewinn gelesen habe. Ich wurde nicht enttäuscht und die Spannung hielt fast bis zum Schluss des Buches an.
Wie immer ist dieser Krimi mit Privatdetektiv Denglers neuntem Fall gesellschaftskritisch und fortschrittlich politisch. Dazu irrt man gemeinsam mit Dengler dem Täter hinterher und es dauert lange, bis das Knäuel an Spuren, Indizien und Vermutungen entwirrt ist.
Es geht um die Griechenland-Rettung und die Machenschaften der Troika. Wolfgang Schorlau verbindet das in seinem Roman geschickt mit der Besetzung Griechenlands durch Hitler-Deutschland, dem Raubzug für den „Endsieg“ und den zahllosen, bis heute ungesühnten Verbrechen der Nazis. So schildert er beispielsweise einfühlsam und beim Leser tiefe Spuren hinterlassend das Massaker von Distomo. Bei den Opfern hat es bis heute noch viel tiefere Spuren hinterlassen. Sie müssen mit den traumatischen Ereignissen, aber auch mit Der grausamen Tatsache leben, dass dieses Unrecht bis heute von der Bundesrepublik Deutschland nicht gesühnt wurde.
Detektiv Dengler wird beauftragt, nachzuforschen, wo und wie eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes, die bei der Troika abgeordnet war, verschwunden ist. Mit brutalen Morden an Zeugen und Tatbeteiligten wird versucht, ihn von der Spur abzubringen. Auch als er denkt, er hat nichts mehr in der Hand, bleibt er hartnäckig am Fall. Mehr wollen wir von der Story nicht verraten. Es lohnt sich, das Buch selbst zu lesen.
Schorlaus Romane beruhen immer auf realen Ereignissen und sind sehr nah an den Tatsachen. Manchmal fragt man sich, warum das in den Medien nicht gebracht wird. Nun ja, es sind halt für das deutsche Kapital ausgesprochen unangenehme Fakten. Auch in diesem Roman bringt Schorlau Fakten und im Nachwort Quellen.
Um ein Beispiel zu nennen: Auf den Seiten 262-268 bringt Schorlau Grafiken zur Verteilung des Vermögens und zur Geldmenge, die aktuell weltweit in Hedgefonds usw. bewegt wird. Es ist ausgesprochen eindrucksvoll, diese Grafiken in Ruhe zu studieren. Sie machen etwas klar und sichtbar. Sie berühren einen so, wie es nackte Zahlen nicht können. Nur eine Zahl sei verraten: Der Wert aller Derivate (Finanzinstrumente der Banken, Hedgefonds, Versicherungen, Rentenfonds und reicher Privatpersonen) liegt um das zwölffache über den auf der Erde real vorhanden materiellen Werten!
Schorlau schafft es wie immer schwere Kost in unterhaltsamer und spannender Weise darzubieten.
Ein paar kleine kritische Anmerkungen gibt es dieses Mal:
Auf S.26-29 wird im Roman der Außenminister dargestellt. Es ist leicht zu erkennen, dass es sich um Frank-Walter Steinmeier handelt. Auf S.29 heißt es: „Er wird unser nächster Bundespräsident.“ Und er mache „den Eindruck von Ernsthaftigkeit und Seriosität.“ (S.27) Und am Ende wird ein Bild von einem solidarischen Europa entworfen. Wir haben an beidem unsere Zweifel, aber das schmälert nicht die Qualität des Romans. Es sind halt unterschiedliche politische Positionen.
Wenn man das Buch liest, dann spürt man auch zumindest teilweise, wieviel Arbeit darin steckt und versteht, dass solche Romane nicht im Takt von 2-3 Monaten erscheinen können. Es steckt so viel Recherchearbeit und mühsame Suche nach Fakten darin. Und sicher schüttelt man es auch nicht so einfach aus dem Ärmel, das in unterhaltsamer Form als Krimi zu präsentieren.
Mein Fazit: Mehr als empfehlenswert!
Wolfgang Schorlau, Der grosse Plan, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2018, 448 Seiten, 14,99 Euro