Pflege unlimited …

Pflege grenzenlos, ja es soll was passieren für bessere Pflege alter Menschen, ambulant oder stationär, für die Pflege in Krankenhäusern. Auf der politischen Bühne treten immer mehr Akteure auf, die Onkel Doktor im Gesundheitswesen spielen wollen. Und sie treten so auf, dass niemand merkt, dass sie bestenfalls Laienschauspieler sind. Realistisch gesehen sind sie nichts anderes als Interessenvertreter des Kapitals und dessen Profitsystems. Und sie tun nichts anderes als zwischen Monopolen, mittleren und kleinen Kapitalisten und frisch geschlüpften Profitgeiern zu vermitteln. Jeder von ihnen soll für sich den größtmöglichen Reibach mit dem zur Zeit lukrativen Geschäft mit der Pflege machen können.

Der neue Gesundheitsminister

Es ist der 37-jährige CDU-Rechtsaußen Jens Spahn, der nun, auch mit begeisterter Zustimmung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, die ministeriellen Fäden im Gesundheitswesen in den Händen hält. Als ein wichtiger Sektor der Wirtschaft ist das Gesundheitswesen einer der profitabelsten. Bei guter Pflege durch den Minister dürften die Profite der einschlägigen Unternehmen bis hin zum Betreiber eines kleinen Altenpflegeheims durch die Decke schießen. Kultursensible Pflege nach kapitalistischem Verständnis.

Immer mehr Private

Waren Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bis in die 90er Jahre noch großenteils in Trägerschaft der Öffentlichen Hand, so befinden sie sich jetzt mehrheitlich, nämlich bereits zu 52%, in den Krallen privater Investoren. In Schleswig-Holstein lag der Anteil Privater im Jahr 2016 schon bei 73%. Zur Zeit kommen jeden Monat bundesweit 70 bis 80 neue Einrichtungen dazu. Offenbar lohnt es sich zu investieren. Galten bislang noch Atomkraftwerke als wahre Gelddruckmaschinen, so sind es jetzt Pflegeheime und ambulante Pflegedienste. Längst sind auf diesem Sektor große Konzerne entstanden mit der Tendenz zur Monopolbildung.

Marktführer in Deutschland ist mit ca. 25 000 Pflegekräften die französische Korian-Gruppe. Drei Milliarden Euro wurden bundesweit allein im Jahr 2016 in Pflegeimmobilien investiert. So kaufte z.B. die Gruppe Primonial Reim aus Frankreich 68 Pflegeheime für ca. eine Milliarde Euro von Even Capital, und die Deutsche Wohnen erwarb für 420,5 Millionen 28 Heime.

Die Branche scheint also gut geeignet, Gelder aus der weltweiten Finanzblase einzusetzen, um weitere Millionen- und Milliardenbeträge in diesem Casino zu gewinnen.

Pflegenotstand heißt Profitmaximierung

Maximale Profite und Profitsteigerungen erreicht das Kapital üblicherweise durch intensive Ausbeutung der Ware Arbeitskraft. Und das heißt auch Rationalisierung und andere Arten von Personaleinsparung.

Ein Pflegenotstand ergibt sich weniger aus der demographischen Entwicklung als vielmehr durch bewusst verminderten Personaleinsatz. So werden zur Zeit Pflegeheime mit etwa 80% bis zu 50% der eigentlich notwendigen Personalausstattung betrieben. Die zuständigen Kontrollinstanzen wie Heimaufsicht und Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) schreiten erst dann ein, wenn eine nicht mehr zu kaschierende Häufung von gravierenden Pflegefehlern vorliegt. Dann wird allerdings nicht die Einstellung weiteren Personals angemahnt, sondern es wird mit der Schließung des betreffenden Heims gedroht. Üblicherweise wird die Schließung dadurch vermieden, dass das Pflegeheim in das Eigentum eines anderen Konzerns übergeht wie jüngst geschehen in Ludwigsburg bei Stuttgart. Nach dem Transfer und der Vorlage eines „neuen“ Konzepts wird die Genehmigung zum Weiterbetrieb sofort erteilt.

Personalsituation

Im Jahr 2016 waren 594.000 Menschen in der Pflege beruflich tätig, davon allerdings 385.000 Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte. Verschiedene Studien, u.a. auch eine des Bundes, legen dar, dass um die 200.000 Pflegekräfte mehr gebraucht werden.

Im neuen Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass in einem Sofortprogramm 8.000 neue Stellen in der Pflege geschaffen werden sollen, finanziert aus den Mitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Der Großteil der Beschäftigten arbeitet nicht tarifgebunden. Und das heißt: 40 Stunden-Woche (bei 6 Tagen), 24 bis 27 Tage Jahresurlaub, ein halbes oder gar kein 13. Monatsgehalt. Private Träger verweigern meist die Zahlung von Zuschlägen für Nacht- und Wochenenddienste, trotz gesetzlicher Verpflichtung. Nicht selten werden Pflegekräfte unter Druck gesetzt, ihre geleisteten Überstunden nicht aufzuschreiben (es wird an das in diesen Berufen ausgeprägte Berufsethos appelliert).

Kosten für Pflegebedürftige

Die alte Einteilung der Bedürftigkeit in Pflegestufen wurde abgeschafft und dieses Jahr durch 5 Pflegegrade ersetzt. Die monatlichen Kosten sind je nach Region unterschiedlich aber vergleichbar. Sie belaufen sich im Grad 1 auf ca. € 130,- bis im Grad 5 auf ca. € 2005,- monatlich. Die Kassen übernehmen davon monatlich 28 Tage bis zu höchstens ca. € 1600,-. Der Rest muss selbst aufgebracht werden. In diese Beträge ist natürlich auch das Einkommen des Trägers eingerechnet.

Mindere Personalausstattung (inklusive geringe Entlohnung und unbezahlte Arbeit), das Nicht-Vorhalten von Pflegemitteln sowie billigste Ernährung der Heimbewohner sorgen für zusätzliche Gewinne von ca. € 500,- pro Monat und Bewohner. Das lohnt sich richtig. Der Arbeitsaufwand für einen Betreiber ist vergleichsweise gering, das Geschäft läuft von selbst.

Der Minister

Um zusätzliche Stellen in der Pflege zu besetzen will sich nun Jens Spahn im Ausland nach ausgebildeten Pflegekräften umsehen. Was für eine abgelutschte olle Kamelle.

Nun hat eine Studie, die vom baden-württembergischen Landtag in Auftrag gegeben wurde, festgestellt, dass auch der Personalmarkt im Ausland z.B. Polen leergefegt ist, also von da kaum mehr Bewerber zu erwarten wären.

Um die Spielchen unserer Laiendarsteller zu beenden brauchen wir ein anderes System. Wir brauchen Sozialismus.

Zunächst aber wollen wir:

  • einen bundeseinheitlichen Personalschlüssel, der an den Bedürfnissen der zu Pflegenden orientiert ist
  • Angemessene Bezahlung, d.h. 30% mehr
  • 13. Monatsgehalt
  • Zuschläge für Nacht- und Wochenenddienste
  • 30 Tage Urlaub
  • 35 Stunden-Woche (bei 5 Tagen)