Wir trauern um
Foto: W. Mandela in Soweto, 8115 Vilakazi Street, CC-Lizenz
„Mama” Winnie Mandela – die Mutter, die alles für ihre “Kinder” tut, die unerbittliche Kämpferin gegen Rassismus und Kapitalismus
“Sie war unsere Mutter, sie ist die Mutter der Nation… Es ist ein Titel, der Dir von den Massen unseres Volkes verliehen wurde… Die Männer im ANC (African National Congress, Partei Nelson Mandelas – AZ) wurden bedroht von einer Frau und die Weißen wurden bedroht von einer afrikanischen Frau. Sie sollen wissen: erzählt uns nicht, wer Winnie Mandela ist, denn wir sind Winnie Mandela und wir wissen, wer wir sind, und uns können überflüssige weiße Medien nicht erzählen, wer wir sind! Wenn Ihr Charaktermord an Winnie Mandela begeht, begeht ihr Charaktermord am schwarzen Volk, denn das schwarze Volk ist Winnie Mandela!…
Winnie Mandela gehört zum ANC, doch Winnie gehört auch Afrika – und uns gehört sie ebenso! …Winnie vereinigte uns!” (Aus der Gedenkrede von Julius Malema, EFF)
“Mama”, die Frau Nelson “Madiba” Mandelas, starb am 2. April 2018 nach langer Krankheit im Alter von 81 Jahren in Johannesburg. Von ihren Gegnern wurde sie als “schwarze Mamba” bezeichnet wegen ihres unerbittlichen Kampfes gegen die Apartheid und gegen den Kapitalismus, für die armen und unterdrückten Menschen im Burenstaat Südafrika. Sie war eine der Frauen, die vor ihren Männern standen, als diese im Gefängnis waren. Durch sie erhielt Nelson während seiner Haft Informationen über die Situation und die Kämpfe in Südafrika. Er sah im Gefängnis die Welt mit Winnies Augen. Er und weitere 7 Angeklagte waren 1964 wegen “Sabotage” zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Die Apartheid-Politik, die Trennung in “Rassen”, die Unterdrückung angeblich niedrig stehender “Rassen”, die Ausbeutung der Schwarzen und Farbigen zum Profit reicher Weißer führte zu Aufständen und zu brutaler Niederschlagung der aufbegehrenden Menschen. Der ANC erkannte die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes. Winnie kam zu der Überzeugung: “Die eigene Person ist nicht mehr wichtig – das Land kommt zuerst im Befreiungskrieg!” Für sie gab es nur zwei Möglichkeiten: “Entweder bis zum letzten Blutstropfen kämpfen oder aufgeben und mit dem Feind zusammenzuarbeiten.” Ihre Entscheidung war klar – und die Folgen für sie waren auch klar.
General van den Bergh, Chef des Geheimdienstes B.O.S.S., beschloss: “Wir werden diese Frau zerbrechen!” Und sie taten alles, um das zu erreichen. Es ist eine riesige Schmutzkampgane gegen eine Einzelperson bekannt als die Hetze, die nun gegen Winnie begann; sie dauerte bis an ihr Lebensende und wird sogar nach ihrem Tod auch von Medien in Deutschland noch weitergeführt. Zahllose Verhaftungen, (Winnie hatte für so etwas immer ein Köfferchen mit Waschzeug usw. bereit), monatelange Einzelhaft, Verbannung, Redeverbot in der Öffentlichkeit, Verunglimpfungen aller Art, pausenlose Bespitzelungen, Einschleusen von Agenten in den ANC, die Gewerkschaften und die kommunistische Partei, von Provokateuren und Verrätern in den ANC bzw. in die Unterorganisationen, in denen Winnie verantwortlich war, Zerstörung ihrer Ehe – wir wissen nicht alles und unsere Phantasie ist erfreulicherweise nicht verkommen genug. Schwarze Autodiebesbanden wurden von der Regierung organisiert, um den ANC zu diskreditieren; Schlägerbanden verübten Überfälle, Morde und Vergewaltigungen im Trikot des “Mandela United FC”, einem Sportverband des militärischen Arms des ANC.
Winnie hatte die Nationalisten und Rassisten immer wieder vor den Folgen ihrer Politik gewarnt – als 1976 die Jugend in Soweto aufstand und es anschließend im ganzen Land zum Aufstand kam, wurde sie als angeblich für den Aufstand Verantwortliche auf das Land nach Brandfort verbannt und die Menschen dort wurden vor dem Kontakt mit ihr gewarnt. “Ein Gefängnis auf eigene Kosten,” so beschreibt Winnie ihren Verbannungsort, “ein lebendes Grab.” Doch auch von hier aus organisierte sie (dauernd unter Beobachtung stehend) den Kampf. Und bei einer Stadion-Großveranstaltung des ANC tauchte plötzlich eine Putzfrau auf und hielt eine begeisternde Rede…
Zu Winnies Aufgaben gehörte es, Kämpfer anzuwerben für “Umkhonto we Sizwe”, den militärischen Arm des ANC. Sie wurde gefragt: “Würden Sie jemanden töten können?” Ihre Antwort: “Jetzt weiß ich, dass ich es kann – bisher wusste ich es nicht. Aber als ich sah, wie meine Kinder niedergeschossen wurden in Soweto, da erkannte ich, dass ich zu ihrer Verteidigung genau so handeln würde – ohne Furcht oder Respekt vor dem Gesetz, voller Verachtung für die Macht und ihre Organe.” Der ehemalige Herausgeber von “Weekly Mail” dazu: “ Eine erstaunliche Demonstration von Mut und Festigkeit.”
Ihre Tochter Sindzi über Winnie: “In der Geschichte gibt es Menschen, die kommen und gehen – Winnie war immer da!”
Die politischen Maßnahmen der Rassisten, der Terror gegen die Bevölkerung, die Infiltration ihrer Organisationen scheiterten, die Verhängung des Ausnahmezustandes 1985 war eine Kriegserklärung der weißen Regierung an die schwarze Bevölkerung, diese trat in den Kampf mit der Forderung “Amandla! Power to the People!”
Für die Freilassung der politischen Gefangenen, vor allem von Nelson, hat es in der ganzen Welt einen langen Kampf gegeben, der von den in Freiheit befindlichen ANC-Führern jedoch kaum beachtet wurde. Angesichts der Aufstände sahen sie jetzt allerdings die Möglichkeit, durch Nelson als Gallionsfigur an die Macht zu kommen. Auch die weißen Rassisten sahen in ihm so etwas wie einen “Stoßdämpfer” zur Beruhigung der bürgerkriegsähnliche Lage in Südafrika. Um ihn in ihrem Sinne besser bearbeiten zu können, wurde Nelson von den übrigen inhaftierten ANC-Führern getrennt und von der Gefängnisinsel Robben Island in einen “goldenen Käfig” gebracht: in das Gefängnis “Victor Versteer”, in eine Luxuswohnung, mit Swimmingpool usw.; auch Winnie wollten sie ihm zugesellen, doch die weigerte sich. Nelson war sich zu dem Zeitpunkt nicht klar darüber, dass er nach seiner offenbar bevorstehenden Freilassung das Apartheid-Regime schützen sollte. Regierungs-Chef Botha: “Wir brauchen eine Strategie aus psychologischer Kriegsführung, koordinierten Streitkräften der nationalen Nachrichtendienste und des Außenministeriums.” Mit der Organisierung der “Verdeckten strategischen Kommunikation” wurde Vic McPherson beauftragt, Chef des Geheimdienstes STRATCOM. Ein Ergebnis ihrer Arbeit war, dass Winnies Name in den USA auf der Liste internationaler Terroristen erschien…
Nach Vorstellungen der Apartheid-Regierung sollte Winnie unter einem dressierten Präsidenten Nelson Mandela die Rolle der “First Lady” an seiner Seite zufallen, also “like a puppet on a string”.
Doch auch für die ANC-Führung galt: Jeder, der eigene Pläne hatte, musste die Basis Nelson/Winnie zerschlagen, bevor er seine Ziele weiter verfolgen konnte – als Paar waren beide übermächtig.
“Sie versuchten, meine Eltern gegeneinander auszuspielen: Er ein Heiliger, sie die Sünderin”, so Tochter Sindzi. Es waren die ANC-Führer, die Nelson aufforderten, sich scheiden zu lassen, andernfalls werde er nicht Präsident. Gleichzeitig heizte die Apartheid-Regierung die Auseinandersetzungen “Schwarze gegen Schwarze” in den Jahren 1990-1994 an, um die Position des ANC bei den Regierungsverhandlungen zu schwächen. Chris Hani vom linken Flügel des ANC und Führer des militärischen Arms wurde 1993 ermordet. Und Winnie wurde erneut vor Gericht gezerrt wegen eines angeblich auf ihren Befehl erfolgten Mordes an dem 14jährigen Stompie Moeketsi als eingeschleuster Spitzel; der tatsächliche Mörder ist bekannt und sitzt in Haft, allerdings ist er der Spitzel gewesen und fürchtete, von Stompie als solcher erkannt worden zu sein. Winnie war auch das einzige ANC-Mitglied, das vor die “Wahrheits- und Versöhnungskommissin” zitiert wurde. Sie sollte kriminalisiert werden, um sie politisch zu isolieren.
Winnie warnte “Madiba”: “Wir können der Regierung nicht trauen, wenn sie sagen, sie wollen eine Regierung der Einheit mit Dir bilden.” Sie begriff besser als fast alle anderen im ANC, dass die jüngere Generation der Hoffnungsträger für die Zukunft Südafrikas ist. “Wir werden diese Verhandlungen (mit der herrschenden Klasse – AZ) beobachten – wenn dort irgendetwas falsch läuft, werde ich die erste sein, die in den Busch geht, die Waffen aufnehmen und gegen die Regierung kämpfen,” so Winnie bei einem Gespräch in den USA (man hatte sie erst von der Terrorliste streichen müssen, sonst hätte sie ihren Mann nicht begleiten können!
Nelson hatte 1991 unter anderem die Verstaatlichung der Banken und Minen zugesagt. Das rief sofort das internationale Kapital, die Weltbank und den IWF auf den Plan: Sie arbeiteten daran, aus der ANC-Regierung, die als kommunistisch-sozialistisch galt, eine kapitalistische Regierung zu machen. Winnies Befürchtungen haben sich bewahrheitet: um an die Macht zu kommen, machte die ANC-Führung Zugeständnisse an die Nationalisten und auch an den globalen Kapitalismus – Südafrika ist reich an Bodenschätzen. Winnie wollte auch den korrupten Präsidenten Zuma verhindern. Wir zitieren abschließend noch einmal ihre Tochter Sindzi: “Winnie war das Gewissen des Volkes, die Stimme der Unterdrückten geblieben.”