Burkina Faso: Drei Jahre nach der Volkserhebung vom Oktober 2014

Übersetzung aus La Forge, Zentralorgan der PCOF, Nov. 2017

Vor drei Jahren, am 30. und 31. Oktober 2014 verursachte eine Volkserhebung den Sturz und danach die vom französischen Imperialismus organisierte Flucht Campaorés nach Côte d’Ivoire. Schon am 1. November übergaben die bürgerliche „Opposition“ und ihre Vermittler unter den „Organisationen der Zivilgesellschaft“, aufgeschreckt durch die Breite des Aufstands, die Macht an die Militärs. Dieser Staatsstreich, der vom französischen Imperialismus unterstützt worden ist, leitete den „Übergang“ ein, der die Wahlen, die ein Jahr später stattfanden, organisieren. Aber nichts geschah. Der Putschversuch der RSP (ehemalige Präsidentengarde) im September 2015 hatte das Fortbestehen von Widersprüchen in der Bourgeoisie und die Schwierigkeiten des französischen Imperialismus, die Lage zu beherrschen, offen gelegt. Sein Scheitern hat erneut die Ressourcen, die revolutionäre Energie und das revolutionäre Potential der Arbeiterklasse und des Volkes von Burkina Faso gezeigt.

Drei Jahre nach dem Sturz Campaorés konnten die neuen Führer des Landes neue Netze der Korruption und der Plünderung von Ressourcen, die schon vom Campaoré-Clan monopolisiert wurden, nützen. Aber die neue Regierung kann ihre Schwäche, ihre inneren Widersprüche (die durch den Tod des einflussreichen Salifou Diallo wieder zu Tage traten) und ihre kurzsichtige Handlungsweise nicht verbergen. Das Maß ihrer Dekadenz wurde von Simon Campaoré, dem Minister für Sicherheit, unter Beweis gestellt, der persönlich mit der Kalaschnikow in der Hand bei einem Abgeordneten der Opposition erschien! In diesem Zusammenhang wurde ein internationaler Haftbefehl gegen Francois Campaoré, den Bruder von Blaise Campaoré, gestellt, der als Auftraggeber des Mordes an seinem Fahrer David Ouedraogo, und danach an Norbert Zongo, der in diesem Mordfall ermittelte, verdächtigt wird. Die Verhaftung Francois Campaorés am Flughafen Charles-de-Gaulle am 19. Oktober 2017, dann zwei Tage später seine Freilassung, scheinen hauptsächlich inszeniert worden zu sein, um eine Umschwung einer ungeduldig werdenden öffentlichen Meinung zu bewirken. Dieser Haftbefehl hat tatsächlich wenig Chancen, da Francois Campaoré schon oft vor Gericht erscheinen musste, aber nie von einer Justiz angeklagt wurde, die keinerlei Lust zeigt, bis zu den wahren Verantwortlichen der Gewaltverbrechen, welche die Herrschaft Blaise Campaorés erschütterten, vorzudringen. Im Gegenteil, die gegenwärtige Tendenz ist eine fortschreitende Rückkehr zu den Spielchen der CDP 1) und ihrer Avatars. Die meisten der des Versuchs des gescheiterten Staatsstreichs vom September 2015 Angeklagten genießen einer nach dem anderen Haftentlassung oder vorläufige Haftverschonung. Die zeitlich letzte war die des Generals Djibril Bassolé, Ex-Außenminister von Blaise Campaoré.

Die letzten drei Jahre verschlimmert sich die Lage des Volkes. Es gibt Schwierigkeiten, für die Nahrungsmittel und die Gesundheit der Familie zu sorgen sowie den Schulbesuch der Kinder zu gewährleisten. Es gibt in den Fabriken und Bergwerken Entlassungen, während die schamlose Ausbeutung des Goldes weiter geht. Die Steuern werden erhöht und das Banditentum breitet wich aus… Die Streiks im privaten Sektor und in allen Zweigen des öffentlichen Dienstes (Gesundheits-, Erziehungswesen, Finanzen, Justiz…) haben zugenommen. In den Stadtvierteln der ärmeren Bevölkerung hat die Mobilisierung für den Zugang zur Grundversorgung pausenlos zugenommen. Auch bei den Bauern, die sich am Aufstand von 2014 teilgenommen hatten, aber ohne sich massiv einzubringen, nimmt sie ebenfalls zu. In den letzten drei Jahren entstanden Organisations- und Kampfformen, die unsere Genossen von der PCRV (Revolutionäre Kommunistische Partei Voltas) als „im Geist der Sowjets“ bezeichnen: die „Koglweogo“ auf den Feldern, wo die Bauern sich bewaffnen und organisieren, um sich gegen die Banditen zu verteidigen, und in den Stadtvierteln, wo die Bevölkerung „Initiativen der Beteiligung und der Kontrolle an der Leitung der öffentlichen Belange“ entwickelt. Überall wächst das Engagement der Massen in den gemeinsamen Kämpfen und das Niveau des politischen Bewusstseins.

Wir begrüßen diesen revolutionären Geist der Arbeiterklasse und des Volkes von Burkina Faso und ihrer Jugend. Wir unterstützen die unermüdliche Arbeit, welche die PCRV entfaltet, um diese Organisationen des Volkes zu festigen und für ihre „politische Aktionsplattform für einen revolutionären Umschwung“ zu gewinnen. Am Vorabend einer Reise Macrons nach Burkina Faso im Rahmen der G5 Sahel 2) verurteilen und bekämpfen wir die Manöver des französischen Imperialismus, der im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus eine militärische Präsenz verstärkt, die direkt gegen die revolutionäre Volksbewegung in Burkina Faso gerichtet ist.

Anmerkungen:

1) CDP = Congrès pour la Démocratie et le Progrès: Partei des gestürzten Präsidenten Campaoré

2) G5 Sahel (auch «G5S»): ein institutioneller Zusammenschluss zur Koordinierung der regionalen Entwicklungs- und Sicherheitspolitik zwischen 5 frankophonen Staaten der Sahel-Zone (Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger, Tschad). Er wurde auf einem Gipfeltreffen der 5 Staaten am 15. – 17. Februar 2014 gegründet. Die genannten Staaten stehen wirtschaftlich, politisch und militärisch unter starkem Einfluss Frankreichs bzw. sind vom französischen Imperialismus beherrscht.