Die Oktoberrevolution und die Arbeiterklasse gestern und heute

Am 25. Oktober 1917 (russischer bzw. gregorianischer Kalender) ging ein Kampf von rund 9 Monaten zu Ende. Im Februar war nach über 3 Jahren grausamem Krieg, der Millionen Menschen das Leben kostete, der russische Zar und seine Kriegsregierung gestürzt worden.
Vor allem die Arbeiter, aber auch Millionen russische Bauern hatten genug vom Morden. Sie wollten Frieden.


Die Bolschewiki hatten die Wünsche und Hoffnungen der Arbeiter, Bauern und des Volkes in einer einfachen Parole zusammengefasst: Frieden, Brot, Land! Dazu forderten sie den Sturz der „Selbstherrschaft“, wie sie es in der Illegalität nannten, also den Sturz der zaristischen Diktatur. Mit der Februarrevolution wurde der erste Schritt gemacht. Doch die Bolschewiki erklärten gleich, dass die an die Macht gekommene Regierung aus bürgerlichen Kräften, linken Sozialdemokraten (Menschewiki) und Sozialrevolutionären diese Forderung niemals erfüllen könnte und würde, weil sie dann das ganze bisherige System umwälzen müssten. Ähnlich wie heute die Linkspartei in ihrer Mehrheit waren die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre in Worten sehr radikal, aber einmal an der Macht scheuten sie vor einer wirklichen Umwälzung der Verhältnisse zurück. Das Kapital wollte eine Fortsetzung des Krieges, also zögerten sie mit immer neuen „Argumenten“ einen Frieden oder wenigstens Waffenstillstand mit allen Mitteln hinaus. Die Feudalherren wollten keine Aufteilung des feudalen Landbesitzes an die armen Bauern, also wurde die wortreich versprochene Landverteilung immer wieder verschoben.
Dies überzeugte die Massen immer mehr davon, dass nur eine revolutionäre Lösung und eine revolutionäre Partei ihre Bedürfnisse verwirklichen konnte. Die Realität gab den Bolschewiki recht.
Die ersten Umwälzungen durch die Februarrevolution boten gute Bedingungen für den Kampf. Denn neben der Regierung aus bürgerlichen Kräften, linken Sozialdemokraten (Menschewiki) und Sozialrevolutionären gab es Arbeiter- und Soldatenräte, die Sowjets. Es gab eine Periode der Doppelherrschaft. Die Menschewiki, Sozialrevolutionäre und Reaktionäre wollten mit vereinten Kräften die Sowjets entmachten, eine bürgerliche Verfassung verabschieden und ein bürgerliches Parlament. Die Bolschewiki hingegen erkannten in den Sowjets eine neue politische Form der Herrschaft der Arbeiterklasse, wie sie ansatzweise bereits in der Pariser Kommune 1871 entwickelt worden war. In den Räten hatte nicht das Kapital mit seinem Geld Einfluss, sondern die Arbeiter und die mit ihnen verbündeten Kräfte befreiten sich hier schrittweise von der Macht des Kapitals. Die Bolschewiki unter Führung von Lenin und Stalin kämpften daher mit aller Macht um eine revolutionäre Mehrheit in den Sowjets.
Da die Regierung aus bürgerlichen Kräften, linken Sozialdemokraten (Menschewiki) und Sozialrevolutionären den Krieg fortführte, den Hunger nicht bekämpfte, weil sie das Kapital nicht anrühren wollte, und den Boden nicht verteilte, weil sie die Feudalherren ebenfalls nicht entmachten wollten, verlor sie immer mehr an Unterstützung, während die Bolschewiki nach und nach eine Mehrheit der Menschen von der Notwendigkeit einer grundlegenden, revolutionären Umwälzung überzeugten. Nach neun Monaten scharfem Ringen um die Macht wurde die Machtfrage am 25. Oktober 1917 (7. November unseres Kalenders) entschieden. Die provisorische Regierung wurde verjagt und die erste Sowjetregierung, der Rat der Volkskommissare gebildet. Diese Regierung erklärte sofort einen einseitigen Waffenstillstand, um die Hauptforderung der Massen zu erfüllen. In kürzester Zeit folgten weitere revolutionäre Gesetze, die das ganze Land umwälzten: Verteilung des Bodens der Feudalherren an die armen Bauern, völlige Gleichberechtigung von Frau und Mann, Trennung von Kirche und Staat, Verstaatlichung der Großindustrie. Der erste sozialistische Staat wurde geboren, machte seine ersten Schritte und entwickelte und veränderte sich aufgrund der realen Erfahrungen.
Die Herrschenden ganz Europas reagierten mit Hass und Gewalt. Die russische herrschende Klasse versuchte die Volksregierung mit Militär zu besiegen. Dazu kam die Intervention von französischen, englischen, japanischen Armeen. In einem jahrelangen militärischen Kampf musste der neue sozialistische Staat um sein Überleben kämpfen und siegte gegen viel stärkere Mächte, weil er die Unterstützung der großen Mehrheit der Arbeiter, Bauern und des Volkes hatte.
Ein Jahr später, als in Deutschland die Novemberrevolution ausbrach, war der Verlauf ganz anders. Lenin und Stalin hatten große Hoffnungen auf einen Erfolg der deutschen Revolution. Dies hätte die Machtverhältnisse in ganz Europa zu Gunsten der Revolutionäre verändert.
Doch in Deutschland gab es keine revolutionäre Partei. Die Revolutionäre hatten den endgültigen Bruch mit der linken Sozialdemokratie gescheut. Sie waren im Spartakusbund zusammen geschlossen, aber immer noch in der linkssozialdemokratischen USPD geblieben, die der heutigen Linkspartei entspricht. Die KPD wurde erst rund acht Wochen nach Ausbruch der Revolution gegründet und hatte keine Chance mehr, den Kampf zu gewinnen. Die USPD-Führung hatte zuvor gegen Kapitalismus und Krieg große Worte gemacht. Doch als die Revolution kam, traten sie mit der SPD in eine bürgerliche Regierung zur Rettung des Kapitalismus ein. Das erste Werk dieser Regierung war die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie die Niederschlagung der Revolution. Für die Arbeiterklasse in Deutschland, die wie in Russland Frieden und Sozialismus wollte, war dies eine tiefe Niederlage, die sich bis heute auswirkt. Der Sieg des Faschismus und die Ermordung tausender Revolutionäre hat diesen Prozess verstärkt.
Trotzdem gibt es bis heute Überreste des revolutionären Geistes der russischen Oktoberrevolution und der deutschen Novemberrevolution. So gibt es in unserem Land eine starke Stimmung gegen Krieg, gegen die Entsendung deutscher Truppen in andere Länder. Zudem gibt es eine spürbare Stimmung gegen Sozialabbau, Niedriglöhne, gegen das Kapital. Diese Stimmung kann aber nicht zu einer Kraft werden, da es keine revolutionäre Partei gibt, die den Bedürfnissen und Wünschen der Arbeiter und des Volkes Ausdruck verleiht und den Kampf darum organisieren kann. Wer dem Vorbild der Oktoberrevolution folgen und ernsthaft eine gesellschaftliche Umwälzung will, der muss dafür kämpfen, dass in unserem Land wieder eine starke revolutionäre Partei geschaffen wird, die mit der Arbeiterklasse und dem Volk eng verbunden ist.