Lesermeinungen zur Bundestagswahl 2017

Zur Bundestagswahl 2017 haben uns zwei Kommentare von Lesern erreicht, die wir gern hier veröffentlichen:

 

1.

Einige Überlegungen von Hosteni

An Sündenböcken und untereinander abreagieren? Da werden die oben gewinnen und wir verlieren!

„Nehmen uns „die Ausländer“ die Arbeitsplätze weg, sind sie an der ganzen sozialen Misere schuld?“

Die Rechten machen in ganz Europa eine rassistische Hetzkampagne mit Einwanderung und angeblicher „Überfremdung“. Das ist jedoch nur ein billiges Ablenkungsmanöver von den wirklichen Ursachen, denn die Frage muss richtig lauten:

Wer baut die Arbeitsplätze ab, wer betreibt Lohnsenkung und Sozialabbau?

1. Deutsche Wirtschaftsbosse und ihre Politiker! Denn:

Deutsche Unternehmer rationalisieren Arbeitsplätze hier weg und verlagern Arbeitsplätze ins Ausland. Dabei werden deutsche Arbeiterinnen arbeitslos. Auf der anderen Seite rationalisieren deutsche Unternehmen auch Arbeitsplätze im Ausland weg – in ihren ausländischen Betrieben. Dabei werden dann ausländische Arbeiterinnen arbeitslos! Für deutsche Unternehmer und deutsche Außenpolitik gilt darüber hinaus:

Wirtschaftsbeziehungen über alles!– trotz Menschenrechtsverletzungen ( z.B. in China, Iran, Türkei, Saudi-Arabien usw.). Deutsche Rüstungsexporteure (die Nr.3 in der Welt!) verdienen sich dazu auch noch eine goldene Nase. Die Folge brutaler politischer und sozialer Verhältnisse in aller Welt, an denen deutsche Politik und die deutsche Wirtschaft (aber auch andere mächtige Länder) mitwirken:

Deutsche Unternehmer machen satte Gewinne durch „schwarze“ und untertarifliche Beschäftigung von Ausländer/innen hier, z.B. im Baubereich. Deutsche Politiker kürzen Sozialausgaben. Wenn die Ausländer/innen vom deutschen Staat als Menschen zweiter Klasse behandelt werden und z.B. nach Jahrzehnten immer noch keinen deutschen Pass bekommen, wenn ständig vom „Asyl-Betrug“ gesprochen wird – dann soll Sozialneid und Rassismus geschürt und vom Widerstand abgelenkt werden, um Sozialabbau besser durchsetzen zu können. (Die Hetze richtet sich dabei übrigens nicht nur gegen Ausländer/innen, sondern auch gegen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger und Hartz IV Bezieher allgemein! Hauptsache es gibt ein Ersatzopfer, einen Sündenbock.

Alle großen Wirtschaftslenker und Kapitaleigner – ob nun aus Deutschland oder einem anderen Land – wirtschaften rund um den Globus, schieben riesige Geldsummen täglich weltweit zwischen den Banken hin und her, betreiben Kapitalexport.

Das verschärft die weltweite Konkurrenz immer mehr. Unternehmen versuchen dabei, um jeden Preis Kosten zu senken und weiterhin möglichst hohe Gewinne zu machen: Durch Rationalisierungen werden Arbeitsplätze „eingespart“ und durch eine hohe Arbeitslosigkeit können die Arbeiterinnen wiederum weltweit erpresst werden, niedrigere Löhne hinzunehmen („…sonst kommt der/die nächste…!“). In jedem Land wird den Arbeiterinnen dazu erzählt, sie müssten für ihren Standort den Gürtel enger schnallen, Sozialabbau und Lohnsenkungen hinnehmen. Das Prinzip der Sozialpartnerschaft – „Wir Deutschen (bzw. wir Engländer, Franzosen usw.) sitzen alle in einem Boot und müssen unsere Konkurrenzfähigkeit erhalten“- hat dabei ganz deutlich nationalistische Tendenzen und ist letztlich nur eine andere Form von „Volksgemeinschaft“: Die einen rudern und die anderen kommandieren und machen Gewinne, „Da kann man nichts machen, an die oben kommt man doch nicht ran“(?)

Unsinn!

Natürlich ist es möglich, etwas gegen „die da oben“ zu unternehmen. Der Teufelskreis des internationalen Sozialabbaus kann natürlich national und international durchbrochen werden: Durch praktische Solidarität, durch internationale Kontakte und Vernetzung von sozialen Kämpfen, durch länderübergreifende Streiks! Einen Anfang machen, dies organisieren helfen, dabei kann jede/r mitmachen. Das ist allemal besser, als sich gegeneinander aufhetzen zu lassen!

Die Heucheleien der Herrschenden

Der Kapitalismus sprengt die nationalen Grenzen gründlicher als jedes andere Gesellschaftssystem vor ihm. Er exportiert Kapital, Waren und Menschen in alle Welt und schafft auf dieser Grundlage internationale Wirtschaftsraume wie die EU. Die fortgeschrittensten Länder können ihre ökonomische Entwicklung nur mit Hilfe von Einwanderern sichern…

Der Kapitalismus würfelt die Nationen durcheinander, greift die nationale Abgeschiedenheit an und hebt auf diese Weise das Kulturniveau. Der Kapitalismus fördert die Verbindung zwischen Nationen. Um die Konkurrenzfähigkeit zu steigern, muss das Kapital die Arbeitskräfte, die es ausbeutet, mehr motivieren. Der Rassismus aber tragt Unruhe in die Betriebe, stört die Entwicklung der Produktivkräfte und vermindert d|e Gewinne. Und mit offener deutscher Arroganz werden internationale Geschäfte schwieriger und ebenso das Ziel, in Europa den Ton anzugeben.

Die wütenden Attacken von Nazis auf Einwanderer sind konservativ Sie versuchen, Einwanderer zu vertreiben und Menschen nach Nationen zu trennen.

Rassismus gehört zum Wesen des Kapitals

Nach wie vor ist der Kapitalismus aber auch die Grundlage des Rassismus. Jedes Kapital will zuallererst sich selbst vermehren. Da gibt es keine Toleranz gegenüber anderen Nationen. Es entwickelt sich in Konkurrenz. Da geht es ums Überleben, nicht um Menschlichkeit Es strebt danach, Konkurrenten zu vernichten oder zu beherrschen und nicht, sie zu respektieren. Der Profit-Egoismus der Konzerne und Banken ist die Basis des Nationalismus und damit eine Basis des Rassismus, der Überzeugung von der eigenen Überlegenheit und der Minderwertigkeit der Konkurrenten.

Andererseits sind die Arbeitskräfte, die den Reichtum des Kapitals vermehren, Waren, die ebenfalls in Konkurrenz zueinander stehen. Das Kapital schürt tagtäglich die Konkurrenz, indem es die Arbeitskräfte verschiedener Länder gegeneinander ausspielt, u.a. die „teureren“ deutschen Arbeitskräfte durch die „billigeren“ ausländischen ersetzt. Diese Konkurrenz führt bei Arbeitskräften ebenfalls zum Wunsch nach Verdrängung des Konkurrenten. Und zwar umso mehr, je weniger die gemeinsamen Interessen aller Arbeiterinnen und Arbeiter, unabhängig von ihrer Nationalität, gegenüber dem Kapital, unabhängig von seiner Nationalität, im Mittelpunkt stehen. Das Kapital betrachtet Menschen nur unter dem Aspekt, ob sie Profite bringen. Fur diejenigen, die das Kapital nicht braucht, will es möglichst wenig ausgeben. Das ist die Wurzel der Hetze gegen Arbeitslose, Obdachlose, Flüchtlinge usw., die als Schmarotzer angesehen werden. Die Nazis aller Richtungen sind nur die Vollstrecker. Ihr Hass knüpft daran an, das letztlich diejenigen, die nicht arbeiten, aus Lohnabzügen der Arbeitenden finanziert werden. Der Faschismus stützt sich auf den Egoismus der Lohnarbeiter, auf die Konkurrenz untereinander, nicht auf ihre kollektiven Interessen gegenüber dem Kapital.

Der Kapitalismus produziert also umso mehr Rassismus, je mehr sich die Konkurrenz verschärft bzw. die ökonomischen Bedingungen für das Kapital und die arbeitenden Menschen verschlechtern. Weltoffenheit und Toleranz sind auf der Basis des Kapitals und der sogenannten „Marktwirtschaft“ nur in verkümmerter Form möglich.

Wenn die Vertreter der „Marktwirtschaft“ nun gegen die Auswirkungen ihrer eigenen Wirtschaftsordnung kämpfen (z.B. gegen die AfD), sollen sie das ruhig tun. Je mehr sie das tun, desto mehr beweisen sie, das das Kapital dem Ziel, den Rassismus zu bekämpfen, genauso im Wege steht wie dem vorgeblichen Ziel, Frieden zu schaffen, Bildung für alle zu erreichen oder die Arbeitslosigkeit zu beseitigen Alle konkreten Maßnahmen des bürgerlichen Staates, den Rassismus in Taten zu bekämpfen bzw. faschistische Organisation zu verbieten, sind positiv. Auf dem Boden des Kapitalismus jedoch müssen sie inkonsequent bleiben.

Selbst wenn alle faschistischen Parteien und die Äußerung faschistischer Ideen verboten würden, könnte die faschistische Ideologie selbst nicht verboten werden. Ihr müsste der materielle Boden entzogen werden, der sie hervorbringt.

Wer den Rassismus besiegen will, der muss den Kapitalismus beseitigen wollen mitsamt der unerbittlichen Konkurrenz zwischen Menschen, die er erzeugt, der muss danach streben, dass Menschen als Menschen zählen und nicht nur als Ware Arbeitskraft, die auszubeuten ist.

Die Theorie von der „Ungleichwertigkeit der Menschen“, ist ein Kernstück der Ideologie des Kapitals. Kampf gegen den Faschismus ist deshalb ein Teil des Kampfs gegen den Kapitalismus.

Die Bundestagsparteien des Kapitals dagegen, die vorgeben, den Rassismus zu bekämpfen, kämpfen gleichzeitig für die Aufrechterhaltung der Bedingungen, die den Rassismus hervorrufen Deshalb haben sie auch Jahrzehnte gebraucht, um Forderungen in verstümmelter Form zu übernehmen, für die die fortschrittlichen Kräfte in Deutschland schon seit Jahrzehnten eintreten.

Setzen wir sie unter Druck, damit sie soweit gehen, wie irgend möglich.

Der Staat unterdrückt mit Hilfe von Polizei und Gerichten seit Jahrzehnten die Zivilcourage gegen Nazis. Wie viele Antifaschisten wurden festgenommen, verprügelt, zu Geldstrafen oder sogar Gefängnis verurteilt, weil sie Veranstaltungen von Nazis verhindern wollten?

Wie viele Demonstrationen gegen Nazis wurden vom Staat verboten? Es gibt kaum eine Naziveranstaltung, die nicht von der Polizei massiv verteidigt wird. Verfassungsschutz und Geheimdienste überwachen und registrieren Gegner des Faschismus. Und der Staat finanziert die Naziparteien mit den Steuergeldern der Bürger, die er zur Entschlossenheit gegen Nazis auffordert Das alles hat sich bis heute im Prinzip nicht geändert.

Tatsachlich: Wir brauchen Zivilcourage. Die aber ist letztlich eine Eigenschaft, die im Widerspruch zum Duckmäusertum steht, die das Kapital produziert. Das Kapital verlangt Unterordnung und bedroht Zivilcourage mit Existenzunsicherheit. Dasselbe macht sein Staat. Das alles produziert Gleichgültigkeit und Desinteresse.

Zivilcourage ist gefragt, aber nicht nur gegen Nazis, sondern vor allem gegen das Kapital und seinen Staat.

Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Faschismus schweigen“.

 

2.

Das ist keine Demokratie!

Nach 12jähriger Amtszeit ist der bisheriger Bundestagspräsident Lammert mit einer stattlichen-staatlichen Pension von 17 000 € pro Monat in die Altersruhe gegangen, also mit einer Summe, von der wenigstens zehn arme Familien satt werden könnten. Dass aus seinem Munde der Satz kam: „Im Bundestag schlage das Herz der Demokratie“ ist nachvollziehbar. In seiner Abschiedsrede sprach er davon, die Bundestagswahlen am 24. September zu „einem Festtag der Demokratie“ zu gestalten und gab ’seinem‘ Volk den Ratschlag: „Nehmen Sie das Königsrecht aller Demokraten, in regelmäßigen Abständen zu bestimmen, von wem sie regiert werden wollen, so ernst wie es ist.“

Von wem sie regelmäßig regiert werden wollen!! Hier haben wir es ohne Zweifel mit einem Volksfeind und Sklavenhalter zu tun, denn der Zweck aller Regierung ist, so der bürgerliche deutsche Philosoph Fichte in seiner zweiten Vorlesung über die Bestimmung des Gelehrten, die Regierung überflüssig zu machen. Aber in Zeiten des explodierenden Imperialismus ist der Gedanke Fichtes ganz offensichtlich obsolet. Hegel, ein weiterer bürgerlicher Philosoph, bestimmte die französische Revolution als die die Anarchie zu konstituieren strebende Anarchie. Das war in politischer, nicht in ökonomischer Hinsicht, der Kerngedanke der französischen Revolution, in ökonomischer war es die Durchsetzung des Kapitalismus. Der Ratschlag Lammers stellt eine Verletzung der Menschenrechte dar, dieser Volksfeind gehört schon allein nach bürgerlichen Maßstäben hinter Schloss und Riegel. Überhaupt stellt in bürgerlichen Parlamenten jedes dritte Wort eine Menschenrechtsverletzung dar. Alle bürgerlichen Parteien sind heute imperialistische Parteien und der deutsche Bundestag ist ein imperialistisches Parlament, bestimmt, die Ausplünderung des deutschen Volkes durch die Kapitalisten demokratisch zu verbergen. „Ohne Wahlen geht es in unserem Zeitalter nicht, ohne die Massen kommt man nicht aus, die Massen aber können im Zeitalter des Buchdrucks und des Parlamentarismus nicht geführt werden ohne ein weit verzweigtes, systematisch angewandtes, solide ausgerüstetes System von Schmeichelei, Lüge, Gaunerei, das mit populären Modeschlagworten jongliert, den Arbeitern alles mögliche, beliebige Reformen und beliebige Wohltaten verspricht – wenn diese nur auf den revolutionären Kampf für den Sturz der Bourgeoisie verzichten. Ich möchte dieses System Lloyd-Georgeismus nennen, nach einem der maßgebendsten und geschicktesten Vertreter dieses Systems … nach dem englischen Minister Lloyd George“. (Lenin, Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus, Werke Band 23, Dietz Verlag Berlin, 1960, 114f.). Nun, das Format von Lloyd George haben die bundesrepublikanischen Berufspolitiker wohl kaum, ich würde eher von Westentaschenausgaben Lloyd Georges sprechen.

In Berlin spielt auch gar nicht die Musik, sondern in Frankfurt am Main, an der Wertpapierbörse. Aus dieser Stadt steigt eine Pestwolke auf und legt sich lähmend über die ganze Republik. Bereits Lysis kam 1908 in seiner Studie mit dem Titel: ‚Gegen die Finanzoligarchie in Frankreich‘ zu dem Ergebnis, dass die französische Republik in Wirklichkeit die Herrschaft einer Finanzoligarchie bemäntelt. „Die französische Republik ist eine Finanzmonarchie !“, ruft er aus, „… sie herrscht unumschränkt über Presse und Regierung“. Die BRD ist – mutatis mutandis – eine Finanzmonarchie und man kann sich noch so sehr auf den Boden des Parlaments legen oder sein Ohr an die Wände des sogenannten ‚Hohen Hauses‘ pressen, man wird das Herz der Demokratie dort nicht schlagen hören. Parlamentarismus und Demokratie schließen sich aus.

Die öffentlichen Gebäude, die Bibliotheken, die sogenannten Kultureinrichtungen sind nicht für die Habenichtse da. Das Volk ist im ‚Deutschen Bundestag‘ nicht vertreten, man nehme das Handbuch des Bundestages zur Hand, man findet Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter, arme Bäuerinnen und arme Bauern nicht in den Listen. Seit der Pariser Commune wissen wir aus ihrer politischen Praxis, dass der Parlamentarismus der Welt von gestern angehört. Die Pariser Commune war eine Regierung der Arbeiterklasse. Die Gewählten waren rechenschaftspflichtig, jederzeit absetzbar und bekamen keine fetten Diäten, sondern den durchschnittlichen Arbeiterlohn. Schon von seiner ganzen sozialen Zusammensetzung her handelt es sich um ein volksfeindliches Parlament. In der parlamentarischen Schwatzbude wird gegen die AfD geredet, wenn aber Demokraten Parteitage dieser rechtsextremen Partei blockieren, wo also das wahre Herz der Demokratie auf der Straße schlägt, da wird der Polizeiknüppel in die Höhe gehoben, da schlägt das falsche Herz der falschen Demokratie brutal zu.

Bald sind es 100 Jahre her, dass die Bolschewiki am 5. Januar 1918 in Russland das bürgerliche Parlament auflösten. Dieser Tag ist der „wahre Festtag der Demokratie“.

H. A.