Viel Propaganda, Ergebnis: Mehr Konkurrenzkampf, mehr Krieg, verlogene Phrasen
Zwei Tage saßen Vertreter der 20 mächtigsten Wirtschaftsnationen in Hamburg zusammen. Wir erhielten schöne Bilder, wo sie alle freundlich in die Kameras lächeln. Wir sahen sie mehr oder weniger verzückt Beethovens 9. Symphonie mit der „Ode an die Freude“ lauschen. Soweit die Fotos vom Treffen.
Doch worum ging es?
Als wichtigste Punkte standen auf der Tagesordnung Freihandel, Kampf gegen den Terror und angeblich Klimaschutz.
Bemerkenswert ist, was fehlte: Der Kampf gegen Hunger und Elend sowie gegen die Kriege. Das ist verständlich. Immerhin saßen hier die größten Waffenhändler, die stärksten imperialistischen Militärmächte und Kriegstreiber sowie die größten Ausbeuter der Welt zusammen. Warum sollten sie sich selbst das Wasser abgraben?
Das hält sie jedoch nicht davon ab, Hoffnungen und Illusionen auf eine bessere Welt unter ihrer Herrschaft zu schüren.
Doch ihre Interessen waren und sind eindeutig: Es ging um offene Grenzen – selbstverständlich nicht für Menschen sondern für Waren und Kapital! Was das bedeutet, haben schon Milliarden Menschen am eigenen Leib erfahren: Noch mehr Billiglohn, noch mehr Angst und Unsicherheit, Elend und Hunger. Denn freier Markt bedeutet zuerst einmal mehr Konkurrenz unter den arbeitenden Menschen auf der Welt und mehr Profit für die Reichen. Nicht umsonst gibt es weltweit millionenfachen Protest gegen Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA und die neuste Schöpfung JEFTA (Japanisch-europäischer Freihandelsvertrag).
Mit dem Ruf nach „offenen Grenzen“ für Waren und Kapital ist aber immer der Konkurrent gemeint. Denn untereinander schotten die Kapitalisten ihre Märkte durch Schutzzölle, Abgaben, technische Standards ab. Trump sagt dies offen und führt diesen Kampf im Interesse des US-Kapitals, Merkel und Macron reden von „offenen Märkten“, wenden aber über die EU alle Tricks zur Abschottung an. Dieser verschärfte Konkurrenzkampf fand auch seine Widerspiegelung in der Abschlusserklärung, wo einerseits „offene Märkte“ gefordert und gleichzeitig „rechtmäßige Schutzinstrumente“ ermöglicht werden.
Beim zweiten Tagesordnungspunkt ist es schon grotesk, dass die Verantwortlichen für Krieg, Millionen Tote, Terror gegen zahlreiche Völker durch Krieg und Ausplünderung sich selbst zu Helden eines „Krieges gegen den Terror“ erklären. Dabei haben sie mit ihrer Politik, ihren Kriegen und ihrem Kampf gegeneinander erst „den Terror“ geschaffen. Wo immer es ihnen nutzt, finanzieren und bewaffnen sie Terrortruppen, um ihre Stellvertreterkriege um Einflussgebiete, Rohstoffe, Märkte usw. zu führen. Je lauter ihre Friedensbeteuerungen erklingen, desto mehr nehmen Kriege zu. Zig Millionen Menschen sind auf der Flucht und Opfer ihres Terrors. Wie sollen die größten Terroristen einen „Kampf gegen den Terror“ führen? Dann könnte man ja gleich der Mafia den Kampf gegen Drogen anvertrauen.
Und der Kampf um das Weltklima? Da erhebt sich die deutsche Regierung, die im eigenen Land den großen Automobilkonzernen beim Dieselskandal mit allen Mitteln hilft, ihren Betrug fortzusetzen, zum „Klimaretter“. Was ist das Papier wert, auf dem man über „Klimaschutz“ redet? In der Realität verfehlt der selbst ernannte „Klimaretter“ Deutschland sämtliche Klimaziele, fördert – was man Trump vorwirft! –Kohle und Kohlekraftwerke, erweist sich innerhalb der EU als Bremser bei allen wesentlichen Verschärfungen der Umweltstandards und als harter Kämpfer für die Profitinteressen des deutschen Kapitals.
Das Gesamtergebnis ist für die Arbeiterklasse und die Völker der Welt bedrohlich! Mit den Abmachungen für den freien Warenverkehr wird sich ihre Lebenslage verschlechtern und der ökonomische Konkurrenzkampf der Kapitalisten auf ihrem Rücken ausgetragen. An den Kriegen wird sich nichts ändern. Im Gegenteil: Sie werden unter dem Deckmantel des „Anti-Terror-Kampfes“ ausgeweitet werden. Und die Umwelt wird weiter für die Profitinteressen vernichtet werden.
Die Kosten für dieses Spektakel sind enorm. Im Voraus waren ca. 185 Mio. Euro für die Tagung und ca. 150 Mio. für die „Sicherheit“ veranschlagt worden, also zusammen 335 Mio. Euro! Doch das war nur die Planung, es wird mehr werden. Beim G20-Gipfel in Toronto wurden die veranschlagten Kosten am Ende um das Viereinhalbfache übertroffen!
Polizeistaat in Aktion
Schon lange vor dem Gipfel gab es zahlreiche warnende Stimmen, dass ein solches Ereignis in einer Großstadt wie Hamburg zu deren Lahmlegung und Blockade führe. Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass mit dem Tagungsort in Hamburg Konflikte vorprogrammiert seien. Das Kongresszentrum, in dem der G20-Gipfel stattfand, befindet sich in Spuckweite zum Schanzenviertel. Doch sowohl Kanzlerin Merkel (CDU) als auch Hamburgs Bürgermeister Scholz (SPD) hielten mit aller Macht an Hamburg als Platz für das G20-Treffen fest. Man ging also bewusst in eine Konfrontation hinein!
Schon bei den Vorbereitungen wurde klar, dass dies kein Zufall war. In unserem Flugblatt zu G20 – erstellt vor dem Gipfel! – heißt es dazu:
„G20 in Hamburg: Ausnahmezustand, Polizei- und Behördenwillkür, willfährige Gerichte!
Schon vor dem G 20-Gipfel setzen Bundesregierung, die Hansestadt Hamburg, Senat, Innenbehörde und Polizei auf nackte Konfrontation! Übergriffe auf Aktivist/innen, willkürliche und provokative Missachtung verwaltungsgerichtlicher Genehmigungen. Gerichte, die der Polizei-Willkür Recht geben, eine Polizeiarmee, die Innenminister de Maiziere (CDU) und die SPD zu kompromissloser Härte gegen angebliche Krawalle auffordern. Bundeswehreinheiten in Alarmbereitschaft.
Große Teile Hamburgs – gesperrt für jegliche Demonstration! Grundrecht Demonstrationsrecht? Menschenrechte (werden von Deutschland gerne weltweit angemahnt!!)? Das gilt offenbar nicht für den Widerstand gegen das Kapital!“
SPD-Scholz ging sogar soweit, dass er durch seine Innenbehörde und den Verfassungsschutz 3 „Rädelsführer“ imInternet an den Pranger stellen ließ und damit auch zum Zielobjekt rechtsradikalen Terrors machte.
Man bekam den Eindruck, dass die Herrschenden sich nichts sehnlicher wünschten als Krawall.
Dementsprechend wurde eine unglaubliche Gewaltmaschine aufgefahren:
Über 20.000 Polizisten, Wasserwerfer, gepanzerte Fahrzeuge, eine Hubschrauberflotte. Weite Teile Hamburgs wurden abgesperrt. Selbst für Anwohner wurde der Weg zur Arbeit oder zurück in ihre Wohnung oder der tägliche Einkauf schier unmöglich gemacht. Tag und Nacht kreisten zahllose Hubschrauber über Hamburg, permanent erklang das Martinshorn. Schlafen war für viele unmöglich. Mit einem Fahrzeug nach Hamburg hinein- oder herauszukommen, wurde zu einer Qual. Wenn Fahrzeugkonvois mit den hohen Herrschaften mit massiver Polizeibegleitung durch Hamburg rasten, mussten Fußgänger beiseite springen.
Als das Spektakel begann, steigerte sich die Polizeistaatsübung in ungeahnte Höhen. Ein friedliches Protestcamp wurde grundlos und gegen einen Beschluss des BVG nachts brutal geräumt. Menschen irrten nachts ohne Schlafplatz durch Hamburg. Die erste Demonstration „Welcome to hell“ wurde schon nach rund 200 Metern von Wasserwerfern und einem massiven Schwarzen Block der Polizei attackiert, weil es ein paar Vermummte gab, von denen die meisten bereits ihre Vermummung ablegt hatten. Und so, wie es begann, ging es weiter: Friedliche Demonstrationen wurden wegen Nichtigkeiten wie einem falsch gehaltenen Transparent, einem Vermummten und ähnlichem massiv angegriffen. Wasserwerfer waren ständig anwesend und wurden häufig eingesetzt. Das schürte bei vielen die Ohnmacht, die Wut.
Auch seitens der Bevölkerung war spürbar, dass sie die Verwandlung Hamburgs in eine Polizeikaserne ablehnte. Aus vielen Fenstern hingen Transparente. Anwohner äußerten sich empört über die Schikanen, denen sie ausgesetzt waren.
Die Krawalle
Die Krawallnächte waren schrecklich und haben mit „links“ nichts zu tun, auch wenn der ein oder andere das so denkt.
Sicher gibt es Leute, die halten so etwas für „revolutionär“. Revolutionen sehen anders aus. Beim Aufstand der Bauern 1525, bei der demokratischen Revolution 1848, bei der Novemberrevolution 1918 da war das Volk in Bewegung und hatte genug von den Herren, der Reaktion und dem Adel oder dem Krieg. Bei Revolutionen sehen geht es nicht um Krawall, um „Entglasen“ und um Plünderungen, da geht es wirklich um die Macht im Staat.
Wer kann ernsthaft glauben, dass Ereignisse wie in den Nächten im Schanzenviertel diesen Staat gefährden? Im Gegenteil! Das war eine willkommene Übung in Aufstandsbekämpfung! Diese Tage werden ausgewertet und für eine verbesserte Aufstandsbekämpfung genutzt werden. Und natürlich wird nun von allen verlangt, der revolutionären Gewalt abzuschwören. Abbau demokratischer Gesetze waren sowieso in Planung, nun hatte man die notwendigen Bilder, um der Öffentlichkeit mehr Polizeistaat und Militarisierung zu verkaufen. Diese Maßnahmen wären früher oder später sowieso gekommen. Die herrschende Klasse dreht schon lange an der Schraube zum Polizeistaat. Die nächtlichen Krawalle haben ihnen geholfen!
Es stellt sich allerdings auch von anderer Seite her die Frage, ob das wirklich „links“ war. Denn mittlerweile gibt es zahlreiche Hinweise, dass bei den Krawallen im Schanzenviertel unterschiedliche „interessierte Kreise“ mitgemischt haben. So haben nachweislich NPDler, Mitglieder von HOGESA (Hooligans gegen Salafismus) und der Identitären Bewegung mitgemischt. Schwarze Kleidung und Vermummung sind halt auch für solche Leute eine gute Tarnung. Wer sieht einem so Verkleideten schon seine wirkliche Gesinnung an?
Zusätzlich haben deutsche Zivilpolizisten mitgemischt. Als einer von ihnen im Schanzenviertel nach Zeugenaussagen Leute aufzuhetzen versuchte, enttarnt und vertrieben wurde, holte ihn ein anderer schwarz gekleideter Zivilpolizist heraus, bedrohte mit seiner Pistole Menschen und gab einen Warnschuss ab.
Und mit hoher Wahrscheinlichkeit haben diverse ausländische Geheimdienste dort ihre Arbeit geleistet. Vielleicht wurde da auch manche Rechnung mit der Großmacht Deutschland beglichen? So wurden bei den Krawallen mehrere russische Staatsbürger inhaftiert. Augenzeugen berichteten, darunter auch Genossen von uns, dass bei den Krawallen im Schanzenviertel Englisch und andere Sprachen gesprochen wurden.
Schaut man Videos auf Facebook oder bei Youtube über die Brandstiftung an Autos an, so sieht man dort nicht spontane Gewaltausbrüche, sondern wohl organisierte, professionelle Arbeit. Eine kleine Gruppe geht systematisch vor, hat einen ausreichenden Vorrat an Molotow-Cocktails – und – das ist das Erstaunlichste – wird von der Polizei, die in der Nähe steht, nicht gehindert. Ein Genosse berichtete von den Feuern im Schanzenviertel, in Rufweite der G-20-Tagungsstätte, dass vor Ort Wasserwerfer waren, die lange Zeit nicht eingesetzt wurden. Selbst wenn sie, wie die Polizei behauptete, die Straße nicht hätte betreten können, weil es zu gefährlich war, hätte man ohne jede Gefahr für sich selbst mit dem Wasserwerfer gegen diese Profis vorgehen können. Und noch merkwürdiger ist, dass die Polizei zwar Straßen abriegelte, aber an anderen Stellen unkontrollierten Zutritt zuließ. Ein Genosse berichtete, dass er ohne Probleme ins Schanzenviertel rein und raus konnte.
Erstaunlich ist auch, dass mittlerweile bekannt wurde, dass die Polizei seit Tagen den Schlüssel des Hauses hatte, auf dessen Dach Leute mit Platten und Zwillen die Polizei bedroht haben sollen. Der Hausbesitzer hatte die Polizei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das leer stehende Haus wegen eines Baugerüstes leicht zu besetzen sei. Die Polizei hätte es mit nur wenigen Kräften sichern können. Merkwürdig auch, dass die 13 Personen, die auf dem Dach von dem österreichischen Sondereinsatzkommando Cobra festgenommen wurden, alle rasch wieder frei kamen. Die Frist für einen Haftantrag wurde von der Polizei versäumt.
Nach stundenlangem Zuschauen ist die Polizei erst eingeschritten, als man die gewünschten Bilder, brennende Barrikaden, Rauchsäulen über Hamburg, hatte.
Das ganze zeigt allerdings auch die Naivität und Ignoranz von Menschen, die so etwas als „revolutionär“ ansehen. Was ist daran „revolutionär“, wenn ich direkt in die Polizeifallen tappe? Was ist an meiner Taktik „revolutionär“, wenn sie Nazis und Polizeiprovokateuren das Mitmischen so leicht macht? Das ist nicht „revolutionär“, das ist unverantwortliche Spielerei und arbeitet dem Machtapparat der Herrschenden in die Hände.
Und wenn nun solche Leute darüber klagen, dass sich Polizeispitzel und Rechte unter sie gemischt hatten und sich damit rechtfertigen, dann fragen wir sie: Wusstet Ihr das nicht vorher aus zahlreichen anderen Fällen? Bei Protesten gegen G20 in Genua hatten Zivilpolizisten die Krawalle angeheizt und Molotow-Cocktails direkt aus der Asservatenkammer der Polizei geliefert. Beim 1.Mai in Berlin wurden Polizeispitzel enttarnt, deren Aufgabe es war, Gewalt zu provozieren. Beim G8-Gipfel wurden ebenfalls Polizeiprovokateure entlarvt. Bei den Protesten gegen Stuttgart 21 waren bewaffnete Zivilpolizisten dabei. Die Liste kann beliebig verlängert werden. Jeder weiß also, was los ist. Dann kann man sich nicht hinterher mit seiner Dummheit und Naivität herausreden, sondern sollte einmal über sich nachdenken. Wirkliche revolutionäre Arbeit ist kein Happening, sondern erfordert Ausdauer, Konsequenz und Geduld. An erster Stelle muss dabei die Gewinnung der Menschen, der Arbeiterklasse und des Volkes stehen. Revolutionen werden nicht „gemacht“, sondern entstehen aus der Unzufriedenheit im Volk. Stellvertreterpolitik führt eben dazu, dass dann viele „Stellvertreter“ wie Spitzel, Nazis usw. mitmischen können.
Die große Heuchelei
Heuchlerisch ist aber das Geheule dieses Staatsapparates gegen den „linksradikalen Terror“. Zum einen wissen sie, das da viele mitgemischt haben. Das wissen sie sogar besser als wir. Zum anderen muss man doch darüber nachdenken, dass in Deutschland im Durchschnitt alle zwei Monate ein Mensch von Nazis ermordet, mehrere Male wöchentlich Brände bei Flüchtlingsunterkünften gelegt oder diese angegriffen werden. Merkwürdig ist es doch, dass das Geschrei bei Morden (!) deutlich leiser ausfällt. Und noch dazu dürfen die Nazis weiter ungehindert auftreten – unter Polizeischutz!
Von diesem Staat Gerechtigkeit zu erwarten, ist wohl sehr naiv. Er verfolgt zielstrebig die Interessen des Kapitals – so auch in Hamburg und beim G20-Gipfel.
Wer wirklich eine andere Gesellschaft will, der muss auch entsprechend arbeiten. In Deutschland ist dazu der Aufbau einer starken Kommunistischen Partei nötig, die in der Arbeiterklasse und im Volk verankert ist. Dafür ist es notwendig ausdauernde Überzeugungsarbeit in der Arbeiterklasse und im Volk zu leisten, an deren alltäglichen Kämpfen teilzunehmen. Das alles ist nicht einfach. Da fährt man viele Niederlagen ein und erlebt Enttäuschungen. Es ist eben nicht das hippe Spiel mit der „Revolution“. Aber nur dieser Weg führt zum Ziel!
Hier unser Flugblatt zum G20-Gipfel
Korrespondenz: Endlich „Krieg gegen den Terror“ auch in Deutschland
Die USA begannen den „Krieg gegen den Terror“ 2001 kurz nach 09-11, dem Tag, an dem die Twin-Towers zusammenfielen. Wie sah dieser Krieg aus? Zuerst überfielen die USA samt ihren Verbündeten Afghanistan, dann rollten sie zusammen mit GB den Irak Saddam Husseins auf (weil das unter anderem ein ölreiches Land ist), schließlich wurde Libyen zerbombt und dessen Präsident Muammar Gaddafi ermordet und endlich Syrien im Kampf gegen Assad und dann nochmal zusammen mit Nordirak im Kampf gegen den IS (der zuvor von den USA und dem türkischen Despoten Erdogan hochgepäppelt worden ist) zerstört. Notfalls, so scheint es, zieht man sich die Terroristen, die man angeblich bekämpft, selbst heran.
Frankreich, „la grande république“, hat seinen Krieg gegen den Terror nach den Anschlägen auf „Charlie Hebdo“ und auf die Diskothek „Bataclan“ begonnen. Wie sieht dort der Krieg gegen den Terror aus? Ausnahmezustand mit Einschränkung der demokratischen Rechte (Demonstrationsrecht, Meinungsfreiheit…), Ausweitung der Polizeibefugnisse, Militäreinsätze im afrikanischen Mali und anderen westafrikanischen Staaten, Teilnahme am „Krieg gegen den Terror“ im Nahen und Mittleren Osten.
In Deutschland hat bisher das rechte Motiv für den Krieg gegen den Terror gefehlt. Im Juli 2016 töte ein Amokläufer beim Münchener Olympiazentrum 9 Menschen und verletzte 16 weitere schwer. Sofort gab es einen Polizeieinsatz mit 2.300 Mann einschließlich SEK und österreichischer Spezialtruppe KOBRA, der die ganze Münchener Innenstadt lahmlegte. Es wurde sogar der Einsatz der Bundeswehr erwogen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte gegenüber der FAZ: „Solange das Ausmaß des Anschlages am Freitag nicht klar war, war eine Feldjäger-Einheit der Bundeswehr in München in Bereitschaft versetzt.“ Zum Bedauern der herrschenden Klasse und ihrer Bestrebungen zu einem Polizeistaat stellte sich heraus, dass der Amokläufer, der sich noch während der Fahndung selbst erschoss, ein Schüler mit rechtsradikalem Hintergrund war, beileibe kein „Islamist“, was ja schon ganz günstig gewesen wäre und auch kein „Linksradikaler“. Pech!
Zweitens der Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016: 12 Menschen starben, 55 wurden zum Teil schwer verletzt. Der Täter wurde in Mailand erschossen: zunächst hieß es, er sei ein „Islamist“, später stellte sich heraus: ein Krimineller, ein Drogendealer mit guten Kontakten zum Geheimdienst. Terrorgefahr: lieber nicht weiter untersuchen!
Jetzt G20-Gipfel in Hamburg: Der „Schwarze Block“, Randale im Schanzenviertel, die „Rote Flora“, die „Linksradikalen“. Angeblich etwa 500 verletzte Polizisten, die verletzten Demonstranten, auch die, die nicht im „Schwarzen Block“ marschiert sind, zählt man nicht. Eine ungeheure Hetze auf Alles, was irgendwie „links“ ist bis hin zu den Grünen, von Politikern und Mainstream-Medien bricht über Deutschland herein. Der Medienkrieg gegen den Terror, den „linken Terror“ selbstverständlich, hat schon begonnen und wird von den Politikern der bürgerlichen Parteien heftig geschürt. Die altbekannten Forderungen nach noch mehr Polizeipräsenz, nach mehr Überwachung, nach harter Bestrafung, nach dem „starken Staat“ werden neu aufgelegt. Kommunisten müssen sich „warm anziehen“.
Kleine Anfrage an die Bundesregierung: rechtfertigen die Ereignisse in Hamburg auch den Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan und Mali? Darf man im Kampf gegen den „Linksterrorismus“ auch Waffen und Waffenfabriken nach Saudi-Arabien liefern?
Das sollte eigentlich eine Glosse sein, aber Genossen, es ist todernst!
S.N.
Korrespondenz zu den Ereignissen in Hamburg
Der Gipfel ist vorbei, der Wahnsinn geht weiter. Wie zu erwarten war, ist es zu keinen konkreten Ergebnissen gekommen, es herrscht Uneinigkeit über Maßnahmen zum Klimaschutz und anderen Weltproblemen. Was sollte man auch erwarten von imperialistischen Mächten, die volksfeindlicher kaum handeln könnten. Gekostet hat das Spektakel unser Volk dabei viel Geld. Inhalte sind bei der Berichterstattung ohnehin in den Hintergrund geraten, da die Aufregung über linksradikale Krawalle groß ist. Was aber sind diese schon gegen die ungeheure strukturelle Gewalt, die von den imperialistischen Ländern überall ausgeht, wie lächerlich erscheinen zerborstene Schaufenster, geplünderte Läden und brennende Autos gegenüber zerbombten Städten, hungernden Menschen und die Umweltverpestung (auch durch Autos), an der vor allem die leiden, die diese Verhältnisse nicht zu verschulden haben. Trotzdem: Eine kleine Minderheit von kriminellen Anarchisten schadet meiner Meinung nach, ob bewusst oder unbewusst, der großen Mehrheit der sinnvoll demonstrierenden Kräfte, durch provokative Aktionen, welche so letztlich die Durchführung des gesamten Protests gefährden. Ein echter Revolutionär muss sich auch nicht vermummen, weil er zu seinen Ansichten steht und es bekanntlich hasst sie zu verschmähen. Auch Polizisten leiden, trotz ihrer noch privilegierten Position, zunehmend unter dem Druck des herrschenden Systems in Form von Überstunden und unverantwortlich durchgeführten, gefährlichen Einsätzen. Der Polizist ist nicht unser Feind, auch wenn die Institution als solche sich gegenwärtig noch in den Händen des reaktionären Regimes befindet. Wir müssen versuchen Polizisten, aber auch Angehörige aus den Reihen des Militärs, für unsere Sache, der Sache des Volkes, für den Sozialismus zu gewinnen! Ohne zumindest einen Teil von ihnen auf unserer Seite zu haben, wird eine Revolution kaum möglich sein. Dies können wir auch aus der Geschichte lernen, so z.B. an der Oktoberrevolution, an welcher auch bewaffnete Einheiten des alten Regimes revolutionär beteiligt waren. Aber auch in der KPD der Weimarer Republik soll es Polizisten gegeben haben. Dies schaffen wir aber nicht, wenn sie von Chaoten beleidigt und angegriffen werden. Auch einige unschuldige Anwohner wurden geschädigt. Darüber hinaus senden diese Gewaltexzesse überhaupt ein abschreckendes Signal an die Mehrheit, der noch nicht am aktiven Widerstand gegen den Kapitalismus beteiligten Menschen, in diesem Land. Dabei wollen und müssen wir diese doch gewinnen! Der Linksradikalismus ist seinem Wesen nach alles andere als „radikal“, wenn man unter dem Begriff seiner Herkunft nach Bestrebungen versteht, welche die Probleme an der Wurzel packen und grundlegend verändern wollen. Er agiert oberflächlich, ziel- und sinnlos. Das weiß aber auch der Staat, trotz seines öffentlichen Gejammers über die spektakulären Aktionen der Autonomen, wenn er besonders die „ruhigen“ aber ausdauernd und planmäßig arbeitenden Marxisten-Leninisten beobachtet und schon in ihren Flugblättern – zurecht – eine Bedrohung sieht. In Wahrheit sind ihm nämlich ein paar verwüstete Straßenzüge, an denen im Übrigen wieder diverse Baufirmen verdienen, lieber, als eine starke kommunistische Partei. Und tatsächlich: Die Ereignisse in Hamburg zeigen uns wieder einmal auf tragische Weise, wie sehr es uns an einer starken, im Volk verankerten Partei fehlt, die in der Lage wäre, die berechtigten Proteste in disziplinierte Bahnen zu lenken und zu einer machtvollen Bewegung auszubauen!
A.N.