Der „Sarkophag“ vor dem Landratsamt Oberallgäu
Am 26. April 1986, also vor nun über 31 Jahren, ereignete sich die bis dahin schwerste atomare Katastrophe, ein sogenannter Super-GAU, im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Die Gegend um Prypiat, der nächstgelegenen Stadt, wurde weiträumig verstrahlt und musste zeitweilig oder auf Dauer evakuiert werden. Über 350.000 Menschen wurden unmittelbar nach der Katastrophe oder in den Jahren danach umgesiedelt. Der radioaktive Fallout verteilte sich über weite Teile Europas, aber auch über Nordafrika und Südostasien. Dadurch wurden Böden und damit auch Pflanzen und Wildtiere, die sich davon ernähren, kontaminiert. In Bayern und Sachsen z.B. wird das Fleisch von Wildschweinen zu einem erheblichen Teil nicht zum Verzehr freigegeben, weil die Strahlenwerte zu hoch sind.
Tausende von so genannten „Liquidatoren“ – es wurden etwa 200.000 eingesetzt – Arbeiter, Techniker und Ingenieure, die damit beschäftigt waren, das atomare Wrack mit einer Betonhülle zu umgeben und verstrahlte Trümmer zu beseitigen, starben an den Folgen zu hoher Strahlung. Menschen, die nicht schnell genug evakuiert werden konnten oder die immer noch zu nahe am Katastrophenherd wohnten, erkrankten und starben an den Folgen der Strahlenkrankheit.
Am Jahrestag von Tschernobyl fanden wie auch am Jahrestag von Fukushima (11. März) in vielen Städten Aktionen zum Gedenken an diese Atomkatastrophen statt – als Mahnung und auch als Forderung, die in Deutschland noch laufenden AKW´s abzuschalten, am besten sofort! Auch die am südlichsten in Deutschland existierende Anti-AKW-Initiative „antiatom.oa“ ließ sich dazu etwas einfallen. Sie errichtete vor dem Landratsamt Oberallgäu einen „Sarkophag“.
In einer Presseerklärung von antiatom.oa heißt es:
„Wenig Glück mit dem Wetter hatten am Donnerstag die Teilnehmer an der Einweihung der Installation „Sarkophag“, die die Gruppe antiatom-oa anlässlich des Jahrestages der Atomkatastrophe in Tschernobyl auf der Wiese vor dem Landratsamt in Sonthofen aufgebaut hatte. Trotz des regnerischen Schmuddelwetters versammelten sich 15 Menschen zum Gedenken an die Opfer des zivilen und militärischen Atomsystems. Mit einer Schale vor der Installation wurde dieser Opfer gedacht. Für die Gruppe antiatom-oa symbolisiert dieser Sarkophag die Unmöglichkeit und Hilflosigkeit einmal erzeugte Radioaktivität aus der Umwelt fernzuhalten. Er erinnert auch an die über 12000 Tonnen hochradioaktiver Atommüll, die in Deutschland in 17 provisorischen, „Sarkophag“ genannten Zwischenlager, , vor sich hin dümpeln und auf den endgültigen „Sarkophag“, genannt Endlager warten, dessen Einweihung am St. Nimmerleinstag sicher stattfinden wird, wie der Redner von antiatom.oa ironisch anmerkte. In seiner Rede zeigte er die zweite Symbolik des „Sarkophags “ auf, die des Grabmals, in diesem Fall für die unzähligen Opfer des Atomsystems weltweit, angefangen von indigenen Völkern, die durch Uranabbau verstrahlt werden, über hunderttausende namenlose Liquidatoren, die man durch die Hölle von Tschernobyl jagte, bis zu Zehntausenden von zusätzlichen Krebsfällen in Europa infolge des Supergaus von Tschernobyl. Doch zeigen auch die Menschen, die sich hier versammelt hätten, dass es weltweit eine große Verbundenheit gegen den militärischen und zivilen Atomwahnsinn gebe“, schloss er seine Rede.“
Vor dem Atom-Denkmal gab es dann am 29. April und 2. Mai weitere Kundgebungen, ehe es wieder abgebaut wurde.
S.N.