Betriebsratswahl 2018: Wege durch den Paragraphendschungel!

Für die Betriebsratswahl gibt es eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die mit zum Teil schwer verständlichen Begriffen und vielen Grundsatzurteilen dafür sorgen, dass diese Wahl in „geordneten“ Bahnen verläuft und nicht jeder einfache Arbeiter oder Angestellter im Betriebsrat auftaucht.

Trotzdem ist dieser „undurchdringliche“ Paragraphendschungel zu bewältigen.

Das Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) beginnt in Paragraph 1 mit einer eindeutigen Festlegung:

„In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt.“

(§1 Abs.1 BetrVG)

Um aber festzustellen, ob und wie eine konkrete Betriebsratswahl stattfindet, gibt es eine Vielzahl von zusätzlichen Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen. Jedes Wort ist wichtig und hat eine eigene Bedeutung:

 

Was ist ein Betrieb?

Wenn ein Unternehmer an einem Ort mithilfe von Produktionstechnik und Produktionsideen einen bestimmten Produktionszweck verfolgt und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einer eigenen Bürokratie gesteuert wird, ist dies ein Betrieb. (Das kann man einfacher formulieren, aber das „Juristendeutsch“ ist eine Herrschaftssprache, die nicht ohne Mithilfe von Spezialisten zu durchschauen sein soll.)

Betriebsteile, die einen eigenen Aufgabenbereich und eine eigene Organisation haben, gelten als selbstständig und wählen einen eigenen Betriebsrat. Dies gilt auch für Betriebssteile, die sich „räumlich weit entfernt“ (mehr als 28 Kilometer) vom Hauptbetrieb befinden.

 

Was sind Arbeitnehmer?

Arbeitnehmer sind Arbeiter und Angestellte, einschließlich der Auszubildenden, unabhängig, ob sie im Betrieb, im Außendienst, mit Telearbeit oder als Heimarbeiter beschäftigt werden.

Keine Arbeitnehmer, und deshalb auch von der Betriebsratswahl ausgeschlossen, sind der Eigentümer, die Geschäftsführer und ihre Verwandten.

Dies gilt ebenfalls für die leitenden Angestellten. Sie können zum Beispiel selbstständig Einstellungen und Entlassungen vornehmen; sie haben Prokura oder können wichtige Entscheidungen frei von Weisungen treffen.

 

Was sind wahlberechtigte Arbeitnehmer?

Wahlberechtigt sind alle im Betrieb eingestellten Arbeitnehmer, wenn sie am (letzten) Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zu den Wahlberechtigten gehören auch alle Auszubildenden, Praktikanten und Werkstudenten.

Leiharbeitnehmer, die von einem anderen Betrieb zur Arbeitsleistung überlassen wurden, haben ebenfalls Wahlrecht, wenn sie länger als 3 Monate im betreffenden Betrieb eingesetzt wurden oder eingesetzt werden sollen.

 

Wer kann kandidieren?

Das sog. passive Wahlrecht – das heißt kandieren und gewählt werden, haben alle Wahlberechtigten, wenn sie länger als 6 Monate dem Betrieb angehören.

Nicht wählbar ist, wem durch rechtkräftiges Urteil die sog. „bürgerlichen Ehrenrechte“ aberkannt wurden.

 

Das richtige Wahlverfahren

Grafik zur Betriebsratswahl

Laut Gesetz (§ 14a Abs. 5 BetrVG) gibt es zwei Wahlverfahren: Das vereinfachte und das normale Wahlverfahren. Die Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer spielt hierbei die entscheidende Rolle:

Sind im (Klein-) Betrieb in der Regel 5 bis 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, gilt das vereinfachte Wahlverfahren (relativ neue Regelung mit weniger Vorschriften und einem schnelleren Wahlverfahren).

Sind im Betrieb in der Regel 50 – 100 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, kann der Wahlvorstand mit dem Arbeitgeber vereinbaren, das vereinfachte Wahlverfahren anzuwenden.

Ab in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern muss das normale Wahlverfahren durchgeführt werden (bisherige Regelung mit vielen Erfahrungen, größerer Rechtssicherheit und mehr Zeit für die Durchführung der Wahl).

 

Der Zeitpunkt der BR-Wahl

Der Zeitpunkt der BR-Wahl ist in § 13 des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt.

„… Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt. …“ 2018 findet die nächste regelmäßige Betriebsratswahl statt. Abweichend kann der Betriebsrat nur gewählt werden, wenn es in den letzten zwei Jahren viele Entlassungen oder Einstellungen im Betrieb gab (mehr als 50 Prozent), oder wenn ein Betriebsrat zum ersten Mal gewählt werden soll (weitere Vorschriften siehe § 13 BetrVG). Die anstehende Betriebsratswahl entfällt, wenn der jetzige Betriebsrat erst vor 12 Monaten gewählt wurde.

 

Wo kann ich mich informieren? Woher bekomme ich den Gesetzestext?

* In den Büros der zuständigen Einzelgewerkschaft gibt es Textausgaben des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) mit der Wahlordnung für die Betriebsratswahl in einer DIN A 6 – Broschüre, die kostenlos an interessierte Gewerkschaftsmitglieder ausgegeben werden.

* Die zuständige Einzelgewerkschaft ist auch wichtig, wenn erstmals ein Betriebsrat gebildet werden soll. Denn sie kann, wenn sie Mitglieder in dem betreffenden Betrieb hat, die BR-Wahl einleiten, ohne dass gleich ein/e Kolleg/in seinen Kopf hinhalten muss. Das ist immer richtig. Besonders wichtig ist es dann, wenn der Unternehmer keinen BR will, was oft vorkommt.

* Im Betriebsrats-Zimmer liegen mehrere Exemplare des Betriebsverfassungsgesetzes. Dort kann ebenfalls ein Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz eingesehen werden. In ihm sind die wichtigsten Grundsatzurteile zu den einzelnen Paragraphen des BetrVG abgedruckt bzw. erklärt. Dies gilt für die Büros aller Betriebsräte. Sollte es diese Bücher nicht geben, ist das ein zusätzlicher Grund, diesen „Betriebsrat im Blindflug“ schleunigst abzulösen.

* Im Buchhandel können aktuelle Gesetzestexte und Kommentare gekauft werden. Sie sind nur relativ teuer (Text BetrVG ab 7 €; Kommentar ab 25 €). Im Internet ist der Text ebenfalls erhältlich: https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg

 

Anmerkung der Redaktion von Arbeit Zukunft:

Dies ist der zweite Teil unserer Artikelserie zur Betriebsratswahl 2018. Wir freuen uns über Leserzuschriften und Eure Erfahrungsberichte. Schreibt uns über Eure Erfahrungen mit dem alten Betriebsrat und über Erfolge, die ein klassenbewusster Betriebsrat zusammen mit einer aktiven Belegschaft erreichen kann. Welche Erfahrungen habt Ihr mit der Aufstellung eigener linker Listen? Wie konnte die Kandidatur kämpferischer Kandidaten auf nur einer (Belegschafts-) Liste und somit Persönlichkeitswahl erreicht werden?

Fragt uns, wenn Ihr Probleme mit der Betriebsratswahl 2018 habt. Bitte schreibt an:

Verlag AZ, Postfach 401051, 70410 Stuttgart oder:

E-Mail: webmaster@arbeit-zukunft.de