Aus „La Forge“, März 2017, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)
In diesem Jahr gedenken die Palästinenser dreier dramatischer und entscheidender Daten ihrer Geschichte:
1917. Die Balfour-Erklärung, welche der zionistischen Bewegung schriftlich zusichert, eine „jüdische Heimstätte“ in Palästina (damals unter britischem Mandat) einzurichten.
1947. Die Teilung Palästinas, die nicht zur Bildung von 2 Staaten führt, wie es die Resolution der UNO vorsieht, sondern zum ersten israelisch-arabischen Konflikt und der Enteignung von 805.000 Palästinensern. Am Ende dieser Auseinandersetzung 1949, geht der israelische Staat gestärkt und um neue palästinensische Gebiete und einen Teil Jerusalems vergrößert, daraus hervor; die angrenzenden arabischen Länder, Transjordanien und Ägypten, okkupieren den Rest der palästinensischen Gebiete. 1950 wird das Westjordanland von Jordanien annektiert, Gaza bleibt palästinensisches Territorium unter der Verwaltung der ägyptischen Armee.
1967. Der Sechstage-Krieg, von Israel begonnen, endet mit der völligen Besetzung der palästinensischen Gebiete, Westjordanland, Gaza und Ostjerusalem, durch die israelische Armee. Schon 1967 beginenn mit dem stillschweigenden Einverständnis der verschiedenen israelischen Regierungen die ersten Siedlerbewegungen unter Missachtung aller internationaler Vereinbarungen und aller UN-Resolutionen.
50 Jahre später wird nicht nur die Kolonisierung der palästinensischen Gebiete fortgesetzt, sondern auch im Windschatten der Trump-Wahl beschleunigt, die von der israelischen Reaktion als Freibrief für die Aggressions- und Besatzungspolitik des Staates Israel interpretiert wird.
In diesem Zusammenhang haben das nationale Komitee für einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Palästinensern und Israelis, das Kollektiv „Zuviel ist zu viel!“ und die Plattform der französischen NGOs für Palästina die Initiative ergriffen, eine Kampagne für die Suspendierung des Assoziierungsvertrags EU-Israel zu starten. Der öffentliche Start dieser Kampagne war am 23. Februar bei der Eröffnung der antikolonialen Woche in Anwesenheit des Bürochefs des palästinensischen Botschafters in Frankreich.
Alima Boumediene-Thiery, Europaabgeordnete der Grünen von 1999 bis 2004 hat den ersten Kampf für die Suspendierung des Assoziierungsvertrags EU-Israel nachgezeichnet, der 2002 im Europäischen Parlament geführt wurde und der sich auf die zwei Ausnahmeklauseln, die im Vertrag vorgesehen sind, stützte, nämlich die Verletzung der Menschenrechte und die Missachtung der Etikettierung von Produkten aus den Siedlungen. Diese Kampagne wurde in einem für das palästinensische Volk dramatischen Kontext geführt, der vom Hausarrest Yassir Arafats, der Operation „Festungswall“ gegen das Flüchtlingslager Jenin und der Belagerung der Geburtskapelle in Bethlehem durch die israelische Armee gekennzeichnet war. Am 10. April, dem letzten Tag der Operation „ Festungswall“ gegen das Lager Jenin nahm das Europäische Parlament eine Resolution über die Lage im Mittleren Osten an, die insbesondere „von der Kommission und dem Rat die Suspendierung des Assoziationsvertrags EU-Israel“ verlangte. Aber weder der Rat noch die Kommission folgten diesem Votum.
2015 hat wohl die EU von Israel die Befolgung der Klausel über die Etikettierung der aus den Siedlungen stammenden und für den europäischen Markt bestimmten Produkte verlangt, aber sie hat weder ihren Import untersagt noch die für die Kontrollen notwendigen Werkzeuge geschaffen.
Israel ist der große Nutznießer diese Vertrags, da er es erlaubt, von einer totalen Zollfreiheit seiner in die EU exportierten Produkte zu profitieren. 2015 hat Israel dank dieser bevorzugten Stellung von der EU für 12,3 Milliarden € importiert und für 19 Milliarden € exportiert, vor allem Produkte der Informatik, elektronische Komponenten und aeronautisches Gerät, die vornehmlich im militärischen Bereich verwendet werden. Deren Erforschung, Entwicklung und Ausarbeitung wären ohne die EU-Programme für die wissenschaftliche Forschung, insbesondere „Horizon 2020″, nicht möglich gewesen.
Aber über bestimmte ökonomische Auswirkungen hinaus, die eine Suspendierung des Assoziierungsvertrags EU-Israel haben könnte (die israelischen Exporte in die EU betragen ein Drittel der Gesamtausfuhren), möchte diese Kampagne vor allem der Druck auf der Ebene der europäischen Institutionen, aber auch auf der Ebene der verschiedenen Regierungen der EU ausüben. Für die Solidaritätsbewegung mit dem Kampf des palästinensischen Volkes ist diese Kampagne ein zusätzliches, gezielteres und konkreteres Mittel im Rahmen der Kampagne „Boykott – Desinvestment – Sanktionen“ gegen den Staat Israel, solange er mit seiner Politik der Unterdrückung des palästinensischen Volkes fortfährt.