Wie anschließend an die NATO-„Sicherheits“konferenz in München gemeldet wurde, wurde bei dieser nebenher ein „Rücknahmeabkommen“ zwischen der EU und Afghanistan abgeschlossen. Ergebnis: am 22.02. fand eine weitere Sammelabschiebung nicht anerkannter afghanischer Flüchtlinge vom Münchner Flughafen aus nach Kabul statt. Begleitet wurde diese Abschiebung von einer Demonstration, die der Bayerische Flüchtlingsrat organisiert hat, an der mehrere hundert Demonstranten teilnahmen. Wir zitieren hier eine Stellungnahme des Bayerischen Flüchtlingsrats, die dieser noch vor der Sammelabschiebung, am 17.02., veröffentlicht hat:
„Afghanistan – der bayerische Abschiebewahnsinn geht weiter:
Nächste Sammelabschiebung voraussichtlich am 22.02.2017 / Verzweiflung in Bayern wie auch in Kabul
Bereits zweimal wurde von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. Vermutlich wird es – zumindest aus Bayern – noch weitere Abschiebeversuche nach Kabul geben. Während andere Bundesländer einen Abschiebstopp beschließen oder sich zumindest zurückhalten, lässt sich Bayern wohl weiterhin von Protesten und Warnungen nicht beeindrucken. Schleswig-Holstein hat diese Woche aufgrund einer Vielzahl von Berichten internationaler Organisationen über die verheerende Sicherheitslage in Afghanistan einen dreimonatigen Abschiebestopp angeordnet.
Eine Vielzahl von Hinweisen deutet darauf hin, dass kommenden Mittwoch, 22. Februar erneut ein Flieger Richtung Kabul starten wird, möglicherweise dieses Mal direkt aus München. Afghan*innen aus Bayern, ohnehin seit Monaten im Ausnahmezustand, versetzt dieser neue Termin in Angst und Panik. Viele schlafen nicht mehr in ihren Unterkünften, trauen sich nicht mehr in die Schule oder Behörden.
Kontakte zu bereits abgeschobenen Personen in Afghanistan bestätigen unsere Befürchtungen, dass Afghanistan nicht sicher ist und eine Abschiebung dorthin mitunter lebensbedrohliche Konsequenzen hat. Alle Personen, zu denen noch Kontakt besteht, erzählen von drohender Obdachlosigkeit und der massiven Angst auf die Straße zu gehen. Sie kennen niemanden in Afghanistan und wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen. Eine Person wurde einige Tage nach Ankunft in Afghanistan bei einem Bombenanschlag verletzt.
‚Das konsequente Ignorieren der tatsächlichen Lage in Afghanistan sowie der permanent ausgeübte Psychodruck auf Afghaninnen und Afghanen in Bayern muss endlich aufhören“ erklärt Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Wir fordern die Bayerische Staatsregierung erneut auf, Abschiebung und Panikmache ein Ende zu machen und den dringend überfälligen Abschiebestopp nach Afghanistan zu erlassen!'“
Am 22.02. meldete der Deutschlandfunk: „Der Anwalt Gunter Christ ist spezialisiert auf Verfahren afghanischer Asylbewerber – und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Mit den Abschiebungen nach Afghanistan nehme die Suizid-Gefahr dramatisch zu. Christ beklagte, die deutsche Flüchtlingspolitik sei nicht humanitär – und sei es nie gewesen.“
Arbeit Zukunft berichtete schon im Februar2016 (vgl. im Internet: http://www.arbeit-zukunft.de/index.php?itemid=2558), wie Innenminister de Maiziere schon damals das heutige Vorgehen mit Kabul aushandelte. Er landete dort mit Stahlhelm, kugelsicherer Weste, begleitet von schwerbewaffneten Soldaten und geheim in Kabul. Während seines Besuchs starben 10 Menschen bei einem Bombenanschlag. Seitdem, so u. A. das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und amnesty international, sind die Zustände in Afghanistan noch schlimmer geworden.
Gabriels Außenministerium warnte am 25. Februar 17: „Vor Reisen nach Afghanistan wird dringend gewarnt. Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein. Auch bei von professionellen Reiseveranstaltern organisierten Einzel- oder Gruppenreisen besteht unverminderte Gefahr, Opfer einer Gewalttat zu werden.
Für zwingend notwendige berufliche Reisen nach Afghanistan gilt: Der Aufenthalt in weiten Teilen des Landes bleibt gefährlich.“
Aus dem „Wir schaffen das!“ von Angela Merkel ist ein „Wir schaffen die Flüchtlinge wieder aus dem Land!“ geworden. Das ist eine zutiefst menschenfeindliche und menschenverachtende Politik.
Tun wir unser Möglichstes, um weitere Abschiebungen zu verhindern! Bei „we ACT“ gibt es eine Petition an Bundesinnenminister de Maizière „Abschiebestopp nach Afghanistan“:
https://weact.campact.de/petitions/afghanistan-ist-kein-sicheres-herkunftsland
S.N.