Nach der vom türkischen Ministerpräsidenten angeordneten Schließung von 12 Fernseh- und 11 Radiosendern, werden nun die Redaktionsräume der betroffenen Sender von der Polizei versiegelt.
Nachdem der Oberste Türkische Rundfunkrat (RTÜK) am 28. September die durch eine Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft erlassene Schließung umgesetzt hatte, konnten die Sender noch einige Tage auf ihren Internetseiten weiter senden. Auch dies wurde durch Regierungsbehörden schnell unterbunden. Am heutigen Vormittag wurden schließlich die Eingangstüren der Senderzentralen durch Polizeibeamten versiegelt und das Redaktionsinventar konfisziert. Unter den Sendern sind unter anderem der kurdischsprachige Kindersender Zarok TV und das vielbeachtete, regierungskritische IMC TV. Schließungen von TV Anstalten, wie IMC TV, die stets kritisch, u.a. von den Angriffen der Regierung auf die Bevölkerung in den kurdischen Gebieten der Türkei berichtet haben, sind zum Alltag der Türkei geworden. „Die Pressefreiheit in der Türkei stand schon lange unter Druck, aber jetzt wurde ihr das Rückgrat endgültig gebrochen“, so der IMC-Redakteur Hamza Aktan.
Im Falle des linken Fernsehsenders Hayatin Sesi TV schlug die AKP-Regierung mit dieser Maßnahme zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn der Sender nutzt die Räumlichkeiten gemeinsam mit der Redaktion der Tageszeitung „Evrensel“. Diese kann nun ihre Redaktionsräume nicht betreten und erklärte, die morgige Ausgabe könne nicht erscheinen. Sie suche nach Ausweichmöglichkeiten, um ihr Erscheinen ab kommenden Donnerstag wieder sicherstellen zu können. Gegen den Chefredakteur und weitere Redakteure von „Evrensel“ laufen derzeit Gerichtsverfahren, die die Schließung der Zeitung zur Folge haben könnten.
Die Schließung von Hayatin Sesi TV und anderer Sender bildet das vorläufig letzte Glied in einer langen Kette von Zensurmaßnahmen. Die AKP-Regierung hatte zuvor im Rahmen des nach dem Putschversuch vom 15. Juli verhängten Ausnahmezustands, der gestern um drei Monate verlängert wurde, die Schließung von 44 Zeitungen, 15 Zeitschriften, drei Nachrichtenagenturen, 16 Fernseh- und 23 Radiosendern verfügt. Zehntausende Beamte wurden suspendiert. Die Zahl der verhafteten Personen, denen Unterstützung des Putschversuchs vorgeworfen wird, hatte der Justizminister Bozdag letzte Woche auf 32.000 beziffert. Die repressive Politik der AKP Regierung, die sich bereits seit einiger Zeit gegen die Arbeiterklasse, Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Aleviten, KurdInnen und andere Minderheiten richtet, hat mit der Schließung und der Beschlagnahmung des Inventars dieser Sender, eine ganz neue Ebene erreicht. Die steten Angriffe auf die Pressefreiheit gehen zu Lasten der Bevölkerung, der das Recht auf Informationen und eine freie Berichterstattung genommen wird. Leider liegt die Vermutung nahe, dass die Unterdrückung der Presse- und Meinungsfreiheit kein Ende nehmen werden, bis die AKP sich endgültig ein faschistisch-diktatorisches Regime aufgebaut hat.
Wir können es als deutsche Zivilgesellschaft nicht akzeptieren, dass unsere Bundesregierung mit einem Land, in dem grundlegendste Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen getreten werden, kooperiert und handelt!
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen fordern wir die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, jegliche Zusammenarbeit mit Erdogan und der AKP-Regierung einzustellen. Die demokratische Öffentlichkeit in Deutschland rufen wir zur Solidarität mit den demokratischen Kräften in der Türkei auf.
DIDF-Bundesvorstand
Föderation demokratischer Arbeitervereine