aus „La Forge“ Juni 2016, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)
Für Sapin (französischer Finanz- und Haushaltsminister) ist es nicht der richtige Zeitpunkt, die „Verbesserung“ eines Gesetzesvorschlags zu blockieren, „der ein sehr guter Text ist“. Der gleiche dachte einige Tage zuvor, dass man vielleicht zu den Verhandlungen zurückkehren sollte..
Für Valls (frz. Premierminister) „ist der Streik bei der SNCF total unverständlich“ und „er muss so schnell wie möglich beendet werden“. Derselbe Valls, der seinen Verkehrsminister beauftragt hat, hinter dem Rücken der SNCF-Führung zu verhandeln im Versuch, den Streik abzuwenden. Und was die Ministerin El Khomri (1) angeht, so erwartet sie „Vorschläge der CGT“ (2). Kein Kommentar!
Wie die Angriffe von Gattaz (Präsident des Unternehmerverbandes) auf die CGT, die er als Terroristen bezeichnete, hat das nicht nur die Reihen der Gewerkschaftsführung zusammengeschweißt, sondern hat auch die Mitglieder der anderen Gewerkschaften, die an diesem Kampf beteiligt sind, dazu gebracht, sich mit der CGT zu solidarisieren.
Die Bewegung gegen das Gesetz El Khomri hat schon Hunderttausende von Demonstranten auf die Straße gebracht. Sie wird getragen von den kämpferischen Gewerkschaftern, ihren Gewerkschaften, den Mitgliedern der UL und UD (3), die sich seit Monaten an diesem Kampf beteiligen. Alle vorangegangenen gewerkschaftlichen Kämpfe, die der Gewerkschaftsbewegung ihren Stempel aufgedrückt haben (Goodyear, Air France, der Kampf der Gewerkschaften und der Arbeiter im Einzelhandel gegen das Gesetz Macron…), haben das Terrain für die Entfaltung dieses weitreichenden Arbeiter- und Volkswiderstands vorbereitet, für dieses „tous ensemble“ („alle gemeinsam“ – d. Übers.).Dieser Widerstand hat sich auf dem letzten Gewerkschaftstag der CGT noch verstärkt. Dieses „extra-arbeiterfeindliche Gesetz“, El Khomri, hat eine gewaltige einheitliche Bewegung – die 7 Organisationen, welche die Bewegung für die Rücknahme des Gesetzes ins Leben gerufen haben, stehen immer noch dazu – in Gang gebracht, die schon die Verhältnisse in zahlreichen Betrieben und in der Gesellschaft verändert hat. Das zeigt sich an den vielfältigen Aktionen in mehreren großen und kleineren Betrieben, um die Forderungen, die sich angesammelt haben, erfolgreich durchzusetzen.
Die Popularität dieser Bewegung bei breiten Schichten der Bevölkerung lässt sich nicht leugnen. Und viele Menschen fragen sich, warum Hollande und seine Regierung so verbohrt sind. Sehen sie nicht, dass ihre Unbeliebtheit ständig wächst? Sehen sie nicht, dass nur die Unternehmer dieses Gesetz wollen?
Die Führer der PS (parti socialiste) trommeln zum Sammeln in dem Versuch, die Reihen einer Partei fester zu schließen, deren Abgeordnete sich über die wiederholten Wahlniederlagen und die ständig schlechteren Wahlprognosen Sorgen machen. Berger, der Vorsitzende der CFDT (4), hat sich um ihre Unterrichtung bemüht, um ihnen „Argumente“ an die Hand zu geben, ein Gesetz zu verteidigen, das den Stempel des Syndikalismus trägt und sich nicht damit begnügt, den Erwartungen der Unternehmer zu entsprechen, sondern sie im vorauseilenden Gehorsam zu erfüllt.
Von Japan aus hat Hollande erklärt, dass er das Gesetz nicht zurückziehen wird. Gleichzeitig forderte er von seinen Ministern, den Versuch zu unternehmen, die Bewegung von der restlichen Gesellschaft zu isolieren, indem sie hier (bei den Lehrkräften) Gehaltserhöhungen zugestehen, und dort Versprechungen machen (Rückgängigmachung der Budgetstreichungen in der Forschung oder der Kürzung der Schlüsselzuweisungen bei den Gebietskörperschaften, was nur eine Milliarde an Stelle von zwei ausmachte).
Diese Klientel-Politik, mit der versucht wird, den sozialen Frieden zu erkaufen, führt jedoch dazu, dass Teile der Bevölkerung ihre Forderungen stellen, aber sie mindert nicht die Popularität der Bewegung. Im Gegenteil, sie verstärkt das Bild eines Präsidenten, der manövriert und betrügt.
Ein Präsident, dessen fünfjährige Amtszeit schon den Tod von Rémi Fraisse (5) als Aktivposten hat und der CRS (Spezialtruppen der Polizei) und mobile Garden gegen die Demonstranten losschickt. Die Repression durch Polizei und Justiz übertrifft den Stand der finsteren Zeiten von Sarkozy. Und das ist noch nicht das Ende.
Diese Regierung, die schon als Regierung des Sparkurses bezeichnet wurde, ist immer mehr eine Regierung des Gummiknüppels, des Tränengases auf Demonstranten, der gerichtlichen Verurteilung. Dieser Präsident, der vorgab, die Jugend ins Zentrum seiner Amtszeit zu stellen, ist zum Präsidenten der verstärkten Prekarisierung, der Massenarbeitslosigkeit, der Polizeieinsätze gegen Jugendliche geworden. Unter seiner Federführung ist die Armee der wichtigste Werber im Land geworden, steigen die Waffenlieferungen steil an und haben sich die Autokraten, die in den Staaten des Francafrique an der Macht sind, mit Gewalt und Betrug „wiederwählen“ lassen.
Dieser 14. Juni ist eine wichtige nationale Begegnung. Es wird eine Machtdemonstration sein: der Macht der Arbeiterklasse, der kämpferischen Gewerkschafter, der Jugend, die an der Seite der Arbeiter kämpft, der Menschen unseres Volkes, die mit dem gegenwärtigen Kampf solidarisch sind. Der Klassenkampf gibt das politische und gesellschaftliche Tempo vor. Die Arbeiterklasse, die Volksmassen und die Jugend werden noch viele Aktionen durchführen
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1) Myriam El Khomri: Ministerin für Arbeit, Beschäftigung, Berufsbildung und sozialen Dialog. Nach ihr ist das geplante Gesetz über das Arbeitsrecht benannt, das weitere Flexibilisierung und die Erleichterung von Kündigungen vorsieht.
2) CGT: der größte, „sozialistische“ Dachverband der Gewerkschaften in Frankreich.
3)UL, UD: kleinere französische Gewerkschaften
4) CFDT: Dachverband von Gewerkschaften mit christlichem Ursprung. Er besitzt die meisten Mitglieder ( etwa 860.000).
5) Rémi Fraisse (21) wurde während Aktionen gegen den Staudamm von Sivens in der Nacht vom 25. auf 26. Oktober 2014 von der Polizei „in Notwehr“ erschossen.