„Besuch“ in der BAMF-Niederlassung in der Durlacher Allee in Karlsruhe.
Ein ehrenamtlicher Unterstützer von Geflüchteten aus Stuttgart gab uns folgenden Bericht weiter:
Albert K. (geänderter Name), aus Südosteuropa geflüchtet, dem ich als Sprachmittler helfe, musste in der letzten Woche zur Außenstelle Karlsruhe des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), um einen Asyl-Nachfolgeantrag für sich und seine Familie einzureichen, den sein Anwalt ausgearbeitet hatte. Ich erklärte mich bereit, ihn zu begleiten, zu übersetzen und Zeuge zu sein. Ein Karlsruher Freund holte uns von der Bahn ab und begleitete uns.
Es gelang uns, am abstoßenden, ungepflegten Pförtnerbüro vorbei auf das Gelände zu kommen, in dem neben den Büros der BAMF und der für alle Abschiebungen aus Baden-Württemberg zuständigen Abteilung des Regierungspräsidiums Karlsruhe auch die Landeserstaufnahmestelle Karlsruhe untergebracht sind. Fotografierverbot! Ein riesiger, ungepflegter Gebäudekomplex, in dem zahlreiche Geflüchtete aus verschiedensten Ländern auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten. Security-Leute in gelben Signalwesten gab es ohne Zahl, auch in der Pförtnerloge, alle von der Firma BIG-Group, deren Besitzer sich an den Geflüchteten offensichtlich eine goldene Nase verdienen.
Wir kamen während der Mittagspause an. In einem Büro fragten wir, wo wir denn einen Folgeantrag abgeben könnten. Wir bekamen das zuständige Büro auf einen Zettel geschrieben.
Als um 13:00 Uhr die Pause beendet war, hatten sich vor dem „Gebäude A“ der BAMF-Außenstelle ca. 50 bis 60 Personen gesammelt, die Anträge abgeben oder andere Dinge bearbeiten lassen mussten. Sehr viele kamen sichtlich aus den Kriegs- und Krisenländern in Afrika oder Mittelost. Vor dem Haupteingang des Gebäudes nahmen Security-Leute Aufstellung, auch Frauen.
Zum Haupteingang kam man aber nicht direkt. Vielmehr war entlang der ganzen Fassade mit Gittern ein sehr schmaler Zugang abgeteilt, so dass, wer als Antragssteller oder Unterstützer rein wollte, sich in eine lange Schlange zwängen musste, eine Person nach der nächsten.
Am Haupteingang händigte eine Security-Frau jedem Antragsteller tatsächlich eine Mundschutzmaske aus. Man wurde unmissverständlich aufgefordert, diese sich vor Nase und Mund zu binden. Security und die im Hause tätigen Beamten oder Angestellten mussten keine tragen.
Wir drei erklärten, wir hätten in der zweiten Etage einen Termin, wozu ich den Zettel vorzeigte. Wir konnten zunächst sogar ohne „Mundschutz“-Maske rein, denn ein Security-Mitarbeiter an der Tür brachte uns gleich zu dem angegebenen Zimmer im 2. Stock. Dort angekommen, fanden wir uns vor einem verglasten Büro, wo der auf dem Zettel angegebene, Beamte residiert.
Gleich darauf sollten wir eintreten. Neben dem zuständigen Mitarbeiter war noch ein zweiter Mann im Büro, der im Verlauf des sehr kurzen „Gesprächs“ auch einige Worte sagte. Er ist hörbar ausländischer Herkunft. Statt dass der Büroinhaber höflich fragte, was wir wollten, herrschte er uns an: „Wer sind Sie?? Was wollen Sie?“ Ich sagte: „Das ist Herr Albert K., ich begleitet ihn, als Übersetzer und Helfer!“ Im gleichen Ton ging es weiter: „Wer Sind Sie?“ Ich nannte meinen Namen. „Und wer ist der da?“ Der Beamte deutete auf unseren Freund. Ich sagte wahrheitsgemäß, dass er uns begleitet und in Karlsruhe gefahren habe.
Wir wurden unvermittelt gleich wieder rausgeschickt. „Gehen sie raus und warten Sie dort!“
So standen wir wieder im Wartebereich vor dem Büro. Kaum hatten wir uns von dem „rustikalen“ Ton etwas erholt, erschien ein weiterer Security-Mitarbeiter und „bezog Posten“ vor dem Büro. Er sprach gebrochen Deutsch und brachte Mundschutzmasken mit. Er erklärte uns, dass wir diese vors Gesicht zu binden hätten, sonst bekäme er Ärger(!!) Nur Albert, der schon total gestresst war, wollte keinen weiteren Stress und machte es.
Kurz darauf wurde er hineingerufen. Ich ging mit ihm. Aber ich wurde an der Tür barsch zurückgewiesen. Man habe eigene Dolmetscher.
So musste Albert allein hinein! Wir waren getrennt. Da man durch die Glasfront des Büros schauen konnte, bemerkten wir schnell, dass neben dem Sachbearbeiter und dem schon erwähnten Dolmetscher ein weiterer Mann gekommen war.
Der Security-Mensch im Warteraum bedeutete mir, dass ich nicht vor der Scheibe stehen dürfte, sondern hinter eine auf den Boden gemalte, kaum mehr erkennbare Linie zurückgehen müsste. Ich setzte mich auf den Stuhl, der der Linie am nächsten stand und schaute hinein, so gut es ging. Mein Freund und ich – wir waren nun untätige Zuschauer.
Drinnen stand unser Freund mit seiner Gesichtsschutzmaske vor Mund und Nase, rechts und links die beiden Männer, hinter dem Schreibtisch der Sachbearbeiter sitzend, keiner sonst musste diesen Mundschutz tragen. Kein Ton drang nach draußen. Albert, mit dem Rücken zu uns, massierte oft nervös die hinter dem Rücken verschränkten Hände, während er allein Rede und Antwort stehen musste.
Es dauerte mehr als eine Viertelstunde. Er hatte scheinbar seinen Antrag übergeben. Wir hatten zuvor untereinander besprochen, dass man uns eine Quittung geben müsse. Konnte er das durchsetzen? Ab und zu gab es Bewegung drinnen, aber immer kehrten alle wieder in die Ausgangssituation zurück. Schließlich wurde Albert rausgelassen. Er hatte nur einen großen Zettel in der Hand.
Er war fassungslos, aufgebracht, wollte nur noch raus. Wir gingen, fanden schnell den „Exit“, den Ausgang, standen auf der Durlacher Allee vor den ungastlichen Gebäuden und atmeten erst mal durch.
Ich gehe da nie wieder rein, stieß Albert K. hervor.
Erst jetzt schauten wir den Zettel genauer an. Dort standen zwei Punkte:
Erstens eine Übernachtungsanweisung für die LEA-Stelle, obwohl Albert mit Familie in einer Stuttgarter Flüchtlingsunterkunft wohnt. Und zweitens eine Vorladung zu einer Anhörung am nächsten Morgen um 8:00 Uhr mit seiner ganzen Familie.
Er werde da nicht hingehen, wiederholte er, da oben säßen Menschen, die ihm nicht wohl wollen. Nicht mal ein schulpflichtiges Kind hätte zur Schule gehen dürfen, sondern hätte mitzukommen. Albert äußerte die Furcht, das ganze diene nur dazu, ihn und seine Familie festzunehmen und abzuschieben, zumal für den Folgetag ein Abschiebeflug in sein Herkunftsland geplant sei, wie wir aus dem Internet wussten.
Außerdem berichtete er, dass die zwei Mitarbeiter drinnen, die auf beiden Seiten von ihm standen, beide Dolmetscher seien, beide nicht aus Deutschland. Sie hätten sich gegenseitig zu kontrollieren. Keiner habe also ihm irgendetwas sagen und erklären können, ohne dass der Herr am Schreibtisch etwas mitbekommen hätte. Er fragte, wer sich für so etwas hergäbe.
Er war fix und fertig mit den Nerven. Nach einem Telefonat mit seinem Rechtsanwalt fuhren wir schnell nach Stuttgart zurück, beklommen und voller Befürchtungen…
Fragen:
Sind Flüchtlinge und ihre Unterstützer automatisch Krankheitsüberträger? Wenn die Beamten und Security-Mitarbeiter/innen Angst vor Infektionen haben, wieso genügt es nicht, wenn sie selbst Gesichtsschutz tragen? Seit diesem Tag frage ich, wenn ich irgendwo hineingehe, ob die Anwesenden mich ohne Mundschutz akzeptieren. Wenn die in der Karlsruher BAMF sich vor mir und zahllosen weiteren Betroffenen als Infektionsrisiko schützen müssen, dann gilt das ja wohl auch in jedem anderen Haus?
Oder andersherum: Bei der BAMF wird offen diskriminiert, wird rassistisch gehandelt, herrscht ein feindlicher Ton! Willkommenskultur life! Auch wenn es sonst an der BAMF nicht viel ändert, sollte die Öffentlichkeit verlangen, dass diese offen diskriminierenden Praktiken der BAMF sofort beendet werden.