Gegen den Protest der betroffenen Milchbauern hat der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, CSU, den Weg für eine weitere Verschärfung der Konkurrenz und ein Absinken der sowieso schon extrem niedrigen Erzeugerpreise für Milch geebnet. Damit wird das Höfesterben weitergehen und die Agrarindustrie gestärkt.
Die Fakten: Gab es 1995 noch 196.000 Milchbauern, so waren es 2015 nur noch 75.000. 121.000 oder 61,7% haben in 20 Jahren ihre bisherige Existenzgrundlage verloren, mussten für viel Geld umstellen oder ganz aufgeben. Mit den derzeitigen Erzeugerpreisen von ca. 25 Cent pro Liter Milch werden weitere Milchbauern aufgeben müssen. Angesichts der hohen Investitionen und der Schulden bei Banken bedeutet das für viele Bauern und ihre Familien der Ruin.
Daher hat die Kampfbereitschaft vieler Milchbauern zugenommen. Weil der Bauernverband die Interessen der Agrarindustrie vertritt, haben sich viele Milchbauern im Bundesverband der deutschen Milchbauern (BDM) zusammengeschlossen. Dieser kämpft für eine Begrenzung der Milchproduktion und eine Erhöhung der Erzeugerpreise, damit auch kleine Bauern überleben können.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, CSU, hat darum auch den BDM nicht zu seinem „Krisengespräch“ eingeladen. Er wollte die Betroffenen erniedrigen, ihre Wut und Kampfbereitschaft dämpfen. Er hatte nur den Bauernverband, die Molkereien und die großen Handelskonzerne eingeladen, die sich alle für einen „freien Markt“ und damit für ein weiteres Höfesterben aussprechen. Es ist schon paradox, die großen Monopole, die den gesamten Markt beherrschen und kleine Bauern ruinieren können, reden von „freiem Markt“. Und der Herr Minister als ihr eifriger Diener plappert ebenso vom „freien Markt“. Es ist ihr goldenes Kalb, um das sie tanzen, obwohl alle Beteiligten wissen, dass es einen solchen „freien Markt“ gar nicht gibt. In der Realität bedeutet „freier Markt“ das Recht des Stärkeren, den Schwächeren auszunutzen oder zu ruinieren, ganz wie es für ihn den meisten Profit bringt. Und im Falle der Milch heißt das: Industrielle Tierhaltung, Erhöhung der Menge und mehr Profit. Wenn das noch einige tausende Bauern in den Ruin treibt, dann ist das gut für das Kapital.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, CSU, verkündete dann auch, eine staatliche Steuerung passe nicht zur „freien Marktwirtschaft“ (sprich: Kapitalismus). Zwar gab der Staat Hunderte Milliarden Euro für die Bankenrettung. Doch die sind im Gegensatz zu einem kleinen Milchbauern halt „systemrelevant“. Die 100 Millionen Euro, die er jetzt verspricht, werden mit Hilfe des Bauernverbandes wahrscheinlich vor allem den überlebenden Großbauern und industriellen Agrarbetrieben zugute kommen und damit den Ruin der kleinen Bauern sogar beschleunigen.
Tatsächlich sind die Interessen der Bauern und des Kapitals unvereinbar. Die Forderung des BDM nach einer Milchquote, ist die Forderung nach einer Planwirtschaft, in der der Staat im Interesse der Allgemeinheit die Ziele der Wirtschaft vorgibt. Und es wäre im Interesse der Allgemeinheit, so zu planen. Statt die Profite einer kleinen Gruppe zu erhöhen, könnte bei der Milch qualitativ hochwertige Produktion mit verbesserten Haltungsbedingungen für das Vieh ermöglicht werden. Das gäbe gesündere Produkte, aber weniger Profit. Der Ruin zigtausender Bauern belastet die Allgemeinheit mit ungeheuren Sozialkosten, die natürlich nicht von den profitierenden Nahrungsmittel- und Handelskonzernen getragen werden. In einer Planwirtschaft könnte die Existenz vieler tausender Familien gesichert und die Ernährung der Allgemeinheit verbessert werden.
Zu recht sagte Romuald Schaber, der Vorsitzende des BDM: „Die Runde hat sich da einfach auf eine Floskel verständigt. Molkereien und Erzeuger haben ganz unterschiedliche Interessen. Wie es bei diesen widersprüchlichen Zielen eine gemeinsame Verabredung geben kann, sehe ich einfach nicht.“
Völlig richtig zeigt er auf, dass die Widersprüche antagonistisch, also in diesem System unlösbar sind. Für die kleinen Bauern bleibt damit nur ein Ausweg: Ein anderes System, eine Planwirtschaft! Das könnte sie retten.
Übrigens haben auch die Arbeiter und die Angestellten kein Interesse daran, dass die Großkonzerne die Märkte immer mehr beherrschen, ihre Profite steigern und dafür immer minderwertigere Industrienahrung verkaufen. Sowohl die Sozialkosten wie auch die Subventionen müssen sie mit ihren Steuern bezahlen. Objektiv stehen sie daher an der Seite der kleinen Bauern, auch wenn viele das derzeit nicht beachten. Beschämend ist die Haltung der Gewerkschaftsführer, die dazu schweigen, wenn die Qualität der Nahrung verschlechtert und die Profite der Konzerne erhöht werden. Im Interesse der Arbeiter und Angestellten müssten sie Solidarität mit den kleinen Bauern gegen die Konzerne organisieren. Doch sie schweigen! Wir müssen daher mit den Kolleg/innen auch über diese Probleme reden und klar machen, dass Solidarität mit den Bauern in ihrem Interesse liegt.