Ohne Streiks wird noch nicht mal das Erreichte gesichert!
Für die rund 63 000 Tarifangestellten und Auszubildenden bei der Deutschen Telekom gab es in der vierten Verhandlung im Rahmen der Tarifrunde am 13. April einen Abschluss mit einer Laufzeit von 2 Jahren statt der geforderten 12 Monte. Die vierte Verhandlungsrunde war begleitet von massiven Streiks, an denen sich zehntausende Kolleg/innen beteiligten.
Der Abschluss gilt allerdings nur für einen Teil des Konzerns. Bei T-Systems dagegen läuft die Tarifrunde noch.
Gefordert waren u.a. 5% bei 12 Monaten Laufzeit und eine stärkere Anhebung der unteren Einkommensgruppen. Trotz der bewiesenen hohen Streikbereitschaft schloss dann ver.di bei folgendem Ergebnis ab:
* Im Februar und März 2016 gibt es: Nichts!
* Eine erste Lohnerhöhung um 2,2% ab April 2016
* Ab 1. Februar 2017 weitere 2,1%.
* Immerhin bemerkenswert: Bei den unteren Lohngruppen soll es etwas mehr geben. Die Erhöhung ab April 2016 beträgt 2,6%.
* Bei den Ausbildungsvergütungen und Vergütungen der Dualen Studenten gibt´s 35€ ab 01.April 2016 und weitere 25€ ab 01.April. 2017. Die Forderung war 60 Euro.
* Der Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen wurde bis Ende 2018 verlängert(!).
Kritische Bewertung ist notwendig!
Die Medien priesen diesen Abschluss dann wie üblich als 4,3%ige Entgelterhöhung. Das soll die Kolleg/innen beruhigen und ihren Erfolg schöner machen als er ist. Klar ist: Ohne die Streiks, ohne zehntausende Streikende hätte es auch diese Verbesserungen nicht gegeben. Es war deutlich, dass der Telekom-Vorstand nichts geben wollte. Trotzdem muss kritisch festgehalten werden:
Die angeblichen 4,3% relativieren sich auf 2% jährliche Erhöhung ab Februar 2016. Bei den unteren Lohngruppen ist es etwas mehr, da deren erste Erhöhung 2,6% beträgt. Bei der Inflation von rund 0,9% 2015 und einer für 2016 zu erwartende von etwa 0,5% bleiben je nach individueller Steuerlast von den 2,2 bzw. 2,6% gerade mal 1 und 1,5% in diesem Jahr übrig. Ist das wirklich eine Reallohnsteigerung? Der Konzern-Profit wuchs 2015 um 11,3% auf 3,25 Milliarden Euro, weshalb die Aktionäre der Telekom ein Plus von 10% bei den Dividenden erhalten (von 0,50 auf 0,55 Euro pro Aktie). Das sind Klassenunterschiede!
Wir berufen uns bei diesen Anmerkungen auch auf ein Interview mit Volker Metzroth, einem an den Streiks aktiv beteiligten Kollegen, in der UZ vom 22 April 2016. Der Kollege zieht die Summe: „Bei einem derzeit prognostizierten Wirtschaftswachstum von 1,6% in 2016 und 1,5% für 2017 ändert der Abschluss im besten Fall nichts an den Verteilungsverhältnissen“.
Metzroth betont allerdings auch, dass der vereinbarte Kündigungsschutz manchen Kolleg/innen wichtiger sei als einige Zehntel Lohnprozente, weshalb viele mit dem Abschluss zufrieden seien. Der Kollege wörtlich: „Fakt ist, dass die Telekom den Netzausbau in naher Zukunft für im Wesentlichen beendet ansieht und dann glaubt, auf einige Zehntausend Beschäftigte verzichten zu können. Diese Regelung bedeutet auch einen gewissen Schutz gegen Fremdvergabe von Arbeiten, die sich ja nur rechnet, wenn man eigene Leute loswerden kann. Ein absoluter Schutz ist sie nicht…“
Fazit: Wieder ein Abschluss ohne die Streikbereitschaft der Mitglieder voll ins Feld zu führen, wieder ein Abschluss, der im Wesentlichen dem weiteren wirtschaftlichen und sozialen Abstieg der Kolleg/innen entgegenwirkt. Das ist nicht wenig, aber der Kollege Metzroth hat recht: „Bei einem derzeit prognostizierten Wirtschaftswachstum von 1,6% in 2016 und 1,5% für 2017 ändert der Abschluss im besten Fall nichts an den Verteilungsverhältnissen.“ Die Telekom Kolleg/innen verteidigen mühsam das Erreichte.
T-Systems: Noch kein Abschluss erreicht!
Für die Kolleg/innen bei T-Systems, ebenfalls im Telekomkonzern, ist die Tarifrunde noch lange nicht vorbei. T-Systems hat eine eigene Tarifrunde, was natürlich perse der Kampf- und Durchsetzungskraft der betroffenen Kolleg/innen schadet.
Auch hier sind 5 % gefordert bei 12 Monaten Laufzeit. Auch hier sollen die unteren Entgeltgruppen stärker angehoben werden und der Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen gelten.
Auch hier gilt: Ohne Streiks wird noch nicht einmal das Erreichte gesichert. Der zuständige T-Systems-Vorstand Georg Pepping verwahrte sich (natürlich!) kategorisch gegen jede „Kostensteigerung durch eine Erhöhung der Gehälter“. Sie seien „vollkommen kontraproduktiv!“ Na, klar, es könnte seine Vorstandszulage schmälern!
Diesen Zahn können dem Herrn nur kampfbereite Kolleg/innen ziehen.