Es war in der Koordination oft davon die Rede, eine Bilanz der „Front de Gauche“ (FdG) zu ziehen und noch kürzlich wurde die Frage gestellt, jedem Mitglied der FdG die Möglichkeit zu geben, seine eigene Bilanz, seine Beurteilung der Lage und seine politischen Vorschläge darzustellen.
Unsere Partei hat kürzlich ihren 8. Parteitag abgehalten und in diesem Rahmen haben wir die Bilanz diskutiert, die wir aus diesen Jahren der Mitgliedschaft in der FdG ziehen. Wir möchten unterstreichen, dass die Bilanz und die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen wurden, von den Delegierten unseres Parteitags einstimmig beschlossen wurden. Das ist also eine schnelle Zusammenfassung dieser Diskussion, die wir euch heute vorlegen wollen.
Zuerst denken wir, dass unsere Partei auf seriöse und verantwortliche Weise an der Arbeit der FdG teilgenommen hat, aber indem sie ihre grundlegenden politischen Positionen verteidigt hat. Wir denken, dass wir an der politischen Einheit der FdG gearbeitet haben, aber vor allem an ihrer Verankerung in den Milieus der Arbeiter und der Volksmassen.
Die Einheit zwischen uns war immer politisch, und wenn die Diskussion über alle Themen frei ist, haben wir immer daran festgehalten, die Einheit in ideologischen Fragen nicht zur Voraussetzung für die politische Einheit zu machen.
Für uns ist die grundsätzliche Einheit zwischen uns in dem Programm „Der Mensch zuerst“ enthalten. Das soll nicht heißen, dass diese Grundlage unangreifbar ist, dass es keine politischen Meinungsverschiedenheiten gegeben hat und dass wir selbst nicht unsere politische Meinungsverschiedenheit über gewisse Fragen geäußert hätten. Sie berühren die Bewertung der Politik des französischen Imperialismus in den Kernfragen wie die des Krieges, den er insbesondere in Afrika führt.Wir wissen, dass diese Qualifizierung als Imperialismus unter uns nicht einvernehmlich ist und wir haben sie nie zur Vorbedingung gemacht. Aber es sind genaue, konkrete Aspekte dieser Politik wie die Interventionen in Mali, dann in Zentralafrika, in Syrien und im Irak, in denen wir Meinungsverschiedenheiten bei der Beurteilung haben, die uns veranlasst haben, Positionen, die für die der FdG gehalten werden, zu unterschreiben.
Auch wenn die Unstimmigkeiten über sogenannte „internationale“ Fragen am wichtigsten waren, so waren doch auch gewisse Fragen der „Innenpolitik“ Gegenstand unterschiedlicher Positionierungen: Zum Beispiel hatten wir nicht die gleiche Position zur Demonstration vom 11. Januar 2015 (*) oder zur Frage des Ausnahmezustands und seiner Verlängerung.
Es gab auch mehrmals unter uns Debatten über die Konzeption der FdG selbst, über ihre Rolle.
Als wir in die FdG eintraten, wussten wir, dass sie im Wesentlichen eine Wahlvereinigung ihrer verschiedenen Mitglieder war. Aber sie war nicht nur das, insbesondere während der Kampagne zu den Präsidentschaftswahlen und auch danach. Sie hat eine Dynamik, eine politische Massenmobilisierung erzeugt, jedes Mal, wenn sie Initiativen ins Leben rief.
Für uns hatte die FdG eine Rolle des politischen Impulsgebers außerhalb der Wahlen. Diese Konzeption wurde nicht geteilt; wir haben es wiederholt geäußert und bedauert. In diesem Geiste haben wir – die PCOF – den Vorschlag von J.-L. Mélenchon unterstützt, einen Marsch zur Unterstützung der Stahlwerker von ArcorMittal zu organisieren, eine Unterstützung für die Forderung nach Verstaatlichung, getragen von den Gewerkschaften, einen von der FdG initiierten Marsch, der es erlaubt hätte, diesem politischen Kampf breitesten Ausdruck zu verleihen. Das ist ein Beispiel unter anderen, das auf die Frage der Rolle des politischen Impulses hinführt, mit der sich die FdG in unseren Augen andauernd befassen sollte. Auf diese Weise konnte sich nach unserer Ansicht die FdG in der Arbeiter- und Volksbewegung verankern.
In unserer Erklärung über unseren Eintritt in die FdG hatten wir gesagt, dass die Einheit ein Kampf sei und wir bereit seien, ihn in der FdG auf allen Ebenen zu führen im Sinne des Voranschreitens, so dass die FdG in bedeutender und konkreter Weise dazu beiträgt, die neoliberale Politik zu bekämpfen und eine Alternative des politischen und sozialen Bruchs entstehen und sich verankern zu lassen. Eine Alternative, deren Grundlage das Programm „Der Mensch zuerst“ ist.
Die aktuelle Situation ist gekennzeichnet durch eine Verschlimmerung der Krise des Systems mit gefährlichen Erscheinungen in Bezug auf vermehrte militärische Konfrontationen und immer stärkere Angriffe auf die Rechte und Interessen der Arbeiter und der Volksmassen. Die Reformen, welche die Institutionen betreffen, gehen in die Richtung der Schaffung eines Staates, der von zahlreichen politischen und sozialen Kräften als „Polizeistaat“ bezeichnet wird. Diese Entwicklung, die sich auf internationaler Ebene zeigt, insbesondere in der EU, ist das Zeichen der Fäulnis des kapitalistischen Systems, wovon der Aufstieg der extrem rechten, rassistischen und fremdenfeindlichen Kräfte ein Ausdruck ist und gleichzeitig ein Antrieb in Richtung mehr politische, ideologische usw. Reaktion. Gleichzeitig gibt es eine gewisse Radikalisierung des Klassenkampfs im Lager der Arbeiter und des Volks. Wer hätte gedacht, dass so wichtige Fragen wie der Kampf gegen die Errichtung eines Polizeistaates, der Kampf gegen die Kriminalisierung gewerkschaftlicher Aktionen, aber auch der Kampf gegen die Politik des Kriegs und der Einmischung… heute in der Arbeiter- und Volksbewegung gestellt würden.
Angesichts dieser Situation glaubt unsere Partei, dass es dringend nötig ist, an der Entwicklung dieser verschiedenen Formen und Felder des Widerstands zu arbeiten und sie in Einheitsverbänden zu organisieren.
Wir denken, dass es nötiger denn je ist, dass die Kräfte der Linken und der gesellschaftlichen Umgestaltung, die Kräfte, die dafür kämpfen, mit der Politik der Regierung und der Unternehmer zu brechen, den politischen und sozialen Grundstein der politischen Alternative legen müssen.
Und, dass die Dynamik und Kraft aufgebaut werden muss, die in der Lage ist, sie durchzusetzen, den verstärkten Angriffen der Unternehmer und der Finanzoligarchie, wie man es in Griechenland gesehen hat und immer noch sieht, zu widerstehen.
Es stellt sich also die Frage des Platzes und der Rolle der FdG.
Wir stellen die kürzlichen Diskussionen und Vorschläge in Rechnung, welche die Notwendigkeit ihrer Überwältigung betraf – um einen der Begriffe, die im allgemeinen angeführt werden, um zugleich die Folge der Wahlniederlagen nach der Wahlkampagne zu den Präsidentschaftswahlen 2012 zu charakterisieren, zu verwenden – die unserer Meinung nach erlaubt hätte, eine politische Massenmobilisierung zu entfalten.
Als Mitgliedspartei der FdG haben wir uns an einer Anzahl von Diskussionen mit den anderen Kräften beteiligt, welche die Politik der Regierung kritisieren ausgehend von bestimmten Positionen, die wir teilen können, und anderen, mit denen wir nicht einverstanden sind. Es handelt sich insbesondere um die Positionierung gegenüber Europa, aber auch um Fragen im sozialen Bereich…
Wir haben willentlich unser Engagement in diesen Diskussionsprozessen beschränkt, die unserer Meinung damit endeten, dass jedes Mal das Niveau der Forderungen hinsichtlich der politischen Brüche gesenkt wurde. Wir denken nun aber, dass es die Situation erfordert, einen Willen des politischen Bruchs mit dem Neoliberalismus sowohl der Rechten als auch des sich seit Jahren entwickelnden von Holland und seiner aufeinander folgenden Regierungen, klar zu zeigen.
Heute ist die Rede davon, die Organisationen mit der Diskussion um die „Primaires“ (**) zu beschäftigen. Wir haben uns dem widersetzt und wir haben dieser Position in unserer Februarausgabe (von „La Forge“) Ausdruck verliehen. Wir haben zwei Hauptgründe, die Teilnahme an dem, was das Hauptgebiet der politischen Mobilisierung der Organisationen der FdG zu werden droht, zu verweigern.
Der erste geht aus den Prioritäten hervor, die uns die dringendsten scheinen und die wir weiter oben erwähnt haben.
Der zweite folgt aus der Analyse, die wir aus diesen „Primaires“ ziehen als eines Mechanismus, der, ob man will oder nicht, der Präsidialisierung des institutionellen Systems Vorschub leisten wird, zu einem Zeitpunkt, wo dieses sich in einem immer anti-domokratischeren Sinn wandelt.
Die FdG, in der wir uns engagiert haben, existiert nicht mehr.
Der Rahmen, der sich uns heute bietet, entspricht nicht den Anforderungen der Zeit.
Wir ziehen daraus den Schluss, dass wir uns weder an der Koordination beteiligen können noch uns weiter auf die FdG berufen, so wie sie heute besteht.
Wir haben auf allen Ebenen zusammengearbeitet, Beziehungen sind geknüpft worden: diese Erfahrung der gemeinsamen Arbeit, diese gegenseitige Bekanntschaft sind wichtig. Wir werden uns weiterhin treffen, mit euch und anderen, auf den wichtigen Gebieten der politischen und sozialen Mobilisierungen, des Kampfes gegen die Politik des Kriegs und der Militarisierung, gegen die Faschisierung.
Wir haben in unserer Zeitung mehrere Artikel über die Bilanz, die wir aus unserer Beteiligung an der FdG ziehen und vor allem über die Prioritäten, die wir heute setzen.
Bevor wir diese politische Entscheidung des Rückzugs veröffentlichen, wollten wir euch informieren.
Paris, den 7. Februar 2016
Zentralkomitee der PCOF
*) Am 11.1.15 fand in Paris eine Demonstration zum Gedenken an Opfer eines Terroranschlages statt, wo die „Einheit der Nation“ beschworen wurde. Die PCOF nahm gegen den Terror Stellung, ging auf seine Ursachen ein und lehnte eine „Einheit der Nation“ ab.
**) Vorwahlen ähnlich denen in den USA. Für die Präsidentschaftswahlen 2012 in Frankreich wurden solche „Primaires“ von der Parti socialiste und der Parti radical de gauche organisiert. Daraus ging Francois Hollande als Wahlsieger hervor.