Stuttgart Bad Cannstatt: Protest gegen Militärkonzert in Kirche und gegen den Syrieneinsatz

2.12.15: Demobeginn vorm Cannstatter Bahnhof Stuttgart

Zwischen 150 und 200 Stuttgarter Kriegsgegner protestierten am 2. Dezember lautstark gegen den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien. Begleitet von einer aus der Stuttgart-21-Auseinandersetzung bekannten Trommlergruppe ging es durch Stuttgarts ältesten Stadtteil Bad Cannstatt:
Um 17:30 Uhr füllte sich der Bahnhofsvorplatz Cannstatt. Aufgerufen hatten das Friedensnetz und die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG/VK). Die Demo in dieser Form war ganz kurzfristig zustande gekommen. Der Anlass zu der Aktion war älter als der Regierungsbeschluss vom Vortag, 1.200 Bundeswehrsoldaten in den Krieg gegen den „Islamischen Staat“ (IS) nach Syrien zu schicken und den Krieg dort weiter anzuheizen.
Denn die Martin-Luther-Gemeinde Cannstatt hatte – man höre und staune – schon Wochen zuvor das Heeresmusikkorps Veitshöchheim zu einem „Adventskonzert“ in die Lutherkirche eingeladen. Eine perfekte Gelegenheit für „weihnachtlich-friedliches“ Militär-Propagandageheuchel! Das hatte in und außerhalb der Gemeinde zu starker Kritik und heftigen Debatten geführt, die aber keinerlei Annäherung gebracht hatte. Die Gemeinde blieb bei der Einladung an das Musikkorps. Deshalb hatten Kriegsgegner sowieso zu einer Mahnwache vor der Kirche aufgerufen.
2.12.15 Demo durch Stuttgart Bad Cannstatt gegen Syrieneinsatz!

Diese aber wurde zum Anlass der Antikriegsdemo im Zeichen des geplanten Syrieneinsatzes. Zahlreich wurden Plakate mit der Aufschrift „Kein deutscher Militäreinsatz in Syrien!“ getragen. Ein großes Transparent trug die Aufschrift: „Der Krieg beginnt hier!“
An der Lutherkirche ein abstoßendes Bild: Alle Kircheneingänge wurden von Doppelposten Militärpolizei („Feldjäger“) in Tarnanzügen, rotem Barett und Militärstiefeln bewacht. Kein Demonstrant sollte sich einschleichen können. Die Soldaten waren offensichtlich scharf angewiesen worden, weder Flugblätter zu nehmen noch auf Diskussionen seitens der Antikriegs Demonstrant/innen auch nur zu reagieren. Mehrere Stabsfeldwebel der Feldjäger waren ständig unterwegs um die „militärische Disziplin“ zu kontrollieren. Auch sonst waren viele Soldaten zu sehen. Zwei Busse des Heeresmusikkorps waren auf der Straße vor der Kirche geparkt.
Während der Demo vom Bahnhof zur Lutherkirche verteilten Genossen von Arbeit Zukunft ca. 200 Flugblätter „Krieg, immer mehr Krieg! Ein brandgefährlicher Weg“. Das Echo war sehr gespalten – von schroff geäußerter Ablehnung bis hin zur Bitte um einen Stapel Flugis zum Weiterverteilen auf der Heimfahrt im Zug. Interessante Diskussionen gab es mit Jugendlichen.
1.12.15 Bewacht - die Busse des Heeresmusikkorps vor der Kirche

Die Redner auf der Abschlusskundgebung prangerten zu recht an, dass in der Kirche bestimmte Kräfte wieder das Bündnis zwischen „Thron (= Staat) und Altar“ in schlimmster deutscher Militarismus-Tradition belebten. Sie griffen scharf das Vorgehen der Bundesregierung, der CDU und der SPD an, das Mandat für den Syrieneinsatz (auch Mali und die Aufstockung des Afghanistankontingents) ohne große Debatte regelrecht durchs Parlament zu peitschen, auch um die Friedensbewegung an einer breiten Mobilisierungswelle zu hindern. Sie riefen deshalb auch zu weiteren Protesten in der laufenden Woche gegen den Syrienkrieg auf!
Nach der Kundgebung löste sich die Demo bis auf eine kleinere Mahnwache auf. Auch wenn die Demo stark pazifistisch geprägt war: Es war doch wichtig, dass an diesem Tag der Protest gegen die geplanten neuen Militäreinsätze laut zu hören war.
ft