Das Seminar „Was für eine Partei brauchen wir?“ am Samstag, dem 17.10.15, in Magdeburg war erstaunlich belebend. Genoss/innen aus verschiedenen Teilen Deutschlands waren teilweise von weit her angereist, um sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Sie kamen aus unterschiedlichen Bereichen wie Betrieb und Gewerkschaft, Jugend, Antifa und mit unterschiedlichen Erfahrungen zusammen.
Ein Genosse der Organisation für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands beschäftigte sich in einem längeren Einführungsreferat gründlich mit der Schrift von Lenin „Brief an einen Genossen über unsere organisatorischen Aufgaben“ und deren Bedeutung in der aktuellen Situation. Dabei ging er auf die Zersplitterung und ideologisch-politische Zerfahrenheit der gegenwärtigen revolutionären Bewegung sowie den Einfluss verschiedener revisionistischer Strömungen ein.
Er beobachte seit längerem, dass viele Revolutionäre eine Perspektive in anderen Ländern wie Kuba, Nordkorea oder gar China suchen, statt sich hier mit den Schwierigkeiten im Klassenkampf zu befassen und nach Wegen zu deren Überwindung zu suchen. Internationale Solidarität sei vor allem dadurch wirksam, dass man die herrschende Klasse in einem der großen und starken imperialistischen Land angehe. Das könne man nicht durch Träume ersetzen, dass es woanders angeblich gut laufe, was ja auch nicht der Realität entspreche.
Zudem scheuten viele revolutionäre Kräfte vor einer ehrlichen, materialistischen Bilanz und Fehleranalyse bei der UdSSR, der DDR usw. zurück. Es nütze nichts, von früher zu träumen und alles nostalgisch zu verklären, statt realistische Antworten zu geben, was wir aus diesen Erfahrungen gelernt haben.
In Deutschland hätten zahllose Menschen eigene Erfahrungen oder Erfahrungen aus ihrer unmittelbaren Verwandtschaft bzw. dem Freundeskreis mit dem ehemaligen Sozialismus in der DDR und dessen Degeneration. Wenn solche Menschen nach einem Ausweg aus dem kapitalistischen System suchten, dann wollten sie auch eine Antwort auf ihre Fragen und Bedenken zum Sozialismus.
Der Genosse wies eindringlich darauf hin, wie weit die konkrete Lage der Revolutionäre in unserem Land von den Anforderungen Lenins an eine kommunistische Partei entfernt sei. So fehle weitgehend eine ernstzunehmende Verankerung in der Arbeiterklasse und dem Volk.
Als Voraussetzungen für eine stabile, starke revolutionäre Partei nannte er:
1. „Das Problem der fehlenden Verankerung in der Arbeiterklasse und der Massenbewegung muss ernsthaft angegangen werden. Raus aus dem Sektierertum der Zirkel!
2. Alle offenen Fragen, alle politischen Differenzen müssen wir offen und ehrlich angehen. Die Auseinandersetzung muss um die Inhalte, um eine klare marxistisch-leninistische Linie geführt werden. Sie kann, wenn es sein muss, auch sehr scharf sein. Aber sie muss als Ziel die Einheit und die Stärkung der revolutionären Kräfte haben. Unser Feind ist die Bourgeoisie, nicht die Genoss/innen!
3. Eine Politik erarbeiten und durchführen, die die Arbeiterklasse befähigt ihre eigenen Interessen wahrzunehmen und dafür zu kämpfen und zugleich gegenüber allen anderen Klassen und Schichten dieser Gesellschaft selbstbewusst aufzutreten und sich an deren Spitze zu setzen
4. Ein Programm erarbeiten, dass diese Politik ausformuliert und mit dem Ziel der revolutionären Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft in unserem Land verbindet.“
Er rief auf: Wer eine starke kommunistische Partei wolle, der müsse sie auch aufbauen und meinte:
„Das ist wie mit einem Haus. Allein der Wunsch, ein tolles Haus zu haben, erschafft kein Haus.
Der Wunsch wird erst dann zur Kraft, wenn man sich daran macht, Pläne zu zeichnen, die Grube für das Fundament zu graben, das Fundament zu gießen, die Mauern zu setzen, Wasser und Strom zu verlegen, Fenster und Türen einzubauen, alles zu verputzen, Böden zu legen usw. usf.
Und natürlich ist offensichtlich, dass wir mit den wenigen Kräften, die wir haben, diese Aufgaben nicht erfüllen können.
Also bleibt alles beim Alten?
Wir bleiben schwach, zersplittert, es geht nicht voran… und das in ewiger Schleife?“
Wie man zuletzt bei der großen Demonstration gegen TTIP, CETA usw. in Berlin gesehen habe, suchten viele Menschen nach einer Alternative zu diesem System und sähen keine Zukunft im Kapitalismus. Hier tue sich ein weites Betätigungsfeld auf. Mit seiner ständig steigenden Aggressivität schaffe der Kapitalismus zudem täglich neue Zweifel, ob er das richtige System ist. Es gebe also Möglichkeiten, die wir aber nicht nutzen könnten, wenn wir schwach, zersplittert seien und nicht aktiv am Kampf der Arbeiterklasse und des Volkes teilnehmen würden.
Nach einer Pause gab es zahlreiche Beiträge in einer ausgesprochen lebhaften und vom ernsten Willen, voran zu kommen, geprägten Diskussion. Genossen berichteten über ihre Erfahrungen mit Streiks und Arbeitskämpfen. Klar wurde dabei, dass es bereits viele gute Ansätze gibt, die aber nicht ausreichend koordiniert und zentralisiert sind. Der Referent meinte, das sei etwa so, wie wenn bei einem Hausbau an verschiedenen Stellen eifrig gemauert werde, aber nicht nach einem einheitlichen Plan. Nur wenn man die Arbeit koordiniere, könne man langfristig erfolgreich sein. Kritisch beleuchtet wurde die schädliche Rolle vieler Gewerkschaftsführer und wie man damit umgehen könne, deren Einfluss schwächen könne.
In einer Schlussrunde meinten viele Teilnehmer, dass sie neue Erkenntnisse und Anregungen mitnehmen würden. Im Mittelpunkt stand dabei der Wille, die Arbeit besser zu zentralisieren und dafür die Zeitung „Arbeit Zukunft“ als Propagandist, Agitator und Organisator zu nutzen. Wir sind sicher, dass viele den Schwung und die Begeisterung, die dieses Seminar gekennzeichnet haben, mit nach hause nehmen und dort in ihre Arbeit einfließen lassen.