„Die atomare Bedrohung durch den Iran ist beseitigt“ erklärt Obama. Aber seine traditionellen Verbündeten in dieser strategischen Region, Saudi-Arabien, Israel und die Türkei sind beunruhigt über die „Rückkehr“ des Iran. Geschäftsleute und Waffenhändler beeilen sich, in diesem großen Land Märkte zu erobern und Waffen an die Ölmonarchien zu verkaufen.
Die führenden Politiker Frankreichs, die bis zuletzt eine „harte“ Linie gegenüber dem Iran verteidigt haben, wollen dabei sein.
Es wird weder Frieden, noch Stabilität, noch eine Entwicklung zugunsten der Völker dieser Länder geben, solange der Imperialismus und seine Verbündeten diese Region beherrschen.
Ein Erfolg für Obama?
Das am 14. Juli in Wien unterzeichnete Abkommen zwischen den Vertretern der iranischen Regierung einerseits und denen von 5 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats und der deutschen Regierung (der sogenannten 5+1-Gruppe) andrerseits wurde als „historische Übereinkunft“ begrüßt. Sein Inhalt (ein Text von 100 Seiten, mit Anhängen und einem „Zusatztext“) schließt die iranischen Behörden in eine Gesamtheit von Verpflichtungen und einschränkenden Mechanismen ein, die den Führungen der USA und Europas bestätigen können, dass „der Iran die Atombombe nicht haben wird“. Dieses Abkommen fügt sich ein in die Strategie von Obama, der seine Amtszeit mit einem diplomatischen Sieg im Mittleren Osten beenden will. Aber hinter dem Bild eines mehr diplomatischen als kriegerischen Präsidenten, wie es Bush gewesen ist, steht die Realität seiner Politik, die darauf abzielt, die Hegemonie des US-Imperialismus über diese strategisch wichtige Region aufrecht zu erhalten, indem er sich dem iranischen Regime „öffnet“, was Spannungen und Widersprüche mit seinen traditionellen Verbündeten, Saudi-Arabien, Israel und Türkei, hervorruft. Dieses Abkommen muss noch den US-Kongress passieren, wo mehrere republikanische Abgeordnete ihre Feindseligkeit gegenüber dem, was sie als Verrat an Israel und Geschenk an die schiitische Regierung des Iran, den sie der Unterstützung des „Terrorismus“ bezichtigen, empfinden, ausgedrückt haben. Sie scheuen sich nicht zu äußern, dass dieser Vertrag nach Obamas Abgang in Frage gestellt werden wird. Sie führen dafür an, dass viele „Demokraten“ ihre Positionen, vor allem hinsichtlich Israel, teilten.
Obama hat die Lehren aus der Niederlage in zwei Kriegen gezogen; jenes Kriegs, der einen großen Teil Afghanistans zerstört, aber die Taliban nicht geschwächt hat. Den Irakkrieg, der außer den hunderttausenden von Opfern das Land ins wirtschaftliche und politische Chaos gestürzt hat und der einen günstigen Boden für die Ausbreitung von bewaffneten Gruppen geschaffen hat, die sich auf den Islam berufen und die einen Teil des Protestes der Bevölkerung gegen Krieg, Besatzung und Zergliederung des Irak instrumentalisieren. Obama hat auch die Wirkung der Tötung von US-Soldaten auf die öffentliche Meinung in Betracht gezogen. Daher die Idee, keine Bodentruppen mehr zu entsenden.
Wie es bei Al Kaida war und heute beim Islamischen Staat und Myriaden bewaffneter Gruppen ist, die sich auf den Islam und den Kampf gegen „den Westen“ berufen, hat der US-Imperialismus diese Gruppen benutzt und angetrieben, weil sie ihm dazu dienten, die Regimes zu destabilisieren, die sich bis zu einem gewissem Maß seiner Hegemonie entgegenstellten. Er hat es direkt getan oder es von seinen Verbündeten wie den Golf-Monarchien tun lassen, die sich im Irak Saddam Husseins entledigen wollten und heute das syrische Regime loswerden wollen.
Diese Politik kam in der vorrangigen Unterstützung der sunnitischen Regimes von den Golf-Monarchien bis zur AKP Erdogans, zu den „Muslimbrüdern“ und Mursi in Ägypten zum Ausdruck. Sie ermöglichte die Stärkung der radikal-sunnitischen Gruppen und Strömungen, die eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber dem US-Imperialismus erreichten und soweit gingen, Probleme zu bereiten.
Die Unterstützung, die der US-Imperialismus der ägyptischen Armee beim Staatsstreich zum Sturz Mursis und der Einsetzung Sisis gegeben hat, markiert eine Wende in dieser Politik. Der Vormarsch des IS im Irak und Syrien, der sunnitische Stämme rekrutiert, haben die US-Administration und das Pentagon gezwungen, Verbündete für die Eindämmung des IS zu suchen.
Das ist der Hintergrund, der erklärt, warum Obama keinen Krieg entfesselt hat, um das Regime von Baschar (Assad) zu stürzen und die „ausgestreckte Hand“ von Putin ergriff, einer der hauptsächlichen Unterstützer (für wie lange?) des syrischen Regimes. Deshalb hat Obama die Geheimverhandlungen mit der iranischen Regierung beschleunigt, im Versuch, die Lage im Irak zu stabilisieren. Das endete mit der „Ausbootung“ des schiitischen Führers Al Maliki und seiner Ersetzung durch den Schiiten Al Abadi. All das geschah mit der Zustimmung Teherans und der Unterstützung bewaffneter iranischer Kräfte in der Regierung von Bagdad, gegen den IS.
Auf gleiche Weise unterstützen die bewaffneten iranischen Kräfte und ihre Verbündeten, die libanesische Hisbollah, Baschar nicht unwesentlich gegen die islamistischen Gruppen, die versuchen, ihn zu stürzen.
Das ist die „Übereinstimmung der Interessen“ zwischen einerseits dem US-Imperialismus, der trotz seiner Schwierigkeiten die erste wirtschaftliche und militärische Macht der Welt bleibt, und andrerseits einem kapitalistischen Staat, der sicherlich Potentiale hat, der in der Lage war, trotz eines Embargos von zehn Jahren (die ersten Maßnahmen wurden 2006 ergriffen) „durchzuhalten“ und dem es gelang, eine Atomindustrie zu entwickeln, die es ihm erlaubt, bei der Anreicherung die „kritische Schwelle“ zu erreichen.
Ist das also ein Erfolg für Obama? Ja, aber es bleibt eine Situation wachsender Spannungen in dieser Weltregion, wo die Waffen ständig mehr werden, wo die reaktionären Regimes sich radikalisieren, insbesondere das von Israel, das in der Geschichte gezeigt hat, dass es zu jeglichen Provokationen in der Lage ist.
Der Inhalt des Abkommens
… Der umfangreiche Text ist nur in den Teilen, den die Verhandler übermittelt haben, bekannt. Er ist im Wesentlichen den Maßnahmen gewidmet, welche die iranischen Behörden ergreifen müssen, um die Produktion von Kernbrennstoff zu verhindern, der zur Verwirklichung einer Atombombe dienen könnte. Das reicht von der Zwangsverwaltung tausender Zentrifugen bis zu Maßnahmen, um die Anreicherung des Urans zu verbieten, die nur in bestimmten Grenzen (nicht über 3,67%) erlaubt ist und mit der Verpflichtung, dies vorher anzukündigen, Maßnahmen zur „Abreicherung“, wenn diese Grenze überschritten wird, und der Verpflichtung, den Brennstoff zu exportieren, der über die genehmigte Grenze angereichert wurde…
Eine große Zahl von Kontrollmechanismen sind vorgesehen, mit der Möglichkeit, dass die Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) bis in die militärischen Standorte hinein kontrollieren können.
Außerdem sind diese Überwachungs- und Kontrollmechanismen für die Dauer von bis zu 10 Jahren und im Falle eines Verdachtes kann auf Initiative eines jeden beliebigen Mitglieds der 5+1-Gruppe ein Verfahren in Gang gesetzt werden, das zur beinahe sofortigen Wiederaufnahme der Sanktionen führen kann, die seit 2006 beschlossen worden sind und die zum Ziel hatten, die Wirtschaft des Iran zu lähmen.
Die Bestimmungen, die dazu ausersehen sind, den Iran daran zu hindern, Raketen und andere Waffentypen „mit großer Zerstörungskraft“ anzuschaffen, werden beibehalten.
Im „Gegenzug“ gibt es die Aufhebung der internationalen Sanktionen.
Der Iran kann ein Atomprogramm weiterverfolgen, das strikt „zivil“ bleiben muss. Aber die auferlegten Restriktionen begrenzen seine Entwicklung.
Das „Auftauen“ der Geldvermögen ist Gegenstand von geheimen Verhandlungen und Polemiken. Einige der vorgebrachten Zahlen sprechen von 150 Milliarden Dollar Einkünften aus dem Ölgeschäft, die eingefroren sind , die in den Iran zurückfließen könnten. Aber in welcher Form? Handelt es sich um „Einkaufs-Gutscheine“, insbesondere für US-Material? Man kann sich denken, dass diese Frage Gegenstand geheimer Nachverhandlungen sein und die internationalen Spannungen unter all jenen nähren könnte, die von diesem finanziellen Manna profitieren wollen, um ihre Waren zu verkaufen.
Aus „La Forge“, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF), Sept. 2015