Wenn es nach Merkel, Gabriel und Nahles geht, dann soll das Gesetz zur Tarifeinheit zusammen mit der SPD, dem DGB-Vorsitzenden Hoffmann und auf Initiative der Arbeitgeber – also des Kapitals – jetzt durchs Parlament gepeitscht werden. Dann soll nur noch die jeweils stärkste Gewerkschaft im Betrieb den dort geltenden Tarifvertrag abschließen dürfen, die schwächere Gewerkschaft hat nach Abschluss dieses Tarifvertrags Streikverbot, und wenn sie zehnmal die besseren, die wichtigeren, die richtigeren Forderungen vertritt.
Und wenn die schwächere Gewerkschaft im betroffenen Betrieb die DGB-Gewerkschaft, die IG Metall, die ver. di, die IGBAU, die NGG oder gar die IGBCE ist? Wer dieses Szenario für unrealistisch hält, sollte den Blick von den wohlorganisierten Großbetrieben zu den kleineren und mittleren Buden und Betrieben in der Fläche wenden…
Und ein DGB-Vorsitzender Hofmann macht da mit – ungeheuerlich! Gegen die Beschlüsse des DGB-Kongresses! Wie verblendet muss der sein, wie zerfressen von Arroganz gegenüber unzufriedenen Kolleg/innen an der Basis der Betriebe! Von der gleichen Arroganz, mit der viele DGB-Gewerkschafter/innen ihren Einfluss und das Vertrauen vieler Kollegen verspielten.
Da ist das Wort eines Ersten Bevollmächtigten der IG Metall (aus einer relativ hoch organisierten Stahl-Verwaltungsstelle) hervorzuheben, der auf der Konferenz „Erneuerung durch Streik II“ jüngst in Hannover nachdenklich und selbstkritisch solche Gewerkschafter darin erinnerte, „wie leicht man als DGB-Gewerkschaft im Betrieb in die Minderheit geraten könne“.
Wenn vielleicht die Arbeiter/innen derzeit den Klassenkampf nicht konsequent und militant genug führen – das Kapital führt ihn in aller Härte, wie man sieht! Wo eine (DGB)-Gewerkschaft in einem Betrieb schwach organisiert ist – wie leicht, mit korrupten Mitteln und Druck vom Arbeitgeber her tritt da vielleicht plötzlich eine – angeblich zahlenmäßig stärkere – Kraft auf? Müssen wir alle dann unsere Mitgliedschaft offenlegen, um zu beweisen, dass wir die stärkere Gewerkschaft sind? Und das vielleicht in einem gewerkschaftsfeindlichen Betrieb wie z.B. Enercon?
Nein, hier gilt es Widerstand zu leisten bis hin zum Streik gegen das Tarifeinheitsgesetz! Denn Streikrecht ist ein Grundrecht.
Gleichgültig, wie die Auseinandersetzung um das Tarifeinheitsgesetz schlussendlich ausgeht, gleichgültig, ob die Arbeiterinnen und Arbeiter, die linken, die klassenkämpferischen und aktiven Gewerkschafter/innen zusammen mit ihren Kolleg/innen in den Betrieben diesen Plan verhindern können; gleichgültig, ob das Gesetz, wie manche Optimisten glauben machen wollen, am Bundesverfassungsgericht scheitert – die SPD hat durch ihr Mittun an diesem „Projekt“ schon jetzt den letzten Rest ihrer Tradition verraten!
Wer, wie die Generalsekretärin der SPD Yasmin Fahimi, die selbst in der IGBCE als Gewerkschafterin aktiv war, hasserfüllt den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), einer kämpfenden und streikenden Gewerkschaft im Fernsehen abkanzelt und nicht einmal den aktiv kämpfenden Eisenbahner/innen an der Basis Solidarität entgegenbringt, wer wie Andrea Nahles im Bundestag die Tarifvertragseinheit der Arbeiter/innen und Angestellten per Gesetz erzwingen will und das demagogisch mit der ach so heiligen und wünschenswerten Solidarität der Belegschaften begründet, aber in Wirklichkeit Arbeiter/innen und Angestellten das Streikrecht zusammenstreichen will – begeht schlicht und einfach Verrat! Einen historischen Verrat wie genau vor 100 Jahren, als die opportunistisch zerfressene SPD im kaiserlichen Reichstag den Kriegskrediten zustimmte, mit denen der verbrecherische Erste Weltkrieg – von Deutschland losgetreten – finanziert wurde.
Auf der Konferenz „Erneuerung durch Streik II“, den die Gewerkschaftslinke Anfang Oktober 2014 in Hannover durchführte, erinnerte der demokratische Rechtsanwalt Prof. Dr. Henner Wolter in leidenschaftlichen Worten daran, wie schwer das Streikrecht in Generationen erkämpft wurde. Erkämpft auch und gerade von den revolutionären Sozialdemokraten der ersten, noch revolutionären Jahre der SPD. Von der SPD August Bebels und Wilhelm Liebknechts, der noch Karl Marx und Friedrich Engels zur Seite standen.
Henner Wolter wies auf zwei Tatbestände hin,
- dass vor 200 Jahren in Preußen auf Streik noch die Todesstrafe möglich war und
- dass der Rechtsfortschritt – unter anderem zu einem heute legalen Streikrecht – nur durch ständigen Rechtsbruch möglich geworden sei. Wie viele Menschen, die das Streikrecht erkämpften, mussten zuvor harte Strafen erleiden, damit wir heute eine gewisse Legalität beim Streiken nutzen können?
Die SPD nimmt billigend in Kauf, dass Streik wohl viele Kollegen und Kolleg/innen in Zukunft wieder vor die Schranken der Gerichte bringen soll! Was für eine charakterlose Truppe heute die SPD führt! Schlimm für die SPD, die ihre besten Tradition heute in den Dreck tritt.
Für die Arbeiter/innen und Angestellten eine Episode – denn der Rechtsbruch, der sie in einem Streikfall vor Gericht bringt, den die SPD jetzt illegal machen will, wird das Gesetz zur Tarifeinheit auch wieder auf den Müllhaufen der Geschichte befördern.
Wir denken, dass es Zeit ist, der SPD aktiv beim Durchbrechen der 5%-Hürde zu helfen – von oben nach unten!