Wie in den beiden Vorjahren folgte ich am 3. Oktober dem Aufruf der Friedensbewegung zur Teilnahme an der Demonstration gegen die NATO-Kommandozentrale.
Das Städtchen am Niederrhein hat sich sein mittelalterliches Stadtbild weitgehend erhalten. Es ist allerdings auch bekannt durch den „schnellen Brüter“. Dieses AKW kam – nicht zuletzt durch den massiven Widerstand der Anti-AKW-Bewegung – niemals in Betrieb. Seinerzeit wurden sieben Milliarden DM sozusagen in den Sand des Niederrheins gesetzt. Immerhin hat ein geschäftstüchtiger Holländer in den AKW-Anlagen einen Vergnügungspark eingerichtet, der nicht strahlt… Ich hoffe, dass es uns gelingt, dem „NATO-Luftwaffen-Führungshauptquartier“ (!!) eine ähnliche Zukunft zu bereiten.
Dieser NATO-Standort ist in der Bevölkerung noch wenig bekannt. Unsere Demonstrationen dienen auch dazu, „Kalkar“ in ihr Bewusstsein zu bringen, damit der Widerstand dagegen verstärkt werden kann.
Als ich in den großen Bus des Friedensforums am Dortmunder Busbahnhof stieg, staunte ich, dass er – im Gegensatz zu den beiden Vorjahren – bis auf den letzten Platz besetzt war. In Kalkar angekommen, hatten sich zu meiner erneuten Überraschung auf dem Marktplatz vor dem fast 600 Jahre alten Rathaus schon zahlreiche, überwiegend junge Demonstranten eingefunden. Vor der Bühne sah man Info-Stände sowie Fahnen, Plakate und Transparente der verschiedenen Organisationen der Friedensbewegung. Das Dortmunder Friedensforum hatte 50 Plakate in DIN-A3-Format vorbereitet. Darauf war zu lesen:
„KRIEGE STARTEN HIER
und hier sagen wir STOP!
Raus aus der NATO!“
Musik der Gruppe „Fresh Game and friends“ verbreitete bei herrlichem Wetter geradezu Festival-Stimmung. Gruppen junger Leute hatten sich auf dem Marktplatz niedergelassen. Einheimische saßen vor den Cafés und lauschten der Musik und den Rede-Beiträgen. So mancher von ihnen mischte sich unter die Demonstranten. Die Rede-Beiträge von Rener Braun, Geschäftsführer von IALANA (Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen – Für gewaltfreie Friedensgestaltung) und Andrej Hunko, MdB der Linkspartei aus Aachen, fanden großen Beifall. Eine Mitdemonstrantin meinte dazu, dass sie viel Neues gehört und gelernt habe.
Nach der Auftakt-Kundgebung zogen wir in lockerer Formation zu der etwa 2-3 Kilometer entfernten „Von-Seidlitz-Kaserne“. Auf dem großen Gelände davor ließen sich die Demonstranten bei strahlender Sonne nieder: Ihre Plakate,und Transparente hatten sie am Kasernenzaun befestigt. Meine Friedensfahne schmückte das Hinweisschild zur Kaserne.
Von der Polizei war – wie üblich bei den vielleicht „zu friedlchen“ Friedensdemonstrationen – nicht viel zu sehen: Zwei Polizisten auf Motorrädern regelten den Verkehr, ein Polizeiwagen geleitete uns, zwei weitere standen vor den Eingangstoren der Kaserne und zwei Polizistinnen zu Pferde hielten sich am Rand des Abschlusskundgebungsplatzes auf.
Bei der Abschlusskundgebung sprach Bernhard Trautvetter vom Essener Friedensforum sehr engagiert: Jeder Abschnitt seiner Rede endete mit „…denn wir wollen leben!“ Vor allem die jungen Leute, jetzt vor der Bühne stehend, bedachten seine Ausführungen mit starkem Beifall.
Und als zum Abschluss der Kundgebung bekannt gegeben wurde, dass vor zwei Jahren 50 Teilnehmer demonstriert hatten, im vorigen Jahr 200 und in diesem Jahr 700 – gab es ebenfalls großen Beifall.
Mit guter Musik und dem Ruf
„Wir kommen wieder!“
klang die Kundgebung aus und wir machten uns mit einem zuversichtlichen Gefühl auf den Heimweg.
(S. aus Castrop-Rauxel)