24. Internationales antifaschistisches und antiimperialistisches Jugendcamp in Dikili (Izmir, Türkei): Nicht nur die Sonne brennt heiß!

Jugendcamp Dikili, Izmir, Türkei: Über 2000 Jugendliche aus aller Welt

Bei 35, 36 Grad im Schatten brannte die Sonne heiß auf das Jugendcamp nieder, das in der Türkei in Dikili bei Izmir vom 2. bis zum 10. August stattgefunden hat. Doch nicht nur die Sonne war heiß; heiß waren auch die Themen und die Stimmung.

Über 2000 Jugendliche aus Asien, Europa, Afrika und Lateinamerika waren zusammen gekommen, um über ihren gemeinsamen Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus für eine bessere Zukunft miteinander zu diskutieren, sich gegenseitig Anregungen zu geben und ihre Ideale lebendig umzusetzen. Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Tunesien, Libanon, Syrien, Türkei, Pakistan, Ecuador, Mexiko, Brasilien, Venezuela usw. waren vertreten. Die meisten der Jugendlichen waren jedoch aus der Türkei angereist, hatten türkische oder kurdische Wurzeln. Dabei kamen keinesfalls nur Jugendliche die der türkischen Arbeiterpartei (EMEP) nahe stehen, sondern viel mehr Jugendliche aus verschiedensten sozialen Bewegungen und Zusammenhängen – Arbeiterjugend, Schüler, Studenten, Aktivisten der Gezi-Parkproteste, Mitglieder und Freunde fortschrittlicher Migrantenorganisationen wie Day-Mer-Youth und DIDF-Jugend. Allein aus Deutschland mobilisierte die DIDF-Jugend über 100 Jugendliche aus ihrem Umfeld.

Für die Teilnehmer wurde jeden Tag ein reichhaltiges politisches und kulturelles Programm organisiert. Morgens nach dem Frühstück konnte man verschiedenste AGs besuchen, wie z.B. Philosophie, politische Ökonomie, Frauenbewegung, aber auch Photographie, Camp-TV, Bildhauerei und kurdische Literatur. Ein Referent erzählte über das jeweiliges Thema und moderierte eine offene Diskussion. Dabei wurde niemand „belehrt“ oder ins Wort gefahren. Die Referenten gingen geduldig auf die Fragen und Anmerkungen ein und erklärten die Sachverhalte stets lebensnah. Das kam gut an und so war die Teilnahme die ganze Woche über sehr rege. Obwohl in den AGs ausschließlich türkisch gesprochen wurde, waren auch die internationalen Teilnehmer nicht ausgeschlossen. Es fand sich immer ein Übersetzer für die jeweilige Sprache.

 

Jugendcamp Dikili: Selma Gürkan, Emep-Vorsitzende im Gespräch

Am Nachmittag gab es jeden Tag Seminare, oft mit internationalem Bezug. So z.B. Schüler- und Studentenforen, Veranstaltungen über die weltweite Jugendbewegung, etc. In einem großen Seminar stellte die EMEP-Vorsitzende Selma Gürkan ihre Analyse der aktuellen Situation in der Türkei und auf der Welt den Jugendlichen vor und stellt sich geduldig ihren zahlreichen kritischen Fragen und Meinungsäußerungen. In einem anderen Seminar berichten Jugendliche aus der Türkei, Brasilien und Tunesien über ihren Kampf.

Jugendcamp Dikili: ein Genosse von AZ berichtet über die IKMLPO

Ein Genosse der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands/ Arbeit Zukunft erläutert bei einem Seminar vor rund 120 Jugendlichen aus Deutschland die Bedeutung und die Aufgaben der Internationalen Konferenz marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen. Lebendig arbeitet er die Notwendigkeit der internationalen Solidarität und Zusammenarbeit heraus. In der Diskussion, an der Jugendliche der DGB-Jugend, dem SDS, der SDAJ, von Arbeit Zukunft, der DIDF-Jugend und andere teilnahmen, ging es vor allem darum, wie wir das in Deutschland mit Leben füllen können.

Abends gab es schließlich viel Kultur: Musik, Gedichte, Videovorführungen usw.

Doch auch zwischen den großen Veranstaltungen bis tief in die Nacht gab es immer interessante Treffen zwischen den internationalen Delegationen. Die deutschen Jugendlichen tauschten sich z.B. mit den Jugendlichen verschiedener türkischer Städte aus. Diese berichteten einerseits von der reaktionären islamischen Politik Erdoğans, andererseits aber auch vom Widerstand beispielsweise im Gezi-Park und in Folge des Massakers von Soma. Deutsche Gewerkschafter besuchten mehrmals Kollegen in Soma und tauschten sich mit ihnen aus. Es gab auch Gespräche mit griechischen Genossen der Neuen Linken Strömung (NAR), mit der EMEP-Jugend, mit Syrern oder der Kommunistischen Partei Libanons. Man war sehr interessiert an der Situation der Arbeiter und Jugendlichen in Deutschland. Ein Genosse fasste diese Diskussionen wie folgt zusammen: „Hier und da gibt es ein paar Euro Unterschied, aber überall haben die Jugendlichen die gleichen Probleme!“ „Arbeit Zukunft“ tauschte sich auch im kleinen Kreis mit Genossen aus Mexiko, Ecuador, Indien und Frankreich aus. Man war sehr interessiert an der Arbeitsweise unserer Organisation, besonders unserer Jugendarbeit. Im Vergleich zu anderen Ländern wurden so auch unsere Schwächen deutlich: Das Fehlen einer kommunistischen Arbeiterpartei, die in der Lage wäre zielgerichtet unter der Arbeiter- und Studentenjugend zu wirken, eine Stadtteilarbeit zu entfalten, etc. Für den Aufbau einer solchen Arbeiterpartei hat Arbeit Zukunft wichtige Anregungen aus dem Camp erhalten. Diskutiert wurde auch am Büchertisch von Arbeit Zukunft, der fast jeden Tag aufgebaut wurde. Deutsche Genossen waren ebenfalls auf einer kleinen vom Camp in Dikili organisierten Solidaritätskundgebung mit Palästina vertreten und erklärten ihre Solidarität mit der Bevölkerung Gazas.

Das neue Leben, das war hier nicht als idealistische Floskel gemeint, sondern fand seinen Niederschlag im Campleben. Kollektives Leben und Arbeiten, Solidarität – das zeigte sich beim Küchendienst, bei den Reinigungsarbeiten genauso wie in Seminaren, AGs, Diskussionsrunden, Musikveranstaltungen und in der Freizeit. Alles war selbst organisiert. Die Jugendlichen gestalteten ihr Leben, so wie sie es sich vorstellen. Das klappte meistens. Und da, wo es einmal nicht so perfekt lief, lernte man. Hier wurden nicht einfach abstrakte Prinzipien aufgestellt, sondern alles auf den Prüfstand der Praxis gestellt.

Im Gegensatz zum kapitalistischen Alltag herrschte auf dem Camp Frieden und Solidarität zwischen allen Volksgruppen. Auf das Zusammenleben zwischen Türken und Kurden angesprochen, sagte eine junge Frau aus Istanbul: „Das ist hier wie eine andere Nation!“ Diese „andere Nation“ sahen viele auch in Selahattin Demirtaş verkörpert, dem gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten fortschrittlicher kurdischer und türkischer Parteien und Gruppen (inkl. der EMEP), der aus der Wahl am 10.8. immerhin als drittstärkster Kandidat hervor ging. In der Tat hinterließ das Camp auch bei vielen bis dato wenig politisierten Jugendlichen einen tiefen Eindruck. Manch eine oder einer denkt nun darüber nach, sich politisch zu organisieren, und ob das was in den Geschichtsbüchern über den Sozialismus/Kommunismus steht, wirklich der Wahrheit entspricht. Schon allein deswegen war das Camp ein voller Erfolg für die türkische und weltweite antifaschistische und antiimperialistische Jugendbewegung.

Toll war auch das Gelände, einer ehemaligen Feriensiedlung mit Bungalows, die hin und wieder von linken Organisationen für Großveranstaltungen genutzt wird. Leider wird sie renoviert und so vermutlich in Zukunft nicht mehr für vergleichbare Camps zur Verfügung stehen. Die Umgebung ist jedenfalls traumhaft: Ringsum gibt es keine Hotelburgen, sondern viel Natur, Felsen, Sandstrand, Meer mit kristallklarem Wasser. Hier lässt es sich leben. Hier finden sich Freunde und entsteht Zusammenarbeit und Solidarität. Als am Samstag, dem 9.8., die große Abschlussfeier stattfand, haben viele traurig ihre Sachen gepackt. Doch das nächste internationale antifaschistische und antiimperialistische Jugendcamp wird schon wieder in zwei Jahren stattfinden und erneut Jugendliche aus aller Welt zusammenführen, um weiter Kraft für den Kampf um die Zukunft zu tanken.