Über den Kampf der irischen Arbeiter und Bauern gegen Ausbeutung und die reaktionäre Kirche
In den bürgerlichen Medien wird Ken Loachs neuester Film „Jimmy’s Hall“ gelobt. Er wird gelobt wegen der Jazzmusik, den Tänzen und der Liebesgeschichte. Doch dieses Lob soll vom Kern der Geschichte ablenken und den Film zu einem netten Kulturmovie herabstufen.
Das wird diesem fesselnden Film in keiner Weise gerecht.
Natürlich handelt der Film auch von Musik, Tanz, Liebe. Das ist das Leben. Aber zum Leben gehören auch die sozialen Bedingungen, die die Menschen sich geschaffen haben, die sie ändern wollen und müssen, wenn sie leben wollen. Und das ist der Kern von „Jimmy’s Hall“.
Die Hauptfigur Jimmy Gralton lebte tatsächlich (1886-1945), seine Story, die der Film erzählt, ist real. Jimmy war irischer Revolutionär und Kommunist. Er kämpfte auf Seiten der Befreiungsbewegung gegen den britischen Imperialismus. Die Armut in Irland zwang ihn, ins Ausland, unter anderem in die USA, zu gehen, sodass er viel in der Arbeiterbewegung in anderen Ländern lernte. 1921 kehrte er nach Irland zurück. Da in seinem Ort die Gemeindehalle zerstört war, baute er mit anderen fortschrittlichen Menschen eine Halle, die Pearse-Conolly-Hall, auf dem Grundstück seiner Eltern. Diese Halle diente den fortschrittlichen Menschen der Gegend für Kultur, Freizeit, aber auch Schulung, Kurse, Versammlungen. Von hier aus wurden Menschen in Not unterstützt. Im Film taucht diese Arbeit als Erinnerungen des 1932 erneut zurückgekehrten Jimmy auf. So sieht Jimmy in einer der Erinnerungen, wie sie mit einem großen Demonstrationszug und Kampf vor Gericht einem armen Bauern halfen, sein Pachtland, dass ihm von einem reichen Bauern weggenommen worden war, zurück zu erhalten. Jimmy zieht den Zorn der Großgrundbesitzer, der Kirche, des Kapitals auf sich und muss fliehen. Nach einem weiteren Auslandsaufenthalt kehrt er 1932 erneut nach Irland zurück. Gerade ist eine „progressive“ Regierung von Fianna Fáil gewählt worden. Jimmy hat die Hoffnung, dass es nun besser werden kann. Doch die neue Regierung sucht rasch das Bündnis mit den Landbesitzern, der katholischen Kirche und dem Kapital. Ihre „progressiven“ Sprüche begräbt sie. Der Film dreht sich hauptsächlich um diese Zeit. Jimmy kommt zurück, beginnt mit seinen Freunden, die heruntergekommene Halle zu renovieren und wieder zu eröffnen. Viele Jugendliche kommen, weil sie hier selbst etwas gestalten können und frei sind. Denn ringsum wird die Lebendigkeit der Jugend vom reaktionären Mief der Kirche, von den Großgrundbesitzern und ihren faschistischen Schlägerbanden erstickt.
Pater Sheridan, der Ortsgeistliche, hetzt gegen die Halle und die „teuflische Kultur“. Doch das hindert die Jugendlichen nicht. Sie sind begeistert von dem fortschrittlichen Wind, der nun in ihrer Gemeinde weht. Als ein Großgrundbesitzer einen seiner armen Pächter mit seiner Frau und fünf Kindern aus seiner Cottage (Hütte) vertreibt, organisieren Jimmy und seine Freunde einen Marsch zu der Hütte. Auf dem Ochsenkarren fährt die vertriebene Familie mit ihrem ärmlichen Hausrat mit. Als der Gutsverwalter sie mit einem Schlägertrupp daran hindern will, der Familie ihr Zuhause wiederzuholen, kommt es zu einer Auseinandersetzung. Der Gutsverwalter erhält kräftig Prügel und die Androhung, davon gebe es noch mehr, sollte er die Familie erneut vertreiben. So kehrt die Familie in ihre alte, karge Hütte zurück. In einer Rede vor den versammelten Hausbesetzern, sagt Jimmy Gralton, dass die Reichen immer vom einigen Irland, von einer Nation reden würden. Doch man sehe, das gebe es nicht. Man sei ja gerade am prachtvollen Herrenhaus vorbei gezogen und stehe nun vor der winzigen Hütte. Da könne man sehen dass Irland zweigeteilt sei. Genauso gebe es keine gemeinsamen Interessen von Arbeitern und Fabrikbesitzern.
Mit dieser Aktion haben sich Jimmy und seine Freunde den Hass der Großgrundbesitzer zugezogen, die nun ihre faschistischen Schlägertrupps einsetzen. So wird abends die Halle, als sich dort viele Menschen zum Tanz eingefunden haben, überfallen und beschossen. Kurz darauf wird sie nachts niedergebrannt. Statt die Täter zu suchen und vor Gericht zu bringen, will die Polizei Jimmy Gralton als Aufrührer verhaften. Die „progressive“ Regierung hat einen Haftbefehl ausgestellt. Jimmy entflieht und versteckt sich. Doch die Regierung verstärkt die Truppen in der Gegend und lässt ihn systematisch suchen. Schließlich finden sie in einer einsamen Hütte.
Im ganzen Land gibt es eine Kampagne zur Freilassung Jimmys, die ständig wächst, obwohl die Regierung sie brutal unterdrücken lässt. Am Ende wird Jimmy, geboren in Irland, als „unerwünschter Ausländer“, er hat noch einen US-amerikanischen Pass, aus Irland ausgewiesen und in die USA abgeschoben. Die Schlussszene des Films verbreitet Hoffnung. Die Jugendlichen, die in der Pearse-Conolly-Hall einen Platz für ihre Kreativität und ihre Zukunftsträume gefunden hatten, rasen auf ihren Fahrrädern hinter dem Polizei-LKW her, auf dessen Ladefläche Jimmy Gralton zum Hafen abtransportiert wird. Sie überholen ihn und hindern ihn an der Weiterfahrt. Zwar haben sie gegen die schwer bewaffnete Polizei keine Chance, Jimmy zu befreien, aber sie verabschieden sich und versprechen ihm: Wir werden weitermachen!
Die Saat der Freiheit ist aufgegangen. Der Wunsch nach einer neuen, besseren Gesellschaft lässt sich nicht mit einem Polizeidekret ausradieren.
Der Film bietet tolle Bilder der eindrucksvollen Landschaft Irlands. Er ist sehr einfühlsam, voller Liebe und Zuneigung, aber auch voller Entschlossenheit und Kampfgeist. Er zeigt auch, wie schön Menschen sein können, die keine Models sind, sondern eben einfach Arbeiter und Bauern, denen das Leben und seine Härte ihre Züge geprägt hat. Es ist eben eine andere Schönheit von Individualität, Persönlichkeit, Solidarität voller Wärme, statt der gelackten Hochglanzschönheit magersüchtiger Stars.
Leider wird der Film fast nur in Programmkinos gezeigt. Man sollte also darauf achten, wann und wo er gezeigt wird. Es wird bestimmt ein toller Kinoabend, der einem viel zum Denken mitgibt.