Tunesien: Gefahr für das Brot des Volkes!

Bei seinem Abgang am 03. März 2014 hat uns der Regierungschef Mehdi Jomaâ ein düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage gezeichnet. Seit dieser Zeit haben wir davor gewarnt, dass am Ende nicht ein Anlauf zur Offenheit gegenüber dem Volk, sondern ein Vorspiel für die Durchführung strikter Maßnahmen steht, welche sein Brot, seine Einkünfte und seine Kaufkraft betreffen und folglich für die Fortsetzung einer Politik, welche die Folgen der verfehlten politischen Maßnahmen und Optionen auf die Schultern der armen und mittleren Klassen lädt. Politische Maßnahmen und Optionen, die von der „Troika“-Regierung einst verfolgt wurden und welche die Regierung von Mehdi Jomaâ hartnäckig verfolgt.

Die letzten Tage sprach man viel von Maßnahmen betreffs der Abschaffung der Subventionen für die Grundbedarfsgüter sowie Kraftstoff und man stellt die Ausgleichskasse als Grundproblem und den unmittelbaren Grund für das Defizit der Staatskasse dar. Sicher erregt die Tatsache Aufmerksamkeit, dass eine solche Kampagne gegen den Ausgleich und die Ausgleichskasse immer mit dem Herannahen der Fälligkeit eines Teilbetrags, der vom IWF im Rahmen eines Darlehens vorgesehen ist, stattfindet, und der von tunesischer Seite das Einfrieren der Löhne und Gehälter, einen Einstellungsstopp, die Abschaffung der Subventionen für Kraftstoff und die fortschreitende Aufhebung der Ausgleichszahlungen auf die Grundbedarfsgüter, die für den Verbrauch bestimmt sind, verlangt.

Hand an die Subventionen anzulegen, fügt unmittelbar der Kaufkraft der Bürger Schaden zu, besonders den armen und mittleren Klassen, die nichts mehr zu geben oder zu opfern haben, da ja die Preise unaufhörlich steigen. Die Gehälter haben sich seit dem Jahr 2012 nicht geändert und die Inflation hat einen noch nie dagewesenen Grad erreicht. An das Brot des Volkes Hand anzulegen, gilt auch als krasser Widerspruch zur Übereinkunft, die zwischen den politischen Partnern im Rahmen der Initiative des „Quartetts“ geschlossen wurde. Das Quartett ist der Pate des nationalen Dialogs, der ursprünglich am 29. Juli 2013 aus der nationalen Verwaltungskommission der UGTT (tunesischer Gewerkschaftsdachverband, Anmerkung der Redaktion) hervorging, deren Arbeiten in die „Roadmap“ einmündeten.

Diese Initiative hatte auf der Notwendigkeit beharrt, die Kaufkraft der Bürger zu verbessern, den Schmuggel zu bekämpfen und eine wirksame Politik zu entwickeln, um die Vertriebsnetze, insbesondere der landwirtschaftlichen Produkte und der Produkte des Grundbedarfs, zu kontrollieren. Bestimmt zählen alle Maßnahmen, die dem oben Genannten zuwiderlaufen, als perverse Verschwörung gegen die Initiative des Quartetts, besonders in ihrer sozialen Dimension. Die Vorbereitung der Regierung von Mehdi Jomaâ auf strikte Maßnahmen für die zunehmende Erhöhung der Preise für Produkte des Massenkonsums und die Aufhebung der Subventionierung von Kraftstoffen, die bestimmte grundlegende Sektoren der Produktion betreffen wie den Sektor der Lebensmittelindustrie, der Bauindustrie, der Zementindustrie und der verarbeitenden Industrie, wird dazu beitragen, dass die Preise freigegeben und erhöht werden, so dass das, was von der Kaufkraft der Bürger übrigbleibt, die angesichts lächerlicher Entlohnung besonders im privaten Sektor, der ca. 2 Millionen Personen beschäftigt, nichts mehr Wert ist, verschlechtert wird.

In dieser sensiblen Übergangsperiode dem Unterstützungsfonds Schaden zufügen, heißt das Recht des Bürgers auf Nahrung zu Preisen, die mit seinem miserablen Einkommen übereinstimmen, anzutasten, vor allem, weil diese Subvention kein Geschenk der Regierung ist, sondern das fatale Ergebnis wirtschaftlicher und sozialer Optionen und eines Entwicklungsmodells, welches das Kapital ermächtigt, die Reichtümer des Landes und seine Ressourcen auszubeuten gegenüber lächerlichen Löhnen der Arbeiter: Dies zwingt den Staat, an Stelle des Kapitals Lohnersatz in Form von Subvention von Produkten beizusteuern, damit der Bürger sich das Lebensnotwendige kaufen kann. Demzufolge ist die Revision der Subventionierung der Grundbedarfsgüter und von Kraftstoff eine Frage, die eng verbunden ist mit den großen Fragen des Landes, mit dem Entwicklungsmodell, das den Prozess der Produktion des Reichtums, seiner Aufteilung und seiner Erhöhung bestimmen wird, an erster Stelle.

Kurzum: Die Revolution, die für die Arbeit, Freiheit und nationale Würde ausbrach, hat ihre Ziele noch nicht realisiert und das nach mehr als 3 Jahren. Schlimmer noch, die, welche sie ausgelöst haben, an ihrer Spitze die Arbeitslosen, sahen die Wiedereinstellungen durch die „Troika“-Regierung blockiert und jetzt, dass die Regierung Mehdi Jomaâ versucht, sich an dem „Essen“ des Volkes und am Brot seiner Kinder zu vergreifen. Das wird nach unserer Meinung eine neue, gewalttätigere und blutigere Revolution beschleunigen.

 

La voix du Peuple“ (Organ der Volksfront Tunesiens) vom 04. April 2014