16.000 Umweltaktivisten und Atomkraftgegner gingen am 30. November in Berlin auf die Straße. Zu einer Auftaktkundgebung unter dem Motto „Energiewende retten – Sonne und Wind statt Fracking, Kohle und Atom“ hatten sich Teilnehmer der Demonstration am Mittag vor dem Hauptbahnhof versammelt. Anschließend wurde der Berliner Reichstag symbolisch „umzingelt“.
Zu der Aktion aufgerufen hatten zahlreiche Anti-Atom-Initiativen, Attac, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, die Naturfreunde Deutschlands und andere, insgesamt über 60 Organisationen.
Ausschlaggebend für die zahlreiche Teilnahme war auch, dass sich im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD deutliche Verschlechterungen in punkto „Energiewende“ abzeichnen. Dazu schreibt Joachim Wille in einem Leitartikel der Frankfurter Rundschau: „Der Koalitionsvertrag strotzt vor schöner Öko-Lyrik. Aber bei genauem Hinsehen entpuppt er sich vor allem als Bestandsgarantie für Kohle und Konzerne.“ Die neuen Ausbauziele beim Ökostrom sind sogar schlechter als diejenigen, welche die CDU/CSU-FDP- Bundesregierung vertrat. „Genialer“ Trick:
Die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien wurden zwar in der prozentualen Höhe belassen, das Jahr ihrer Erreichung aber um 5 Jahre – von 2020 auf 2025 und von 2030 auf 2035 – nach hinten verschoben. Das bedeutet, so der Autor, „dass das Ausbautempo für Wind-, Solar- und Biomasse-Energie um etwa ein Drittel gegenüber dem bisherigen Fahrplan gesenkt wird.“ Also ein rigoroses Ausbremsen der so genannten Energiewende.
Und das ist noch nicht alles. Der „Nationale Aktionsplan Energieeffizienz“, mit dem die sparsamere Energieverwendung vorangebracht werden sollte, wurde von zunächst vorgesehenen 500 Mio. € auf 300 Mio. € herunter gekürzt und landete im Koalitionsvertrag bei der unverbindlichen Aussage „vorzusehende Mittel“. Das von der SPD ursprünglich gewünschte „Klimaschutzgesetz“ wurde ganz gekippt.
Schlecht geht es auch mit der Windenergie. Während die dezentrale, preiswerte Windkraft an Land nicht mehr oder weniger gefördert werden soll, wird die Förderung der extrem teuren Offshore-Windenergie, die nur von Großunternehmen betrieben werden kann, verlängert.
Fazit des FR-Leitartiklers: „Wenn alles so kommt, wie es nun aussieht, wird das dazu führen, dass das bisher immer noch gute Image des Großprojekts (damit ist die Energiewende gemeint) bei den Bürgern abstürzt. Das kann auch die schönste Ökolyrik nicht verhindern.“
Die Menschen lassen sich aber auf Dauer von der „Ökolyrik“ genau so wenig wie von der „Friedenslyrik“ und der „Freiheitslyrik“ in den Schlaf singen, sondern werden sehr bald merken, nach wessen Pfeife die Große Koalition tanzt – nach der des Kapitals.
S.N.