Fast 5.000 mal wurde die Ankündigung für dieses Seminar auf unserer Internetseite angeklickt. Das zeigt das große Interesse an dem Thema und auch daran, dass dazu Organisationen unterschiedlicher Herkunft und mit differierenden Ansichten sich aktiv mit Beiträgen beteiligten. Genoss/innen der DKP, der KPD, des KAD (Kommunistisches Aktionsbündnis Dresden), des RFB e.V. (Revolutionärer Freundschaftsbund), der Kommunistischen Initiative Gera 2010 (KI Gera 2010) sowie der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei /Arbeit Zukunft nahmen teil, um miteinander darüber zu sprechen, wann und warum der Sozialismus zerstört wurde und welche Rolle dabei der Revisionismus (die Revidierung des Marxismus, das Abweichen von ihm) spielte.
Freitagabend, 4.10.13, begann das Seminar mit einer Diskussion über die Ziele und Methoden. Alle waren sich einig, dass das Seminar nur ein erster Schritt sein kann. Als Ziel wurde angestrebt, zu klären, in welchen Punkten Übereinstimmung besteht, wo es Differenzen gibt und wie hier weiter gearbeitet werden kann.
Am Samstag, dem 5.10.13 begann die inhaltliche Arbeit mit einem Referat des Genossen Möller von der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei/Arbeit Zukunft. Der Sozialismus, erste Stufe des Kommunismus, sei eine Gesellschaft, die noch mit vielen Muttermalen der alten kapitalistischen Gesellschaft behaftet sei. Die Herkunft und Erziehung der Menschen aus der alten Gesellschaft ebenso wie der Druck des kapitalistischen Auslandes und die noch nicht ausreichende materielle Basis für den sofortigen Übergang zur zweiten Phase des Kommunismus erzwingen zahlreiche Kompromisse und Zugeständnisse – wie die Existenz des Staates, des Geldes, der Arbeitsteilung in Kopf- und Handarbeit usw. Vor allem die Existenz des Staates und des Geldes bieten materielle Möglichkeiten für die Entwicklung von Sonderinteressen. Bürokraten verteidigen beim Voranschreiten des Sozialismus ihre Privilegien und ihre Macht, und gerade sie entwickeln revisionistische Abweichungen, um ihre Sonderinteressen zu verschleiern. Betriebsleiter streben nach mehr Markt und ökonomischer Liberalisierung, um so ihre Machtbasis auszuweiten. Wenn es nicht gelänge, gegen diese Tendenzen einen aktiven Kampf zu führen, führe beides, zusammen mit weiteren Faktoren, zur Rückentwicklung. Revisionistische Ideologie sei immer bürgerliche Ideologie, die den Sozialismus zerstöre und zum Kapitalismus führe.
Da leider ein Referent ausgefallen war, übernahm Genosse Schöwitz von der KPD spontan dessen Part. Er legte dar, dass es auch in der DDR Revisionismus gegeben habe, dass das aber aus seiner Sicht nicht entscheidend gewesen sei. Vielmehr habe es andere Faktoren gegeben: mangelhafte Anwendung des Marxismus-Leninismus, Agententätigkeit, ideologischer Einfluss durch den Imperialismus sowie die ausgesprochen schwierigen materiellen Ausgangsbedingungen in der DDR. Er stellte dar, welche Basis, welche Prinzipien die KPD für eine Zusammenarbeit erwartet.
Nach der Mittagspause sprach ein Genosse der KI Gera 2010 zu der Frage, was passiere, wenn Revisionisten die Macht ergreifen. Er erörterte die ideologischen Schwachpunkte, die mangelhafte Schulung, die Unklarheiten und Unsicherheiten bei der Anwendung des Marxismus-Leninismus, die fehlende Erfahrungen bei einer historisch neuartigen Aufgabe, die so zuvor nie zu lösen war. Er meinte, dass nicht alle aufgetretenen Probleme einfach mit Revisionismus erklärbar seien, auch wenn dieser einen erheblichen Anteil an diesen gehabt habe.
Genosse Möller von der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei /Arbeit Zukunft führte aus, dass mit der Machtübernahme von Revisionisten wie Chruschtschow die Herrschaft der Arbeiterklasse, die Diktatur des Proletariats zerstört werde. Er brachte Beispiele, wie Chruschtschow alle Gegner seines Kurses aus dem Weg räumte, wie er 1956 einen großen Aufstand in Tiflis/Georgien militärisch niederschlagen ließ, als die Arbeiter und das Volk den Marxismus-Leninismus und den Sozialismus gegen die Entstellungen durch Chruschtschow verteidigen wollten. Es handele sich nicht nur um eine rein ideologische, sondern auch um eine handfeste Machtfrage.
Der dritte Teil des Seminars begann mit einem Referat des Genossen Hesse, DKP Leipzig. Er stellte, untermauert mit zahlreichen Fakten, dar, welch riesige Probleme und Entstellungen sich in der UdSSR, der KPdSU, aber auch teilweise in der DDR aufgehäuft hatten. Die Machtübernahme durch Chruschtschow wertete er als Staatsstreich. Auch er meinte allerdings, man könne das nicht allein mit Revisionismus erklären. Auch müsse man die DDR differenzierter sehen, da in ihr diese negativen Erscheinungen nicht das Ausmaß wie in der UdSSR gehabt hätten. Im Anschluss an ihn betonte Genosse Clasen (Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei /Arbeit Zukunft), dass man Respekt vor den Leistungen der DDR-Industrie habe sollte. Er nannte aus eigener Erfahrung Beispiele für Produkte und Maschinen, die davon zeugten, dass die DDR zu technischen Hochleistungen fähig gewesen sei. Das könne und dürfe man nicht leugnen. Die Propaganda der herrschenden Klasse von dem „DDR-Schrott“ sei eine Lüge, der man entgegentreten müsse. Man müsse sich aber kritisch und selbstkritisch damit auseinandersetzen, wie mit der Hauptproduktivkraft Arbeiterklasse umgegangen worden sei. Revisionismus sei darin zum Ausdruck gekommen, dass diese nicht ausreichend Gehör gefunden und keinen Einfluss auf Entscheidungen in Staat und Ökonomie gehabt habe. Auch hierzu führte er konkrete Beispiele aus eigenem Erleben an.
Zu den drei Teilen des Seminars gab es eine ausgesprochen lebhafte, teilweise kontroverse Diskussion, die aber auch, wenn es einmal härter wurde, solidarisch blieb und auf das Ziel einer gemeinsamen Klärung der umstrittenen Fragen gerichtet war. Es wurde vereinbart, diese umstrittenen Fragen gemeinsam weiter zu klären. Dazu sollen alle Beteiligten die Fakten prüfen, ihr Material zur Verfügung stellen und so eine Vertiefung ermöglichen.
Am Sonntag sprach Genosse Perschewski, Landesvorsitzender der DKP Berlin, über Opportunismus und Revisionismus in den Gewerkschaften. Er legte zunächst die historische Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung dar. Nach dem Krieg seien in den westlichen Besatzungszonen die freien Gewerkschaften des FDGB verboten worden, um den Einfluss der Kommunisten zu brechen. Der DGB sei von Anfang an anti-kommunistisch orientiert gewesen, sei mit Hilfe der westlichen Besatzungsmächte gegen den FDGB aufgebaut worden, der schließlich nur in der DDR Bestand gehabt habe. Der DGB habe immer wieder mit Ausschlüssen gegen Kommunisten gearbeitet. Er habe sich auch in seiner Programmatik als Säule des bestehenden Systems gesehen. Mit seinen Millionen Mitgliedern sei er aber eine Organisation der Arbeiterklasse, in der Kommunisten unbedingt arbeiten müssten, ohne dabei aber ihre Eigenständigkeit aufzugeben. Er kritisierte die Haltung, sich dem sozialpartnerschaftlichen Kurs der Führung unterzuordnen. In einer ebenfalls lebendigen Diskussion wurden die Haltung von Kommunisten zu den Gewerkschaften und ihre Mitarbeit in ihnen diskutiert. Dabei war man sich in allen wesentlichen Punkten einig.
In einer kurzen Auswertung des Seminars bewerteten die Teilnehmer dieses als gelungen. Es rege mit den vielen aufgeworfenen Fragen zum Nachdenken und zur Weiterarbeit an.
dm