Nun schon zum 11. Mal fand am 6. Juli 2013 das Neonazi-Großevent „Rock für Deutschland“ statt.
Den Veranstaltern war es gelungen, „Die Lunikoff-Verschwörung“* für das „RfD“ zu gewinnen. Der Auftritt dieser Band hatte 2009 mehr als 4.000 Neonazis nach Gera strömen lassen, weshalb in diesem Jahr mit einer größeren Teilnehmerzahl als in den letzten Jahren gerechnet wurde.
Unter den Einwohnern Geras sind drei verschiedene Bewegungen zur Gegenwehr gegen die neonazistischen Aktionen entstanden.
Das wären einmal der „Antifaschismus von oben“. – oder anders ausgedrückt: „Der Runde Tisch der Stadt Gera“. Hier finden sich führende Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und Stadtverwaltung zusammen, um den „friedlichen“ Schleier der „demokratischen“ Gesellschaft zu wahren.
Etwas anders sieht es da schon bei dem „Aktionsbündnis Gera gegen Rechts“ aus. In dieser Bewegung finden sich mehrheitlich „geführte“ anstatt „führender“ Personen aus Parteien, Gewerkschaften, Kirche usw. zusammen.
Als dritte und kleinste, aber dafür entschlossenste Bewegung wäre die „Antifaschistische Aktion“ zu nennen.
Ca. 30 Menschen hatten schon am Donnerstagabend mit Zelten und Plakaten jene Fläche in Anspruch genommen, auf der am Sonnabend das rechte Hassmusikfestival stattfinden sollte.
Die Polizei hatte die Menschen zunächst aufgefordert, das Gelände binnen einer halben Stunde zu räumen.
Kurz vor Ablauf dieser Frist wurde eine Spontanversammlung angemeldet. Im Laufe des Abends genehmigte die städtische Ordnungsbehörde die Versammlung schließlich bis zum Freitagmorgen, 6 Uhr. Dieser mutige Vorstoß der Antifaschisten fand unter den Teilnehmern des „Aktionsbündnisses Gera gegen Rechts“ wenig Gegenliebe. Man fühlte sich hintergangen und warf den Antifaschisten mangelndes Vertrauen vor, weil diese sich vorher nicht mit dem Aktionsbündnis abgesprochen hatten. Die Antifaschistische Aktion wollte mit ihrer Geheimhaltung eine übermäßige Polizeipräsenz vermeiden. Auf diese Weise konnten sie am Freitag die Vorgänge zur Vorbereitung des Nazifestes aus nächste Nähe beobachten.
Das „Aktionsbündnis Gera gegen Rechts“ hatte sich zum Ziel gesetzt, die Naziveranstaltung zu verhindern!
In einer kleinen Pressemitteilung hatte Geras „Linke“ am Freitag, dem 5.7.13 dazu aufgerufen, ein politisches Zeichen zu setzen. Sie wolle mit Bündnispartnern mit Mahnwachen und Infoständen vor dem Hauptbahnhof dafür wirken, sich dem Protest anzuschließen. Ziel sei es, „schon am Vorabend die ‚Tradition‘ der Nazis zu beenden…“ Angesichts der Polizeipräsenz war das schon ein sehr hoch gestecktes Ziel. Sehr ernüchternd war dagegen der tatsächliche Verlauf der Dinge.
Vor dem Hauptbahnhof waren weder die „Linke“ noch das „Aktionsbündnis Gera gegen Rechts“ erschienen. Anwesend waren nur etwa 10-15 Personen in den Abendstunden. Pfarrer Klein hatte für ca. 2 Stunden einen kleinen Infostand mit seinen Jugendlichen betrieben. Damit fiel dann aber auch das grandiose Vorhaben des „Aktionsbündnisses Gera gegen Rechts“ ins Wasser.
Warum?
Hatte sich einer auf den anderen verlassen oder hatte man Angst vor dem übermäßigen Polizeiaufgebot? Man sollte sich eben mehr an den Taten als an den Worten von handelnden Gruppen orientieren. Das ist eine uralte Weisheit, aber sie ist immer wieder zu erleben.
Aber, was man am Freitag versäumte, das konnte man ja schließlich um so besser am Samstag unter der „Schirmherrschaft“ des Oberbürgermeisters sowie des Runden Tisches der Stadt Gera und vieler weiterer prominenter Personen nachholen!!! Hier wurden jedoch viele Worte über unsere tolle „Demokratie“ gemacht, während beispielsweise der Verfassungsschutzskandal um die NSU und die enge Kumpanei zwischen staatlichen Behörden und Neonazis unter den Tisch fiel.
Trotzdem war der Samstag insofern ein Erfolg, als rund 850 Menschen zusammenkamen, um gegen die Nazis und ihr Konzert zu protestieren. Bei den Nazis jedoch war die Teilnahme – trotz ihrer berühmt-berüchtigten Band – auf rund 650 gesunken. Dazu gab es einige mutige Aktionen. So protestierten direkt auf dem Gelände, wo das Nazikonzert stattfand, Mitglieder des „Aktionsbündnisses Gera gegen Rechts“ mit einer Menschenkette, die mit Einzelbuchstaben auf ihren T-Shirts den Slogan bildeten: „Feste feiern ohne Nazis!“ Mit einem riesigen Polizeiaufgebot wurde der – fast – reibungslose Ablauf des Nazikonzertes gewährleistet. Zugleich wurde aber auch deutlich, dass die Menschen sich wehren und den Nazis aktiv entgegenstellen.
* Michael „Lunikoff“ Regener wird in der rechten Szene als Märtyrer gefeiert und war Sänger der als kriminelle Vereinigung verbotenen Neonaziband „Landser“!